Verfuehrung im Walzertakt
auflachend trat sie von ihm fort.
„Sie erweisen mir zu viel der Ehre. Ich versichere Ihnen, auch ich bin nur ein Mensch. Die Geschichten über meine Liebschaften sind maßlos übertrieben. Ich habe nie mit einer Dame getändelt, die nicht willens dazu war.“
Unschlüssig schaute sie ihn an. Zu gerne wollte sie ihm glauben, ihrer inneren Stimme vertrauen, doch dieses Risiko konnte sie nicht eingehen. Die Vergangenheit hatte ihr gezeigt, dass sie sich auf ihre Gefühle nicht verlassen konnte, denn diese hatten sie schon einmal schmerzlich getrogen.
„Die Bibliothek ist wohl kaum ein geeigneter Ort, um ein solches Gespräch zu führen.“
„Ich bin immer offen für Vorschläge, Miss Clare“, schnurrte er mit seidenweicher Stimme, als hätte sie ihm etwas Unziemliches vorgeschlagen. So eine Frechheit!
„Lord Coltonby, Sie benehmen sich unerhört. Und das sogar absichtlich!“
„Nein, ich genieße unsere Unterhaltung und wünsche lediglich, diese fortzusetzen.“ Er hob eine Augenbraue. „Was haben Sie dagegen einzuwenden? Bitte erklären Sie es mir. Immerhin sind wir Nachbarn.“
Diana zog ein Predigtbuch aus dem Regal. „Wenn ich das tue, werden Sie mich dann in Ruhe lassen und gehen?“
„Wenn ich die Gründe nachvollziehen kann, werde ich diesem Wunsch selbstverständlich entsprechen. Schließlich bin ich ein verständiger Mann.“
Stumm wies Diana um sich. Plötzlich schien ihr Kopf wie leer gefegt. Sie konnte an nichts anderes mehr denken, außer an die Art und Weise, in der seine schlanken Finger die Bücher hielten, die er sich ausgewählt hatte. „Zum einen sind wir in einer Leihbücherei.“
„Das lässt sich ändern, sobald Sie die von Ihnen benötigten Bücher über Landwirtschaft zusammengestellt haben.“
Diana schüttelte den Kopf. Mit jedem Atemzug, den sie tat, schien sich das Flattern in ihrem Bauch zu vergrößern. Nur noch das Predigtbuch, das sie fest an ihre Brust drückte, hielt sie auf dem Boden der Tatsachen fest.
„Es ist gleich, wie fest Sie dieses Buch umarmen oder ob Sie hässliche Hauben tragen, vor dem wahren Leben können Sie sich nicht verstecken.“
„Ich habe keine Angst vor dem Leben.“ Ihre Stimme klang scharf. „Kann man es mir verdenken, wenn Ihr Ruf mich argwöhnisch werden lässt?“
„Wenn ich Ihnen nun aber mein Ehrenwort gebe, mich artig und anständig zu benehmen?“ Seine Stimme lullte sie ein. „Werden Sie diese Unterhaltung dann fortsetzen? Ich möchte gerne mehr über Ihre Ansichten über mein Anwesen erfahren und welche Schritte ich unternehmen sollte.“
Diana schaute ihn finster an. Er war der Vernunft nicht zugänglich. Eine leise Stimme in ihrem Inneren warnte sie vor den Gefahren, die ihr drohten, wenn sie sich, wie kurz auch immer, mit einem berüchtigten Lebemann einließ, doch sie brachte diese Stimme zum Schweigen. Lord Coltonby war einzig an ihrer Meinung als Nachbarin interessiert. Ein Hauch der Enttäuschung stieg in ihr auf.
„Da ich mich offenbar Ihrer Gesellschaft nicht entledigen kann, dürfen Sie mich zu meinem Gig begleiten.“
„Ihre Einsichtigkeit erfreut mich, Miss Clare.“
„Miss Bolt und ich haben kürzlich Ihre Karriole bewundert“, sagte sie, als sie die Hauptstraße zum Mietstall hinunterschlenderten. Sie war fest entschlossen, das Gespräch in unpersönlichere Bahnen zu lenken. „Nun ja, sie bewunderte Ihre Karriole, ich hatte mein Augenmerk eher auf Ihre Pferde gerichtet.“
Brett schaute Miss Clare an. Ihre langen Wimpern strichen über ihre elfenbeinfarbene Haut. Jeder noch so kleine Schritt, den sie in seiner Anwesenheit tat, kam einem Sieg für ihn gleich. Langsam, behutsam würde er sie auf den Pfad führen, dem sie folgen sollte. Dies indes war ein schwierigeres Unterfangen, als er angenommen hatte, denn sie hatte einen Schutzwall um sich errichtet, den er erst überwinden musste. Die Frage war nur, wie?
„Mögen Sie Pferde?“, fragte er, sich die Bücher, die er ausgeliehen hatte, unter den Arm klemmend.
„Mein Bruder verzweifelt ob meiner Vorliebe für Pferde noch an mir. Er ist der festen Meinung, ich werde mir eines Tages bei einem Ausritt das Genick brechen. Für ihn stellen Pferde lediglich ein unvollkommenes Transportmittel dar.“
„Ihr Bruder mag keine Pferde? Das wundert mich nicht. Ich vertraue nie einem Mann, der keine Leidenschaft für Pferde hegt.“ Er bemühte sich, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen. „Ein solcher Mann hat gewöhnlich auch nichts für die
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