Verfuehrung wie in 1001 Nacht
ankämpfen, sondern auch noch gegen Joharas Ängste. Er hatte noch keine Ahnung, wie er ihre Sorgen zerstreuen sollte. Aber immerhin wusste er jetzt, dass sie ihn nicht wirklich verlassen hatte und ihn immer noch begehrte! Unter diesen Umständen zählte seine Verpflichtung dem Vater und dem Königreich gegenüber nicht mehr.
Er würde alles tun, um mit Johara zusammen zu sein, komme, was da wolle.
„Es ist wirklich wichtig. Sogar äußerst wichtig“, versicherte Aliyah ihm.
Und trotz der momentanen Situation empfand Amir Bewunderung für seine Schwester.
Sie hatte es von ihnen allen am härtesten gehabt und mit großen Schwierigkeiten kämpfen müssen. Sogar eine Drogenabhängigkeit, die durch Fehldiagnosen und Ängstlichkeit ihrer Eltern ausgelöst worden war, hatte sie überwunden. Er fand es immer noch unglaublich, wie sie mit sechzehn beschlossen hatte, sich ihrer Abhängigkeit zu stellen und dem Leben die Stirn zu bieten.
Amir freute sich immer, wenn er sah, wie gut es ihr jetzt ging. Sie war bei bester Gesundheit und schien jeden Tag schöner zu werden. Mit Kamal und ihren zwei Kindern lebte sie ein glückliches Leben – als eine der beliebtesten Königinnen der Welt.
Als sie auf Amir zuging, ließ ihr anmutiger Gang das einstige Topmodel und die jetzige Königin erkennen. Sie war genauso groß wie Johara und trug ein Kleid im Ton heller Schokolade – der Farbe ihrer Augen.
Aber ihr besorgter Gesichtsausdruck weckte bei Amir Vorahnungen. Sie blieb vor ihm stehen und deutete auf sich. „Siehst du, was hier nicht stimmt?“
„Mit dir?“, fragte er bestürzt. „Bis du etwa kr…“ Er schluckte. „Alles in Ordnung mit dir?“
„Ja, mir fehlt nichts. Es geht nicht um mich – sondern darum.“ Sie wies auf ihr kostbares Diamanthalsband mit passenden Ohrringen und einem fein gearbeiteten Armband.
„Was ist damit?“, fragte Amir verwundert. „Abgesehen davon, dass die Juwelen dir ausgezeichnet stehen?“
„Vater hat sie mir für diesen Abend gegeben. Sie gehören zum Kronschatz Pride of Zohayd.“
Amir nickte. Er kannte die Schmuckstücke.
„Ich soll sie gleich nach dem Abnehmen zurückgeben, du kennst das ja. Aber …“
„Was aber? Ist etwas kaputtgegangen?“ In diesem Falle hätte Berj Nazaryan den Schaden reparieren können …
Ernst sagte sie: „Nein. Sie sind falsch.“
Amir riss die Augen auf.
Falsch! Erst allmählich wurde ihm die ganze Tragweite dieses einen Wortes klar. Er berührte die Steine und sah Aliyah verwirrt an. „Für mich sehen sie aus wie immer.“
„Das soll bei guten Fälschungen ja auch so sein. Und gut sind sie wirklich.“
„Aber du bist keine Juwelenexpertin“, wandte Amir ein. „Hast du diesen Schmuck überhaupt schon einmal getragen?“
„Sogar mehr als das. Du weißt doch, dass ich als Teenager motorische Störungen hatte. Zu meiner Therapie gehörten auch Zeichnen und Malen. Und ich wollte immer nur das eine malen: den Kronschatz. Mutter Bahiyah hat mir Zugang zu den Gewölben verschafft.“
Dabei hatte sie sich die einzelnen Schmuckstücke sicher sehr genau angesehen. Dennoch gab Amir zu bedenken: „Aber das ist ja viele Jahre her.“
„Bei meinem fotografischen Gedächtnis spielt das keine Rolle. Beim Abnehmen sind mir sofort feine Unterschiede aufgefallen. Aber ich glaube, außer mir erkennen das wirklich nur Fachleute.“
Amir kannte das untrügliche Gedächtnis seiner Schwester. Als begabte Künstlerin nutzte sie es, um überaus detailgenaue Bilder anzufertigen.
Wenn sie sagte, dass die Juwelen Fälschungen waren, stimmte das.
Er atmete tief aus.
Aliyah sah ihn nachdenklich an und strich sich eine mahagonifarbene Locke hinters Ohr. „Zuerst wollte ich Hassan Bescheid sagen, aber er ist zurzeit nicht erreichbar. Und Amjad ist zwar der Älteste von uns, aber … Schließlich habe ich mir überlegt, dass du es als Erster wissen solltest.“
Verständnislos blinzelte er. „Wie meinst du das?“
„Na ja …“ Sie zögerte. „Johara und du, ihr habt euch schon früher so gut verstanden. Und heute Abend hast du dich ganz besonders für sie interessiert. Nach dem, was ich gerade gesehen habe, glaube ich, dass das nicht euer erstes Mal war. Ihr wirkt so leidenschaftlich, so voll tiefer Hingabe, das fällt sofort auf. Du bist ihr Geliebter, stimmt’s?“
Erst allmählich begriff Amir. Schließlich fragte er: „Du glaubst doch nicht etwa, dass sie etwas damit zu tun hat?“
Aliyah ließ die Schultern sinken. „Ich weiß nicht,
Weitere Kostenlose Bücher