Verführung pur
darüber, dass ihre Tochter wohl nie bereit sein würde, sie als Mutter statt als Pseudoschwester anzuerkennen.
“Ich finde schon”, antwortete er und streckte die Hände nach ihr aus, zog sie jedoch gleich wieder zurück und verschränkte sie hinter seinem Nacken. “Ich frage mich nämlich, ob das ein einmaliges Geschenk der Götter ist oder ich eine Chance habe, dich öfter an meiner Türschwelle – oder besser an meiner Reling – anzutreffen.”
Sie fand die Vorstellung, als ein Geschenk der Götter betrachtet zu werden, sehr schmeichelhaft. Ihre Stimmung besserte sich mit jeder Sekunde. Und gerade deshalb konnte sie es kaum noch aushalten, ihn nicht anzufassen.
Auf der Suche nach der Treppe, die unter Deck führte, sah sie sich um und sagte: “Ich kaufe das Haus an der Küstenstraße.”
“Ich fasse es nicht!” Er nahm die Hände herunter und folgte ihr zur Treppe.
“Mia will mein Geld nicht annehmen, und sie hat mir ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass sie auch auf meine sonstige Hilfe pfeift.” Sie blinzelte, weil ihre Augen zu brennen begannen. “Von heute Nacht an werde ich mein Leben für mich leben.”
Sie stieg die wenigen Stufen hinunter in den Kabinenbereich. “Und zwar nach meinen Vorstellungen”, fügte sie hinzu.
Unten angekommen, sah sie sich drei verschlossenen Türen gegenüber. Da war Brock auch schon direkt hinter ihr und fasste ihre Schultern, um sie sanft zur mittleren Tür zu dirigieren. Selbst durch die dicke Lederjacke spürte sie die Hitze seiner Hände, und sie bekam weiche Knie.
“Ich weiß, dass du unglaublich verletzt sein muss, Noelle. Aber deine Entscheidung ist richtig, davon bin ich felsenfest überzeugt.”
Benommen vor Verlangen, öffnete sie die Tür. Die Kabine war nicht besonders groß, und den meisten Raum nahm ein riesiges Bett ein. An den Wänden hingen so viele Karten, dass von der Tapete – sollte es eine darunter geben – nichts zu sehen war. Am Fuß des Bettes stand ein schlichter Eichentisch mit einem Globus darauf.
Sie fragte sich, ob Brock Chandler genauso ein ruheloser Wanderer war wie sie.
Über diese Frage konnte sie allerdings nicht lange nachdenken, denn im nächsten Augenblick zog er ihr die Jacke aus. Für wenige Sekunden wurde ihr kalt, doch allein sein Blick genügte, und ihr wurde gleich wieder heiß.
“Dein Leben nach deinen Vorstellungen? Das wirst du gewiss nicht bereuen”, flüsterte er ihr ins Ohr. Der raue Klang seiner Stimme kitzelte ihre Haut.
Die Tür hinter ihnen fiel zu. Nur das schwache Mondlicht, das durch die beiden Bullaugen hereinfiel, beleuchtete den Raum. Die Lichtreflexionen der Wellen tanzten über die Decke.
Noelle drehte sich zu ihm um, damit er sie endlich in seine Arme nahm, doch er war nicht da, wo sie ihn erwartet hatte. Er kniete vor ihr.
“Was tust du da?”, fragte sie flüsternd. Diese Frage erübrigte sich, als sie fühlte, wie seine Finger direkt oberhalb der Stiefel über ihre Schenkel strichen. Sie bebte vor Erregung.
“Erinnerst du dich, was ich über unser erstes Mal gesagt habe?” Ganz langsam zog er den Reißverschluss des einen Stiefels hinunter, wobei seine Fingerknöchel über ihre Haut glitten und sie kitzelten. “Kein Leder, keine Kerzen, keine teure Wäsche. Nur du und ich.”
“Und unser Atem”, ergänzte sie, ohne überhaupt darüber nachgedacht zu haben.
Er sah zu ihr auf und grinste zufrieden. “Du erinnerst dich also an das Gespräch?”
Und ob sie sich daran erinnerte! Seit jenem Morgen im Lagerraum des Beachcomber dachte sie Tag und Nacht an nichts anderes, träumte von nichts anderem. Sie zuckte mit den Schultern. “Ich gebe zu, dass deine Behauptung, ohne irgendwelche Tricks auskommen zu können, mich schon ein bisschen neugierig gemacht hat.”
“Es hat dich neugierig gemacht, aha.” Nun begann er den Reißverschluss des anderen Stiefels hinunterzuziehen. Dann zog er ihr die Stiefel aus, und Noelle stand barfuß auf dem polierten Holzboden der Kabine. “Ist das wirklich alles?”
Ein umwerfender Mann kniete zu ihren Füßen, das Gesicht nur wenige Zentimeter von ihren Schenkeln entfernt. Noelle würde jeden Moment dahinschmelzen.
“Na ja, es hat mich gereizt”, flüsterte sie und untertrieb damit schamlos.
Er stand auf, beugte sich vor und raunte ihr ins Ohr. “Mir lief das Wasser im Mund zusammen.”
Noelle wäre beinahe hintenübergefallen, und dabei konnte sie nicht einmal mehr ihren Absätzen die Schuld geben. In zwei Monaten würde sie
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