Verführung in Manhattan
glänzte ihr Haar beinahe mahagonifarben.
Margerite bewegte sich ein wenig, sodass sich ihre Schenkel berührten. Er wusste nicht, ob er überrascht oder eher belustigt sein sollte. Um den Stolz seiner Gastgeberin nicht zu verletzen, wandte er sich lächelnd ab.
„Sie haben ein entzückendes Haus. Es passt sehr gut zu Ihnen.“
„Ich würde gern einmal Ihr Atelier sehen.“ Die Einladung in Margerites Blick war unübersehbar.
„Ich fürchte, Sie fänden es furchtbar stickig und voll und würden sich schrecklich langweilen.“
„Niemals.“ Lächelnd strich sie mit einer Fingerspitze über seinen Handrücken. „Ich bin sicher, dass mich nichts an Ihnen langweilt.“
Du liebe Güte, die Frau war alt genug, um seine Mutter zu sein! Und machte sie sich an ihn heran wie eine geheimnisvolle Jungfrau, die bereit war, ihre Unschuld zu verlieren. Er nahm ihre Hand. „Margerite, Sie sind sehr charmant. Und ich bin …“ Er küsste ihre Fingerspitzen. „Ich bin völlig unpassend für Sie.“
Zärtlich strich sie mit dem Finger über seine Wange. „Sie unterschätzen sich, Mikhail.“
Nein, gewiss nicht, dachte er. Aber er merkte, dass er Margerite erheblich unterschätzt hatte.
Unten auf der Terrasse versuchte Sydney inzwischen, Channing auf taktvolle Weise loszuwerden. Er war aufmerksam, respektvoll und besorgt – und langweilte sie entsetzlich.
Es musste an ihr liegen, dessen war sie gewiss. Jede Frau, die ihre Sinne einigermaßen beisammen hatte, würde wie Wachs schmelzen, wenn ein Mann wie Channing ihr seine Aufmerksamkeit schenkte. Die Luft unter den dichten Laubbäumen roch nach Meer, und die Brise ließ die Blätter romantisch rascheln. Channing erzählte von Paris und streichelte ihr zärtlich den nackten Rücken.
Doch Sydney wünschte, sie wäre zu Hause undkönnte sich mit dem dicken Quartalsbericht beschäftigen. Endlich holte sie tief Luft und drehte sich zu ihm. Sie musste Channing offen und ehrlich sagen, dass er sich eine andere Begleiterin suchen solle.
In diesem Augenblick entdeckte sie Mikhail auf dem Dach, der gerade Margerites Hand an die Lippen führte.
Dieser …! Leider fiel ihr kein hässliches Wort ein, das sie ihm hätte zurufen können. Schleimer war viel zu harmlos, Gigolo war zu glatt. Machte der Kerl sich an ihre Mutter heran! An ihre Mutter! Dabei hatte er noch vor wenigen Stunden …
Unsinn, sagte sie sich und verdrängte das Bild von der Szene auf dem Flur in Soho. Er hatte sich nur aufgespielt, mehr war es nicht gewesen.
Und sie hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht.
Sie sah, wie Mikhail sich lachend von ihrer Mutter zurückzog und zu ihr hinabblickte.
Wütend fuhr sie zu Channing herum, der heftig erschrak. „Küss mich“, forderte sie ihn auf.
„Weshalb, Sydney?“
„Ich sagte: Küss mich.“ Sie packte sein Smokingrevers und warf sich an seine Brust.
„Aber gern, Liebling.“ Erfreut, dass sie endlich anderen Sinnes geworden war, fasste er ihre Schultern und beugte sich zu ihr.
Seine Lippen waren weich und warm. Channing presste sie auf ihren Mund und streichelte gleichzeitig ihren Rücken. Er schmeckte nach Pfefferminz, und ihr Körper passte gut mit seinem zusammen. Trotzdem empfand Sydney nichts als leere Wut. Plötzlich fröstelte sie vor Angst und Verzweiflung.
„Du weißt doch, dass ich dir nicht wehtun würde, Liebling“, flüsterte Channing.
Nein, das würde er nicht. Von Channing hatte sie nichts zu befürchten. Widerwillig ließ sie zu, dass er den Kuss vertiefte, und forderte sich selbst auf, endlich etwas zu fühlen und zu reagieren. Doch sie merkte schon, dass er aufgab, bevor er die Lippen von ihrem Mund löste.
„Ich weiß nicht, woran es liegt, Sydney“, begann er und strich sein Revers glatt. „Es war, als hätte ich meine Schwester geküsst“, fügte er enttäuscht hinzu.
„Ich bin müde“, antwortete sie. „Ich glaube, ich hole meine Sachen und fahre nach Hause.“
Zwanzig Minuten später steuerte der Fahrer ihren Wagen in Richtung Manhattan. Sydney saß kerzengerade auf ihrer Seite der Rückbank, während Mikhail es sich in seiner Ecke bequem gemacht hatte. Beide schwiegen und unterhielten sich nicht einmal über jene Nichtigkeiten, die es immer zu sagen gab, wenn zwei Menschen dieselbe Veranstaltung besucht hatten.
Sydney war eiskalt vor Verachtung, und Mikhail kochte innerlich vor Wut.
Sie hat es nur getan, um mich zu ärgern, überlegte er. Sie hat sich von diesem Kerl im Seidensmoking küssen lassen, damit ich
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