Verfuehrung in bester Gesellschaft
Caroline unterhielt sich mit seinem besten Freund, Lucas Barclay. Gütiger Himmel, Lucas war ein stadtbekannter Schürzenjäger und Caroline Lockhart ebenso unschuldig wie Violet. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass sie weitaus schöner war, als er bemerkt hatte.
Lucas sah sie an, wie ein Wolf eine Beute betrachtet.
Rule ging auf sie zu. „Wie ich sehe, hast du bereits meine Cousine kennengelernt, Miss Lockhart.“
Lucas zog eine Braue hoch. „Deine Cousine?“
„Die Cousine meiner Frau. Durch die Heirat ist sie auch mit mir verwandt.“ Rule bemühte sich zu einem Lächeln, doch es war nur matt.
„Ah ja. Deine reizende Braut habe ich noch nicht kennengelernt. Erstaunlich, nicht wahr? Mein bester Freund ist verheiratet, und ich bin der Letzte, der davon erfährt.“
Rule seufzte. „Das ist eine lange Geschichte. Ich merke, dass ich dir eine Erklärung schuldig bin. Vielleicht morgen beim Mittagessen?“
„Oh ja. Besser spät als nie.“ Lucas’ angespannte Miene wurde freundlicher, als er die zierliche Blondine ansah. „Inzwischen wird Miss Lockhart mit mir tanzen, das hat sie mir versprochen.“ Er streckte den Arm aus. „Wollen wir, Miss Lockhart?“
Sie nahm den Arm und erwiderte sein Lächeln. „Es wäre mir ein Vergnügen.“
Sie wollten losgehen, doch Rule stellte sich ihnen in den Weg. „Ein Tanz, Lucas. Mehr nicht.“
Lucas warf ihm einen finsteren Blick zu. Dann nickte er kurz. „Ich werde deinen Wunsch berücksichtigen.“ Aber er sagte nicht, dass er gehorchen würde. Lucas ärgerte sich, weil Rule seine Heirat geheim gehalten hatte.
Dazu hatte er ein Recht, nahm Rule an. Sie beide waren wie Brüder.
Aber seinen Brüdern hatte er auch nichts davon erzählt.
Er beobachtete das Paar auf der Tanzfläche. Lucas war groß und dunkelhaarig, Caroline war klein, mit blauen Augen und blondem Haar. Sie waren ein schönes Paar und würden vielleicht sogar gut zueinander passen. Nur dass Lucas der größte Schürzenjäger in ganz London war und nicht heiraten wollte.
Rule seufzte. Schon begannen seine Pflichten als fürsorglicher Ehegatte. Er hatte eine Verantwortung gegenüber seiner Frau und auch seiner Familie. Dann holte er tief Luft und wünschte sich, dass seine erste Aufgabe nicht darin bestehen würde, die Cousine seiner Frau vor seinem besten Freund zu beschützen.
6. KAPITEL
E ine halbe Stunde verging. Rule beschloss, kurz in den Kartenraum zu gehen und nachzusehen, welche Schwelbrände er dort möglicherweise löschen musste. Dann wollte er seine Frau holen und nach Hause fahren.
Beschwingt ging er den Gang hinunter, seltsam erfreut von diesem Gedanken. Meine Ehefrau. Bisher war er noch nie auf die Idee gekommen, dass es ihm gefallen könnte, eine Frau zu haben, die zu ihm gehörte. Lächelnd bog er um die Ecke, als ihm eine Dame in scharlachroter Seide entgegentrat. Evelyn Dreyer, Viscountess St. Ives.
„Guten Abend, Mylady“, sagte er zu seiner früheren Mätresse. „Sie sehen heute wieder umwerfend gut aus.“ Mit ihrem hellblonden Haar und den hohen Wangenknochen war sie eine sehr schöne Frau. Rule sah sie an und dachte an eine Frau mit flammendrotem Haar und einer kleinen Nase voller winziger Sommersprossen.
„Gerade habe ich die Neuigkeiten gehört“, sagte Evelyn mit einem gefährlichen Lächeln. „Du bist verheiratet.“
„Ja, das bin ich.“
„Und schon seit einer ganzen Weile, wie ich hörte.“
„Seit drei Jahren.“ Allerdings noch nicht offiziell, denn noch hatte er mit seiner Braut nicht geschlafen, aber das ging Evelyn nichts an.
Sie kniff die Lippen zusammen. Ehe er ihre Absicht erahnen konnte, holte sie aus und gab ihm eine Ohrfeige.
„Wie kannst du es wagen!“, rief sie.
Rule rieb sich die Wange. „Für den Fall, dass du es vergessen haben solltest, meine Liebe, auch du bist verheiratet. Tatsächlich steht dein Gemahl sogar dort drüben im Ballsaal.“
„Das ist nicht dasselbe.“
„Ist es nicht? Der Viscount ist da vielleicht anderer Meinung.“
„Harold ist alt und hässlich und kann nicht einmal bei einer Frau liegen, während deine Frau … deine Frau ….“
„Schön und begehrenswert ist?“
Sie hob den Kopf. „Das habe ich nicht gesagt.“
„Du hättest Harold nicht heiraten müssen. Du hättest einen anderen wählen können.“
Ohne auf seine Bemerkung einzugehen sah sie ihn durchdringend an. „Du hättest es mir sagen sollen.“
„Ich hätte es vielen Leuten sagen sollen. Ich entschuldige mich dafür, Mylady.“ Er
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