Verfuehrung in bester Gesellschaft
ihr vorhatte.
Caroline war aufgeregt, aber Violet zog sich nur sehr zögerlich für den Abend um. In dieser Nacht würde sie den Rest von Rules Familie kennenlernen und außerdem seine Freunde. Er würde sie als seine Frau vorstellen.
Sie war nicht wirklich seine Frau und sie würde es auch niemals werden. In einem Monat war ihre Ehe vorüber und sie auf dem Weg nach Boston, um Jeffrey zu heiraten, so wie sie es geplant hatte.
„Du machst ein Gesicht, als wäre deine Lieblingskatze gestorben“, sagte Caroline, als sie in Violets Schlafzimmer trat. „Um Himmels willen, Violet, wir besuchen einen großartigen Ball bei einer Marchioness! Und wir gehen in Gesellschaft eines Dukes, einer Duchess, einer Countess und zweier Lords! Wie kannst du da so mürrisch aussehen?“
„Ich muss den Abend damit verbringen, so zu tun, als wäre ich Rules Frau, deshalb mache ich so ein Gesicht.“
„Du bist Rules Frau … zumindest noch für eine Weile. Da kannst du es genauso gut genießen.“
Violet schloss die Augen und versuchte nicht daran zu denken, wie Rule sich über sie gebeugt und sie geküsst hatte – so sanft und doch besitzergreifend. Sie versuchte nicht an das Gefühl zu denken, das sie dabei überkommen, das Vergnügen, das jeden Teil ihres Körpers durchströmt hatte.
„Es bringt eindeutig Vorteile mit sich, mit einem Mitglied der Aristokratie verheiratet zu sein“, fuhr Caroline fort.
Violet rollte die Augen. „Ich betrüge seine Familie und seine Freunde. Ich bin nicht wirklich seine Frau und will es auch niemals werden.“
„Und? Er hat dich in Verlegenheit gebracht, indem er nicht nach Boston zurückgekehrt ist. Wenn du ihn in Verlegenheit bringst, indem du eine Ehe beendest, die er offensichtlich nicht will, verdient er es nicht anders.“
Das stimmte. Rule hatte sie schlecht behandelt. Er verdiente, was immer er bekam.
„Komm.“ Caroline nahm Violets Hand und zog sie mit sich. „Vermutlich wartet seine Familie inzwischen schon.“ Rule wollte, dass Violet die Frauen seiner Brüder kennenlernte, bevor sie zu dem Ball gingen. Vielleicht dachte er, es wäre einfacher, wenn sie bei ihrer Ankunft von der Familie umringt war.
An der Tür blieb Violet stehen. „Meinst du, das Kleid ist passend? Ist es nicht zu tief ausgeschnitten?“ Es war aus topasfarbener Seide gearbeitet, mit einem weiten, golddurchwirkten Überrock, der an den Seiten gerüscht war. Derselbe golddurchwirkte Stoff war auch für das Oberteil verwendet worden, welches so tief ausgeschnitten war, dass der Ansatz ihrer Brüste hervorblitzte. Sie war kein Kind mehr, sondern eine verheiratete Frau, und sie hatte beschlossen, sich entsprechend zu kleiden.
„Du beliebst zu scherzen! Dein Kleid ist prachtvoll. Es gefällt mir sogar besser als mein eigenes.“ Caroline trug ein Kleid aus dunkelblauem Samt, das hervorragend zu ihren Augen passte. „Jetzt lass uns gehen. Wir haben sie schon lange genug warten lassen.“
Violet holte tief Luft und folgte ihrer Cousine hinaus. Als sie die Treppe erreichte, sah sie Rule, der am Fuße der Treppe auf sie wartete. Ihr stockte der Atem. Es sollte eine Sünde sein, als Mann so gut auszusehen. Er war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, abgesehen von einer silberfarbenen Weste, einem weißen Hemd und einer ebensolchen Krawatte. Kein Mann, den sie bisher getroffen hatte, hatte so gut ausgesehen wie er. Ohne das kantige Kinn mit dem Grübchen darin hätte sie ihn als schön bezeichnet.
Rule sah sie an, seine blauen Augen wirkten so durchdringend, dass es sich anfühlte, als hätte er sie berührt.
„Du starrst ihn an wie ein Schulmädchen“, flüsterte Caroline. Violet errötete. „Geh zu ihm nach unten.“
Violet holte tief Luft, straffte die Schultern und begann, die Treppe hinabzuschreiten. Sie dachte, wie lächerlich es war, dass ihr von dem Aussehen eines Mannes so schwindelig wurde. Als sie am Fuß der Treppe ankam, hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Caroline folgte ihr.
„Sie sehen beide reizend aus“, sagte Rule und musterte Violet von Kopf bis Fuß. Dabei sah er kein einziges Mal zu Caroline, wie die meisten Männer es taten. Ihre Cousine war blond und reizend und viel koketter als Violet.
Rule bot ihnen je einen Arm. „Kommen Sie. Ich möchte, dass Sie die Gemahlinnen meiner Brüder kennenlernen, Elizabeth und Lily.“
Violet bemühte sich, einen Anflug von Nervosität zu verstecken. Sie würde nicht lange Rules Frau sein, aber sie wollte, dass seine Familie sie
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