Verfuehrung im Walzertakt
immer eine Wahl. Allein die Folgen bereiten Ärger.“
„Das ist wahr. Hast du Folgen zu spüren bekommen?“
„Nicht, dass ich wüsste.“
„Das freut mich zu hören.“
„Lord Coltonby.“ Simons Stimme klang über den Hof. „Mein Sohn sagt, Sie beabsichtigen, ihn zur Schule zu bringen.“
„Ich habe es ihm versprochen.“ Brett schaute Simon düster an.
„So sagte er mir.“ Simon wandte den Blick ab. „Sie haben mir eine Geldanweisung zukommen lassen.“
„Für das Land, so wie besprochen.“
„Es ist doppelt so viel, wie ich ursprünglich verlangt habe.“ Simon hielt das Stück Papier hoch und zerriss es. „Sie haben mir das Leben gerettet, Lord Coltonby. Mein Leben ist mir mehr wert als ein Stück Land.“
„Jeder hätte das getan, was ich getan habe.“
„Sie schätzen sich zu gering.“ Streng blickte Simon hinüber zu Diana. „Du wirst eine Anstandsdame benötigen“, sagte er.
„Ich werde Miss Clare vor Einbruch der Dunkelheit zurückbringen. Meine Pferde sind sehr schnell.“
Die beiden Männer schauten sich schweigend an, dann nickte Simon. „Bringen Sie mir meine Schwester unversehrt zurück.“
„Das habe ich vor“, antwortete Brett. „Ich habe Ihnen beim Ball mein Wort gegeben, ich sehe keinen Grund, es zu brechen.“
„Ich verlasse mich darauf. Diana, sorge dafür, dass Robert gut in der Schule aufgenommen wird.“ Simon machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück ins Haus.
Verblüfft schaute Diana ihm nach, während Brett sie mit selbstgefälligem Gesichtsausdruck ansah.
„Sind Sie bereit zur Abfahrt, Miss Clare?“
„Offenbar ist mir die Entscheidung abgenommen worden.“ Diana trat auf den Tritt, um in die Kutsche zu steigen.
„Darf ich mit Lord Coltonby auf dem Kutschbock sitzen?“, fragte Robert.
„Dafür bist du noch zu jung“, erwiderte Diana fest.
Robert hob die Hände, doch Brett schüttelte den Kopf. „Es bedarf schon eines sehr mutigen Mannes, sich gegen deine Tante aufzulehnen. Du kannst auf dem Kutschbock sitzen, wenn du älter bist.“
„Dann sind Sie aber vielleicht nicht mehr hier.“
„Ich habe vor, mich hier in Northumberland dauerhaft niederzulassen.“ Er schaute Diana bedeutungsvoll an. „Es scheint mir ein guter Ort, um Kinder großzuziehen.“
„Ich wünsche Ihnen und Ihrer zukünftigen Braut alles Glück der Welt.“ Den Rücken stocksteif haltend vertrieb sie das Bild von Bretts glücklicher Familie aus ihrem Kopf. Der Gedanke, seinen Kindern und seiner Gemahlin begegnen zu müssen, wer immer sie sein mochte, war ihr verhasst. Weitaus schlimmer indes war ihr die Vorstellung, seine wachsende Gleichgültigkeit erdulden zu müssen, hätte sie seinen halbherzigen Antrag angenommen. Sie wollte ihm keine ermüdende Last werden, die er sich aus falsch verstandenem Pflichtgefühl aufgebürdet hatte.
„Zäumen Sie nicht das Pferd von hinten auf? Zunächst einmal muss ich mir eine Gattin wählen.“
„Das ist gewöhnlich das Beste.“ Sie zwang sich zu einem Lachen. „Zweifellos wird sich unter den Debütantinnen der nächsten Saison eine geeignete Countess finden lassen.“
Er kniff die Augen zusammen. „Wir sollten besser fahren, wenn wir vor Einbruch der Dunkelheit zurück sein wollen.“
„Ich hege definitiv die Absicht, früh am Abend zurück zu sein. Sie haben Ihr Wort gegeben.“
„Dann sollten Sie Robert auf dem Kutschbock mit mir fahren lassen.“
„Habe ich eine Wahl?“
„Nein.“ Brett hob die Augenbraue, doch Dianas Miene blieb gefasst. Sie weigerte sich, ihren leidenschaftlichen Gefühlen nachzugeben. Ein Vorfall wie in der Grotte würde nicht noch einmal geschehen. Den heutigen Tag sah sie als eine Art Prüfung an, und sie würde diese bestehen. „Es ist immer ein Vergnügen, die Schwerter mit Ihnen zu kreuzen, Diana. Man kann Ihnen wahrlich nicht den Vorwurf machen, dass es mit Ihnen langweilig wird.“
„Ich gebe mein Bestes.“ Diana stieg in die Kutsche und ließ sich in die weichen Polster sinken, während sie versuchte, Bretts herzliches Lachen zu ignorieren.
Die Fahrt nach Newcastle verging wie im Flug. Häufig hörte sie Roberts aufgeregte Stimme und Bretts sonoren Bariton ihm ruhig antworten. Niemals herablassend oder rasch, sondern fest und bestimmt.
Nach ihrer Ankunft an dem roten Backsteingebäude der Schule hatte sie Tränen oder zumindest Einwände erwartet, doch kaum blieb die Karriole stehen, da kletterte Robert auch schon vom Kutschbock und öffnete seiner Tante den
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