Verfuehrung in bester Gesellschaft
wurde ein wenig blasser. Rule sah, wie sie sich sichtlich zusammennahm. „Wenn das so ist, dann haben wir nur eines zu tun!“
„Und das wäre?“, wollte Rule wissen.
„Den Mann finden, der Mr Whitney umgebracht hat.“
Eine Weile saßen er und Royal nur da und starrten sie an.
„Sie hat recht“, sagte Royal endlich. „Wir müssen selbst den Mörder finden. Das ist die einzige Möglichkeit für uns, deine Unschuld zu beweisen.“
„Wie um alles in der Welt soll ich einen Mörder finden?“
„Wir müssen unsere eigenen Ermittlungen anstellen“, sagte Violet. „Wir können damit anfangen herauszufinden, ob irgendjemand im Hotel gesehen hat, wer in Mr Whitneys Zimmer gegangen ist, kurz bevor die Schüsse fielen.“
„Und die Nachricht“, sagte Rule, der endlich aus seiner Benommenheit erwachte und zu überlegen begann. „Wir müssen herausfinden, ob sie tatsächlich von Whitney stammte oder ob es eine Falle war.“
„Whitneys Handschrift muss auf einigen der Dokumente stehen, die mit dem Verkauf zu tun hatten“, sagte Royal. „Wir könnten sie mit der Schrift auf der Nachricht vergleichen …“
„Wir könnten. Wenn ich sie nicht ins Feuer geworfen hätte.“
Royal runzelte die Stirn.
„Aber die Nachricht muss von Mr Whitney gekommen sein“, sagte Violet. „Warum sollte dir jemand einen Mord in die Schuhe schieben wollen?“
„Ich wollte, ich wüsste es“, sagte Rule finster.
„Wenn jemand dich als den Übeltäter hinstellen will“, sagte Royal, „dann hat er nicht allein gearbeitet. Jemand muss das Haus überwacht haben, um sicher zu sein, dass du tatsächlich zu dem Treffen gehst. Der Mann müsste dir ins Hotel gefolgt sein. Wer immer es getan hat, er musste wissen, wann du im Albert eintreffen würdest.“
Violet nestelte an einer Falte in ihrem Kleid. „Andererseits war deine Ankunft dort vielleicht auch reiner Zufall. Vielleicht hatte Whitney Feinde, irgendjemanden, der ihm den Tod wünschte.“
„Das wäre möglich“, stimmte Royal zu und warf Rule einen Blick zu. „Vielleicht hat sein Tod gar nichts mit dir zu tun.“
„Wir brauchen Hilfe“, sagte Violet. „Können wir jemanden engagieren, der uns in dieser Angelegenheit unterstützt?“
Royal stand auf und ging zum Kamin. „Ich kenne jemanden. Einen Detektiv namens Chase Morgan. Er ist sehr fähig. Ich habe bereits mit ihm gearbeitet, ebenso wie Reese. Ich werde ihm eine Nachricht schicken und ihn um ein Treffen bitten.“
Rule nickte. „Danke.“
„In der Zwischenzeit werde ich mit Sheridan Knowles und den übrigen Ruderern sprechen und sie bitten, sich umzuhören. Vielleicht können sie herausfinden, ob Whitney Feinde hatte, die ihm den Tod wünschten.“
„Die Ruderer?“, fragte Violet.
„Die Freunde meines Bruders aus Oxford“, erklärte Rule. „Als junge Männer sind sie dort in der Rudermannschaft gewesen. Seither sind sie Freunde.“
„Ruderboote? Das sind diese langen, schmalen Boote, nicht wahr?“
„Richtig“, sagte Royal.
„Damals waren sie Champions“, fügte Rule mit der Andeutung eines Lächelns hinzu.
„Nun, ich fühle mich schon etwas besser“, erklärte Violet. Rule bemerkte, dass ihre Wangen wieder etwas Farbe bekommen hatten. „Wenn alle mithelfen, wird es nicht lange dauern, diese schreckliche Affäre zu beenden.“
Rule sah seine hübsche Frau an. Er erkannte, wie entschlossen sie war, und fühlte sich erleichtert. Sie glaubte, dass er die Wahrheit sagte. Sie glaubte an seine Unschuld.
Bis zu diesem Augenblick hatte er nicht gewusst, wie wichtig ihm das war.
Am nächsten Tag betrat Violet die Bibliothek pünktlich zum Treffen, das mit Chase Morgan vereinbart worden war. Der Detektiv, den Royal empfohlen hatte, war ein harter, dunkler Mann mit kantigen Zügen. Schlank und hager, wie er war, wirkte er beinahe ein wenig bedrohlich.
„Gehen wir noch einmal die Fakten durch“, sagte Morgan. Er hatte den Platz hinter Rules Schreibtisch eingenommen, wo er sich mit einem angespitzten Bleistift Notizen machte. „Ich muss über jedes Detail Bescheid wissen. Beginnen wir mit dem Streit, den Sie auf dem Ball im Haus Ihres Bruders am Abend zuvor hatten.“
Ein zweites Mal erzählte Rule dem Detektiv bis ins kleinste Detail, was geschehen war.
„Wo war Whitneys Kammerdiener, als Sie ins Hotelzimmer traten?“, fragte Morgan. „Hätte er nicht dort sein sollen?“
„Das sollte man meinen“, sagte Rule. „Aber er war ganz bestimmt nicht da, als ich kam.“
„Sie
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