Verfuehrung in Gold
nur sehr zurückhaltend spielte. Und was immer zwischen ihr und Hart aufblühen mochte, was sie in seinen Augen gesehen hatte, es wäre vorbei. So war es für sie wie für ihn das Beste. Leider lastete der Gedanke, ihn auf keinen Fall ermutigen zu dürfen, wie ein Joch auf ihren Schultern, als sie ihr Buch schloss und die Lampe aufnahm. Sie seufzte mit jedem Schritt, den sie hinauf zu ihrem Schlafzimmer machte.
Noch bevor sie ihre Tür erreichte, fühlte Emma die Wärme, die aus der Dunkelheit strahlte. Bess hatte die Kohlen geschürt, bevor sie ins Bett gegangen war, die Gute. Jetzt konnte Emma ihren Umhang ablegen, ohne es gleich zu bereuen. Sie streifte ihre Handschuhe ab und warf sie auf einen leeren Stuhl. Dann öffnete sie die kleinen Knöpfe vorn an ihrem Kleid.
Sie hatte so viele Kleider mit Frontverschlüssen gekauft, wie sie konnte. Bess musste morgens früh raus, einschüren und das Frühstück bereiten. Da sollte sie nicht bis zwei, drei Uhr morgens aufbleiben müssen, um Emma beim Entkleiden zu helfen.
Ihre Fingerknöchel fühlten sich eisig an, als sie die Haut an ihrer Brust streiften, und Emma verzog das Gesicht. Auch ihr Bett wäre eiskalt, würde aber schnell warm. Ungeduldig zerrte Emma an dem obersten Knopf ihres Kleides, weil sie es nicht erwarten konnte, unter die dicken Schichten aus Leinen und Wolldecken zu kriechen. Wenn sie in ihr eigenes Cottage zog, würde sie als Erstes einen neuen Bettwärmer kaufen. Was für eine Wonne wäre das!
»Emily.«
»Oh!«, schrie sie und drehte sich in die Richtung, aus der die Männerstimme gekommen war. Hart , war ihr erster Gedanke, bevor ihr einfiel, dass er den Namen nicht kannte, den sie so sehr verabscheute. Es sei denn …
»Emily.«
Das Zimmer war klein, trotzdem lagen die Ecken im Schatten. Emma wich zurück und blickte suchend in die Winkel, die am weitesten von der Tür entfernt waren. Es dauerte unendlich lange, bis sie die Umrisse eines Mannes in der Dunkelheit ausgemacht hatte. Ihr Herz hämmerte so wild, dass sie von der Wucht am ganzen Leib zitterte.
»Hart?« Sie bewegte sich langsam an der Bettkante entlang, um zu dem kleinen Tisch zu gelangen, auf dem sie die Lampe abgestellt hatte.
»Ich wollte dich nicht erschrecken.«
Nein, nein, das war nicht Hart. Und, o Gott, er hatte Emily gesagt! Nur ein einziger Mensch nannte sie so. »Ich … ich …«
»Ist ja gut. Schsch.« Er trat vor, und Emma konnte ihren Schrei nicht zurückhalten.
Schmale Hände reckten sich ihr entgegen, wollten sie beruhigen. »Ich bin hier, um zu helfen.«
Und dann sah sie sein Gesicht. Matthew. Er war es wirklich gewesen, den sie auf der Straße gesehen hatte.
»Du hast dich in eine Menge Schwierigkeiten gebracht, Emily. Aber jetzt bin ich ja hier.«
»Nicht … Matthew … was machst du hier?«
»Es tut mir leid.« Seine dünnen Lippen formten das typische, herablassende Lächeln. »Ich wollte dir keine Angst einjagen. Ich habe mich in dein Haus geschlichen, um keine Aufmerksamkeit auf dich zu lenken. Sollte sich herumsprechen, dass …« Er schüttelte mitleidig den Kopf.
»Nein, was machst du hier , in London?« Sie bemerkte, dass sie langsam auf das Bett sank. Sie blickte zu ihrem früheren Verehrer auf. Sein glattes blondes Haar fiel ihm in die Stirn, und seine grünen Augen leuchteten mit einer Intensität, die sie bei ihrer ersten Begegnung nicht gehabt hatten.
»Nun, ich habe nach dir gesucht. Nie hätte ich gedacht, dass eine junge Dame wie du so spurlos verschwinden könnte. Du bist entsetzlich verschlagen.«
»Ich bin … ich bin nicht verschwunden. Ich wollte nur nach London.«
»Emily.« Wieder das Kopfschütteln. »Dein Platz ist in Cheshire, wie ich dir unzählige Male gesagt habe. Und ich bin hier, um dich heimzuholen.«
Die Angst und der Schrecken wurden zu einem bleiernen Gewicht auf ihrer Brust, das ihr das Atmen erschwerte und das Gefühl gab, ihr Brustkorb wäre zu klein. Aber die Anspannung löste sich bald wieder. Emma ballte die Fäuste. »Cheshire ist nicht mein Zuhause, wie ich dir bereits unzählige Male sagte, und du hast kein Recht, mir zu folgen. Vor allem steht es dir nicht zu, in mein Haus einzudringen.«
Matthew lächelte, wobei er seine spitzen Eckzähne zeigte. »Ich bin dir nicht gefolgt, Emily. Offen gesagt hatte ich es versucht, aber ich verlor deine Spur irgendwo in Birmingham. Vor zwei Wochen dann erhielt mein Vater einen Brief aus London, auf sehr edlem Briefpapier geschrieben. Zum Glück fing ich ihn
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