Verfuehrung
sein. Du wirst mein Urteil auf allen Gebieten akzeptieren und dazu gehört auch die Auswahl deines Lesestoffes.«
Sophys Tasse und Untertasse klapperten beängstigend, als sie aufsprang. Die Haarsträhne, die sie hinters Ohr geschoben hatte, fiel ihr wieder übers Gesicht. Sie machte einen Schritt zurück, und ihr Absatz verfing sich im Saum ihres Morgenmantels. Der zarte Stoff riß mit einem ratschenden Geräusch.
»Jetzt schau dir an, was du gemacht hast«, jammerte sie und sah sich bestürzt den herunterhängenden Saum an.
»Bis jetzt hab ich noch gar nichts getan.« Julian blieb vor ihr stehen und musterte ihre nervöse, aber aufmüpfige Miene. Sein Blick wurde zärtlich. »Beruhige dich. Ich hab dich noch nicht einmal angefaßt, und du siehst aus, als hättest du bereits einen furchtbaren Kampf um deine tragisch deplazierte weibliche Ehre geführt.« Er streckte die Hand aus und nahm die baumelnde Strähne. »Wie machst du das nur, Sophy?« fragte er leise.
»Wie mache ich was, Mylord?«
»Keine andere Frau aus meiner Bekanntschaft läuft so bezaubernd verschlampt herum. Immer hängt ein Stück Band oder eine Spitze von deinen Kleidern weg, und dein Haar bleibt auch nie da, wo es sein soll.«
»Ihr habt gewußt, daß ich modisch eine Null bin, Mylord, als Ihr mich geheiratet habt«, sagte sie giftig.
»Ich weiß. Es sollte keine Kritik sein. Ich hab mich nur gefragt, wie du diesen Effekt erzielst. Es wirkt so unbewußt.« Er ließ die Strähne los, und seine kräftigen Finger tasteten sich über ihren Kopf und zogen weitere Haarnadeln heraus.
Sophy erstarrte, als er seinen anderen Arm um ihre Taille legte und sie enger an sich zog. In Panik fragte sie sich, wie lange es wohl dauern würde, bis der Tee seine unvermeidliche Wirkung tat. Julian schien überhaupt nicht schläfrig.
»Bitte, Julian -«
»Deine Bitte wird in Erfüllung gehen, mein Herz«, murmelte er gegen ihren Mund. »Ich werde dich heute nacht befriedigen, wie du dir es nie erträumt hättest. Ich schlage vor, du entspannst dich und läßt dir zeigen, daß es gar nicht so schlimm ist, eine Ehefrau zu sein.«
»Ich muß auf unserer Abmachung bestehen...« Sie wollte sich wehren, aber sie war so nervös, daß ihr die Beine den Dienst versagten. Sie klammerte sich an Julians Schultern und fragte sich, was sie wohl tun würde, wenn sie Julian aus Versehen die falschen Kräuter in den Tee getan hatte.
»Nach dieser Nacht wirst du dieses Abkommen vergessen.« Julians Mund umschloß den ihren, bewegte sich langsam, betörend. Seine Hände fanden den Gürtel ihres Morgenmantels.
Sophy machte vor Schreck einen Satz, als er den Mantel langsam über ihre Schultern streifte. Sie sah in seine vor Leidenschaft glühenden Augen, aber da war kein Anzeichen von Müdigkeit.
»Julian, laß mir bitte noch ein paar Minuten Zeit. Ich habe meinen Tee noch nicht ausgetrunken. Vielleicht möchtest du auch noch eine Tasse?«
»Mach dir keine Hoffnungen, meine Süße. Du versuchst nur, das Unvermeidliche hinauszuzögern, und ich versichere dir, daß das Unvermeidliche für uns beide sehr angenehm sein wird.« Seine Hände glitten besitzergreifend über ihre Taille und ihre Hüften und schmiegten den feinen Batist ihres Nachthemdes eng an ihren Körper. »Sehr angenehm«, flüsterte er, und seine Stimme wurde ganz heiser, als er sanft ihren Po drückte.
Sophys Haut und das Blut in ihren Adern begannen unter der Glut seines Blickes zu brennen. Seine Leidenschaft war mesmerisierend. Noch nie hatte ein Mann sie so angesehn, wie Julian sie jetzt ansah. Sie spürte sein hitziges Temperament und seine Kraft, und es war berauschend wie eine Tasse des Kräutertees, den sie ihm verabreicht hatte.
»Küß mich, Sophy.« Julian hob mit einem Finger ihr Kinn.
Sie stellte sich gehorsam auf die Zehenspitzen und strich mit ihren Lippen über seinen Mund. Wie lange noch ? fragte sie sich panisch.
»Noch mal, Sophy.«
Sie krallte sich in den Stoff seines Morgenmantels, als sie erneut seinen Mund mit dem ihren berührte. Er war warm und hart und seltsam zwingend. Sie hätte sich die ganze Nacht lang so an ihn klammern können, aber sie wußte, daß er sich nicht mit schlichten Küssen zufriedengeben würde.
»Das ist schon besser, meine Süße.« Seine Stimme wurde immer undeutlicher, ob nun von dem Schlaftrunk oder seinem Verlangen nach ihr war nicht klar. »Sobald du und ich zu einem Einverständnis gekommen sind, werden wir sehr gut miteinander auskommen,
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