Verfuehrung in bester Gesellschaft
Aber du weißt, dass wir geplant hatten, die nächsten Wochen nach deinem Gespräch mit Rule bei meiner Großmutter zu verbringen. Sie hat mich nicht mehr gesehen, seit ich ein kleines Mädchen war, und sie freut sich so auf meinen Besuch. Ich muss zu ihr gehen, Violet. Das heißt, du und Rule, ihr werdet allein in diesem Haus wohnen.“
Daran hatte Violet nicht mehr gedacht. Oder falls sie es doch getan hatte, war ihr nicht klar gewesen, was das bedeutete.
Sie zuckte die Achseln, obwohl sie sich nicht so gleichgültig fühlte. „Wir sind verheiratet. Es wird kaum einen Skandal verursachen.“
„Ich rede nicht von dem Skandal, das weißt du. Der Mann ist ein Augenschmaus. Bist du sicher, dass du ihm widerstehen kannst?“
Violet verdrehte die Augen. „Mach dich nicht lächerlich. Jeffrey liebt mich, wir wollen heiraten. Ich versuche dies auf eine einfache Art und Weise zu lösen. Und ich habe das Gefühl, dass ich das meinem Vater schuldig bin.“
Caroline seufzte. „Ich kann noch ein paar Tage bleiben, aber das ist alles.“
„Ich werde schon zurechtkommen. Rule arbeitet tagsüber und vermutlich geht er jeden Abend aus.“ Ein Gedanke, der sie mehr beunruhigte, als gut für sie war.
„Ich hoffe, Sie haben recht … Mylady.“
Violet lachte und Caroline stimmte ein.
Sie war sicher, dass sich alles finden würde.
Außerdem war sie noch nie in London gewesen und es schien eine faszinierende Stadt zu sein.
Ein Monat war nun wirklich nicht lang.
4. KAPITEL
A ls er draußen im Gang schwere Schritte hörte, sah Rule von seinen Unterlagen auf, um seine Brüder Royal und Reese zu begrüßen, die durch die offene Tür in sein Kontor traten.
„Du bist verheiratet!“ Royal, der Älteste und der gegenwärtige Duke of Bransford, kam auf ihn zu wie ein Löwe, der sich auf seine Beute stürzte. Mit seiner großen Statur und den blonden Haaren war er das genaue Gegenteil von Rule und Reese. Seine Augen waren auch nicht blau, sondern von einem klaren Goldbraun. „Ich kann es nicht glauben!“
„Wer ist sie?“, fragte Reese, der mittlere der Brüder, mit angespannter Miene. Er war früher einmal Soldat gewesen, was sich noch immer in seinem Tonfall und den harten Zügen in seinem Gesicht zeigte. Er sah Rule sehr ähnlich. „Wie lange bist du schon verheiratet? Und warum zum Teufel hast du uns nichts davon erzählt?“
„Ich wollte es euch heute Morgen sagen“, erwiderte Rule. Er versuchte sich nicht einschüchtern zu lassen, was ihm, da er der Jüngste war, nicht leichtfiel. „Deshalb habe ich euch gebeten zu kommen.“
Er hatte gewusst, dass seine Brüder in London waren, um sich um die Brauerei zu kümmern. Royal gehörte Swansdone Ale, die das beliebteste Bier Englands braute. Reese baute einen großen Teil der Gerste an, die dafür benötigt wurde. Beide waren mit den Jahren dabei reich geworden.
Und beide waren glücklich verheiratet.
Was gerade in diesem Augenblick ein Nachteil war.
„Wie habt ihr es erfahren?“, fragte Rule.
„Meine Frau hat es mir erzählt“, sagten beide wie aus einem Munde. Reese sah Rule finster an und überließ es Royal, das zu erklären.
„Lilys Zofe hat es von einem der Dienstboten gehört, der es von einem anderen hatte, der es von einem deiner Angestellten hörte.“
„Und genau so hat Beth es auch erfahren“, fügte Reese hinzu. „Ich glaube, du schuldest uns eine Erklärung, kleiner Bruder.“
Rule holte tief Luft. Er war siebenundzwanzig Jahre alt, leitete eine große erfolgreiche Manufaktur und sie sahen in ihm immer noch den kleinen Jungen.
„Ich habe Violet Griffin vor drei Jahren in Boston geheiratet. Die Ehe war von ihrem Vater arrangiert worden, als er erfuhr, dass er bald sterben würde. Sie war damals erst sechzehn Jahre alt, daher …“
„Sechzehn!“, rief Royal.
„Du hast ein sechzehnjähriges Mädchen geheiratet?“ Reese durchbohrte ihn geradezu mit Blicken.
„Genau genommen wurde die Ehe nie vollzogen … da die Braut zum Zeitpunkt der Heirat noch so jung war.“
Reese setzte sich, und Royal tat dasselbe.
„Ich glaube, du solltest alles von vorn erzählen“, sagte Royal, während Reese nur dasaß und finster blickte.
Während der nächsten halben Stunde versuchte Rule seinen Brüdern zu erklären, was in Boston geschehen war, wie viel er bei dieser Vereinbarung gewonnen hatte und dass das Versprechen, dass er ihrem Vater einst gegeben hatte, ein Grund für seine Zustimmung zur Ehe gewesen war. Er war nicht sicher, ob sie
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