Verfuehrung im Walzertakt
fragte sich, wie sie es ihm erklären konnte, ohne ihre Gefühle zu verraten.
„Der Unfall deines Bruders hat dich mitgenommen. Lass uns nicht mehr darüber sprechen.“ Ernst blickte er sie an. „Ich bin nicht stolz auf das, was ich getan habe. Aber hätte ich es nicht getan, wären wir nie Freunde geworden. Danke, dass du Robert die Nachricht hast schicken lassen.“
„Das … das habe ich nicht.“
„Freunde?“, fragte er. „Können wir noch einmal ganz von vorn beginnen?“
„Nachbarn“, sagte sie und streckte ihm die Hand hin.
Er blickte auf ihren Mund. „Ich warte lieber, bis du mir deine Freundschaft schenkst.“
„Da wirst du wohl lange warten müssen.“
„Vielleicht dauert es gar nicht so lange.“
„Du musst Robert nicht zur Schule bringen. Es ist eine lange Fahrt. Simon hat mir seine Kutsche überlassen. Alles ist bereits arrangiert, sogar in welcher Poststation ich absteigen kann, um zu übernachten, falls mich die Müdigkeit übermannt“, brachte Diana mit fester Stimme hervor.
„Ich habe ein Versprechen gegeben, und ich werde es halten. Es ist Roberts Entscheidung.“ Bretts Miene wurde unergründlich. „Du kannst uns gerne begleiten, wenn du es für erforderlich hältst. Ich würde es begrüßen.“
Diana schaute Brett verwundert an. Warum tat er das? Was verlangte er von ihr?
Robert zupfte an ihrem Ärmel. „Ich würde gern in Lord Coltonbys Kutsche fahren, Tante. Papa wird erfreut darüber sein, weil er dann seine Kutsche zur Verfügung hat, um zur Zeche zu gelangen.“
„Guter Junge“, murmelte Brett. „Du begleitest uns sicherlich, nicht wahr, Diana?“
Sie holte tief Luft. Was führte Brett im Schilde? Konnte sie mit ihm die Kutsche auf dem Hin- und Rückweg teilen? Langsam schüttelte sie den Kopf. „Ich habe meinem Bruder versprochen, Robert wohlbehalten ins Internat zu bringen. Wir werden mit unserer Chaise reisen.“
„Ach bitte, Tante.“ Robert hängte sich an ihren Arm. „Du hast mir eine Fahrt mit dem Vierspänner versprochen.“
„Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Augenzwinkernd meinte Brett: „Tief in deinem Inneren hegst du bestimmt ebenfalls den Wunsch, mit den Braunen zu fahren. Und das weißt du auch. Ich werde kutschieren, du kannst im Wagen sitzen.“
„Aber …“ Diana versuchte sich all die Gründe ins Gedächtnis zu rufen, warum sie diesen Vorschlag besser ablehnen sollte. Allerdings hatte sie seine Gesellschaft vermisst. Und im Wagen zu fahren, wenn er auf dem Kutschbock saß, war nichts anderes, als würde sie in der eigenen Kutsche sitzen, während John fuhr.
„Wir werden bis zum Abend zurück sein, das verspreche ich dir. Die Pferde sind schnell, sie schaffen es leicht bis nach Newcastle und zurück. Es wird nicht nötig sein, in einer Pension zu übernachten.“
„Oh bitte, Tante, bitte. Du musst mit mir kommen.“
„Bitte“, raunte Brett.
Einen Augenblick glaubte Diana, sich verhört zu haben. War ihm tatsächlich so sehr daran gelegen, dass sie mit ihm kam?
„Unmöglich kann ich mich gegen euch beide durchsetzen. Robert, bitte sag deinem Vater, dass Lord Coltonby gekommen ist. Wir werden sehen, wie er entscheidet. Gewiss wird Simon meiner Meinung sein.“
Wie der Blitz lief Robert los, und sie blieb allein mit Brett im Hof zurück. Starr richtete sie den Blick auf den Verschluss ihres Retiküls, während Brett sie stumm beobachtete. Sie spürte, wie ihr eine heiße Röte in die Wangen kroch.
„Robert wird gleich zurück sein.“ Diana gab ihrer Stimme einen gleichgültigen Ton. Sie wollte sich von Brett nicht aus der Ruhe bringen lassen.
„Er ist ein netter Junge. Meine Hochachtung für die Frau, die ihn großgezogen hat.“
„Er ist für mich wie ein eigener Sohn.“
„Obwohl er der Sohn deines Bruders ist.“
„Ja, wenn ich mich auch manchmal frage, ob mein Bruder sich dessen bewusst ist. Jayne, seine Gemahlin, hatte ein ungestümes Wesen. Die Ehe war nicht sehr glücklich.“
„Fürchtest du etwa, in einer Ehe das gleiche Schicksal zu erleiden wie dein Bruder, bloß weil er eine falsche Wahl traf?“
Diana schaute zu Boden. „Für manche ist die Ehe ein erstrebenswertes Ziel, für mich indes nicht. Ich habe gesehen, wie leicht sie einer Frau zum Gefängnis geraten kann.“
„Das hängt wohl eher von ihrem Gatten ab, denn von der Ehe an sich.“
„Eine Heirat einzig aus der Pflicht geboren käme für mich niemals in Betracht.“
Er verzog die Lippen. „Manchmal hat man keine Wahl.“
„Man hat
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