Verführung pur
sie hier taten, ging gegen all seine Prinzipien.
Verdammte Prinzipien!
Er wich ein Stück zurück und stand auf. Bildete er es sich ein, oder hatte er für einen Bruchteil tatsächlich so etwas wie Enttäuschung in ihren Augen aufblitzen sehen, die über sexuellen Frust hinausging? “Ehrlich, ich würde mein Augenlicht dafür geben, dein Angebot anzunehmen, Mia. Aber ich habe mir schon vor langer Zeit geschworen, mich nicht zu derartigen Abenteuern hinreißen zu lassen.”
Sie biss sich auf die Unterlippe, und Seth wunderte sich über ihre plötzliche Unsicherheit. “Dann habe ich deinen Kuss wohl missverstanden. Ich dachte, du wolltest das hier genauso wie ich.”
Er hätte sich ohrfeigen mögen dafür, dass er sie so offensichtlich in Verlegenheit brachte.
“Natürlich will ich es. Ich will es sogar so sehr, dass ich schon beinahe durchdrehe.” Sicherheitshalber wich er einen Schritt zurück, während er sprach. Er wusste, wie gefährlich ihre Nähe war. Eine kurze Berührung, und seine sämtlichen Prinzipien könnten sich in Rauch auflösen. “Ich war nur nicht darauf vorbereitet, und ich habe nichts dabei, um uns zu schützen.”
Das war selbstverständlich nicht der einzige Grund, und er wäre schäbig, ihr etwas vorzumachen. Sie wusste ja nicht einmal, wer er war. “Vor allem aber halte ich nichts davon, mit Frauen ins Bett zu gehen, die ich kaum kenne. Ich habe lieber eine feste Beziehung, bevor ich Sex habe.”
Na ja, das stimmte insofern, als Seth bislang immer geglaubt hatte, mit einer Frau zusammenzuwohnen wäre dasselbe wie eine Beziehung. Schließlich wollte er nicht so sein wie sein Vater, sondern den Frauen, die mit ihm schliefen, mehr bieten als reinen Sex.
Mias Lippen formten sich zu einem stummen O, und sie errötete. Seth ärgerte sich maßlos, dass er sie so verlegen machte.
“Du musst wissen, dass es nichts mit dir zu tun hat”, räumte er hastig ein. “Ich meine, sieh mich doch bloß an. Es besteht wohl nicht der geringste Zweifel, wie gern ich dein Angebot annehmen würde.”
Ihr Blick wanderte hinab zu seinen Shorts, und Seth wurde noch heißer. Doch das war allein seine Schuld. Was musste er sie auch noch extra darauf aufmerksam machen, wie es um ihn stand?
Sie lächelte. Offenbar tat es ihrem Selbstbewusstsein gut zu sehen, welche Macht sie über ihn hatte. “Dann gebietet wohl die Höflichkeit, dass ich dich allein lasse, anstatt dich weiter in Versuchung zu führen, nicht wahr?”
Seine Libido wollte protestieren, doch sein letzter Rest Verstand übertönte sie. “Das wäre wohl das Beste, danke.”
“Okay.” Sie sah ihm wieder in die Augen, und inmitten des leuchtenden Grüns funkelte etwas Verwegenes. “Ich werde dich von jetzt ab in Ruhe lassen und so tun, als wäre das hier nie geschehen. Einverstanden?”
Er nickte, obwohl ein Teil von ihm die Aussicht hasste, sie nicht wieder zu berühren. Andererseits musste er sich daran halten, wenn er seinem Grundsatz treu bleiben wollte, nur mit Frauen zu schlafen, mit denen er eine Beziehung unterhielt.
“Einverstanden.” Er ging rückwärts zur Treppe und stieß mit dem Fuß gegen die untere Stufe. “Ich werde den Motor anwerfen und Kurs auf die Insel nehmen. Dort auszusteigen lohnt zwar nicht mehr, weil es inzwischen zu dunkel ist, aber wir können wenigstens einmal um sie herumfahren, ehe wir zum Festival zurückkehren.”
Sie nickte ein bisschen zu begeistert. Wie konnte sie die Sache so leicht nehmen, während jede Faser von ihm unsagbare Qualen litt?
“Gut. Wenn du nichts dagegen hast, werde ich ebenfalls an Deck zurückgehen. Ich verspreche dir auch, dass ich mich ans andere Ende des Bootes setze.”
Er wollte ihr eigentlich sagen, dass das nicht nötig wäre, doch seinen vehementen Körperreaktionen auf ihre Nähe nach zu urteilen, war es tatsächlich sicherer, wenn sie auf Abstand blieb.
“Na klar.” Er stieg die Treppe hinauf. “Wir haben übrigens einen tollen Sternenhimmel heute Abend”, rief er ihr zu, als er oben angekommen war. Vielleicht tat es ihnen beiden gut, eine Weile schweigend die Sterne zu betrachten.
“Kümmre dich einfach gar nicht um mich”, sagte sie und ging ans hintere Ende des Decks, während er sich hinter das Steuerrad setzte. “Ich werde so tun, als wärst du überhaupt nicht da.”
Seth runzelte die Stirn. Sein Ego war verletzt, dass sie ihn so leichthin ignorieren konnte. Dabei hätte er sich eigentlich beglückwünschen müssen, diese Krise gemeistert zu haben.
Weitere Kostenlose Bücher