Verführung pur
beinahe bis zum Wasser reichten. Zwar war hier niemand, der den Strand regelmäßig reinigte, aber er war trotzdem weich und sauber, weil die Bucht bislang unentdeckt geblieben war. An der einen Seite war sie von einem flachen Felsen begrenzt, der einen hervorragenden Ruheplatz abgab.
Mia kletterte hinauf und streckte sich auf dem warmen Fels aus. Sie schloss die Augen.
“Du hattest recht”, sagte Seth, der dem Klang nach zu urteilen über ihr stehen musste. “Dieses Kleid ist gefährlich, wenn es nass ist.”
Sie lächelte und öffnete ein Auge. Er stand da und starrte sie an – allerdings nicht ihr Gesicht. “Willst du immer noch reden?”
Das Wasser hatte kurz für Abkühlung gesorgt, doch unter seinen Blicken wurde ihr sofort wieder heiß.
“Eigentlich habe ich gerade ungefähr fünf andere reizvollere Ideen, aber ich hatte mir fest vorgenommen, erst zu reden.” Seine Stimme hörte sich rau und erregt an, und Mia erschauderte.
Dennoch setzte sie sich hin, um zu hören, was er ihr sagen wollte. Wenn es ihm wichtiger war als das Knistern, das zwischen ihnen in der Luft lag, wollte sie es erfahren.
Er setzte sich neben sie. “Ich habe die Hypothek auf Brock übertragen, sodass du mir nichts mehr schuldest. Da du die Vorstellung, mich als Gläubiger zu haben, ablehntest, hielt ich diese Lösung für die beste. Du kannst mit ihm einen Tilgungsplan aushandeln, der für alle Beteiligten akzeptabel ist. Er wird die banküblichen Zinsen haben wollen, dafür aber auf feste Zahlungstermine verzichten, falls du einverstanden bist.”
Das klang durchaus fair. Und es klang ganz nach jemandem, der ein echtes Interesse daran hatte, die Beziehung zu ihr zu retten. Aber was für eine Art Beziehung schwebte ihm vor? Die, die sie vorher gehabt hatten, ohne Verpflichtungen und auf unbestimmte Zeit? Wenn ja, wusste sie nicht, ob sie damit heute noch leben konnte.
“Das hast du meinetwegen getan?”
“Nicht nur ich, auch Brock wollte es deinetwegen so. Ursprünglich hatte ich Jesse ausgeguckt, aber dann meinte Brock, er würde ohnehin die meiste Zeit in Twin Palms sein, und das würde euch beiden die Sache erleichtern.”
“Quillt denn jedem in deiner Familie das Geld aus den Taschen, dass sie einfach nebenbei meine Hypothek aufkaufen können?”
Seth zuckte mit den Schultern. “Na ja, ich investiere ihr Geld für sie, und damit sind sie bisher immer recht gut gefahren.”
Mia konnte sich schwerlich vorstellen, wie das funktionierte. Immerhin entstammte sie selbst einer Familie, die seit Generationen unternehmerisch tätig war, und trotzdem hatten sie bis heute Probleme, über die Runden zu kommen.
Seth dagegen schien im Geschäft enorm erfolgreich zu sein.
“Die Galerie hat meinen Scheck heute Morgen in die Post gegeben. Ich kann die Hälfte meiner Schulden also spätestens Freitag begleichen.”
“Das ist nicht dein Ernst!” Seth stieß einen leisen Pfiff aus. “Bei der ersten Ausstellung hast du so viel Geld eingenommen?”
Sie konnte es selbst kaum fassen, und ihr wurde auch jetzt wieder wohlig warm bei dem Gedanken daran. Ja, sie hatte wirklich Erfolg gehabt. “Die Galerie hat schon angefragt, ob ich im Frühjahr wieder eine Ausstellung machen will.”
“Gratuliere, Mia. Du hast hart dafür gearbeitet, aber es hat sich wirklich gelohnt”, sagte er voller Bewunderung und sah hinaus aufs Meer, wo die Sonne in die sanften Wellen eintauchte.
Der Himmel war inzwischen tiefblau gefärbt, und am Horizont schien ein wunderschönes Rot. Die warme Abendbrise trocknete ihr Kleid und ließ den kurzen Rock leicht flattern.
Sie
hatte
hart für diese Ausstellung gearbeitet, doch je länger sie darüber nachdachte, desto mehr fiel ihr auf, dass sie in der Zeit, seit sie Seth kannte, mehr Bilder gemalt hatte als in den ganzen drei Jahren zuvor. Dabei hatte sie sich immer eingeredet, sie schaffte nicht so viel, weil der Beachcomber sie so in Anspruch nahm.
Möglicherweise hatte ihr einfach die Inspiration gefehlt. Bis Seth kam.
“Weißt du, warum ich dich hergebracht habe?”, fragte Seth sie plötzlich, und erst jetzt bemerkte sie, wie lange sie schweigend dagesessen hatten.
“Ich vermute, du wolltest so viele unbescholtene junge Frauen wie möglich herlocken, um dich an ihnen zu vergreifen.” Sie sah ihn an und fragte sich, ob die Regel, nach der sie “nur reden” durften, nicht langsam gelockert werden konnte. Der einladende, sonnengewärmte Felsen brachte sie jedenfalls auf vollkommen andere
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