Verfuehrung in bester Gesellschaft
sagten, Sie hätten von Whitney eine Nachricht bekommen. Was ist damit geschehen?“
Rule schüttelte den Kopf. „Ich dachte nicht, dass sie wichtig sein würde. Ich habe sie ins Feuer geworfen.“
Morgan stellte dem Paar noch mehrere Fragen, bevor er endlich zufrieden war. Er steckte seine Notizen in die Ledertasche, die er mitgebracht hatte, und erhob sich von seinem Platz. „Das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ich melde mich, wenn ich weitere Fragen habe.“
„Gut.“ Rule brachte den Detektiv zur Tür und kehrte dann in die Bibliothek zurück. Violet stand unter einem der goldgerahmten Jagdbilder, die an der Wand hingen.
„Es genügt nicht, jemanden zu engagieren“, sagte sie. „Es ist mir egal, wie gut er ist. Wir müssen unsere eigenen Ermittlungen anstellen.“
Rule schüttelte den Kopf. „Morgan ist ein Profi. Mein Bruder tut alles, was er kann. Ich werde selbst nach Informationen suchen, aber ich möchte nicht, dass du da hineingezogen wirst.“
„Wovon redest du? Du bist mein Ehemann. Du stehst unter Mordverdacht. Ich bin bereits hineingezogen worden.“
Rule ging auf sie zu, streckte die Hand aus und umfasste ihre Schultern. „Dies war ein kaltblütiger Mord, Violet. Es kann gefährlich sein, dort hineingezogen zu werden. Ich möchte nicht, dass meine Frau verletzt wird.“
Violet biss sich auf die Lippe. Wenn sie verletzt würde, dann würde das vermutlich eher an Rule liegen als an dem Mörder. Sie dachte an die Countess. Wenigstens war er im Hotel nicht mit ihr verabredet gewesen. Sie schob das Bild in ihrem Kopf beiseite, auf dem sie beide zusammen sah.
Eines nach dem anderen. Zuerst mussten sie den Mord aufklären.
Violet wollte ihr Möglichstes tun, um den Mann zu finden, der Charles Whitney getötet hatte, und Rule würde sie nicht daran hindern können.
Violet ließ Rule in der Bibliothek zurück und ging den Gang hinunter. Sie dachte an Morgans Frage nach der Nachricht. Diese Nachricht war vernichtet worden, aber vielleicht konnte sie denjenigen ausfindig machen, der sie überbracht hatte.
Sie suchte nach Hatfield.
„Benötigen Sie etwas, Mylady?“
„Da in diesem Haus nur wenig vor sich geht, über das Sie nicht Bescheid wissen, nehme ich an, Sie haben von den Schwierigkeiten gehört, in denen Seine Lordschaft sich befindet.“
Der Butler wirkte verlegen. „Ich habe davon gehört.“ Er richtete sich auf. „Ein so niedriges Verbrechen würde Seine Lordschaft niemals begehen.“
„Das weiß ich wohl, Mr Hatfield. Unglücklicherweise ist die Polizei davon nicht überzeugt. Daher müssen wir den Mann finden, der schuldig ist.“
„Wie kann ich da helfen, Mylady?“
„Erinnern Sie sich an die Nachricht, die Lord Rule gestern kurz vor Mittag bekommen hat?“
„Nun … ja, Mylady.“
„Können Sie den Mann beschreiben, der sie gebracht hat?“
„Das war kein Mann, Mylady, sondern ein Junge.“
„Ein Junge?“
„Ja. Ich erinnere mich recht gut an ihn. An seiner linken Hand fehlten zwei Finger. Er war vielleicht elf oder zwölf Jahre alt, trug grobe braune Hosen mit einem Loch im Knie und ein schmutziges Hemd.“
„Und ihm fehlten zwei Finger.“
„Richtig. So wie es aussah, schienen sie verbrannt zu sein. Wenn ich eine Vermutung anstellen darf, so würde ich annehmen, dass er als Schornsteinfeger arbeitet.“
Violet runzelte die Stirn. „Gibt es denn keine Gesetze, die ein Kind dieses Alters davor schützen, solche Arbeit zu verrichten?“
„Das schon, Mylady. Vor einigen Jahren wurde ein Gesetz verabschiedet, nach dem man für solche Arbeiten mindestens einundzwanzig Jahre alt sein muss, aber es wird niemand bestraft, der dagegen verstößt. Die meisten Schornsteinfegermeister ignorieren es.“
„Ich verstehe. Dann müssen wir den Herrn des Jungen ausfindig machen, um den Jungen zu finden.“
Hatfield nickte. „Warum fragen Sie nicht Mrs Digby? Sie ist diejenige, die für alle Hausangelegenheiten verantwortlich ist. Vielleicht kann sie weiterhelfen.“
„Danke, Hat.“ Violet raffte die Röcke und lief zur Küche, wo sie die Haushälterin zuletzt gesehen hatte.
Die rundliche Frau drehte sich zu ihr herum, als sie näher kam, und lächelte herzlich. „Guten Tag, Mylady.“
„Guten Tag, Mrs Digby. Ich hoffe, Sie können mir behilflich sein. Ich suche einen Jungen. Ich glaube, er arbeitet als Gehilfe des Kaminkehrers. Können Sie mir den Namen des Mannes nennen, den Sie engagieren?“ Sollte er nicht der Richtige sein, konnte er
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