Verfuehrung
versuchte nicht zu zeigen, wie sehr sie das beunruhigte.
»Du hast gewußt, was ich aus diesem Arrangement erwarte, als du dich bereit erklärt hast, mir eine richtige Ehefrau zu sein, Sophy.«
»Einen Erben und keinen Ärger.« Vielleicht war die Illusion von Intimität von vorhin wirklich nur das gewesen: eine Illusion, dachte sie niedergeschlagen. Sie konnte nicht abstreiten, daß Julian sie tatsächlich begehrt hatte, als er heute abend zu ihr kam, aber sie durfte einfach nicht vergessen, daß sein Hauptziel war, einen Erben zu kriegen.
Wieder umhüllte Schweigen das schattenverhangene Bett. Dann fragte Julian leise: »Wäre es denn so schrecklich, mir einen Sohn zu gebären, Sophy?«
»Was passiert denn, wenn ich eine Tochter bekomme, Mylord?« fragte sie kühl, um nicht direkt antworten zu müssen.
Er lächelte unerwartet. »Eine Tochter wäre mir sehr recht, besonders wenn sie nach ihrer Mutter gerät.«
Sophy fragte sich, wie sie dieses Kompliment werten sollte, und kam zu dem Schluß, es wäre das Beste, nicht zuviel darüber nachzudenken. »Aber du brauchst doch einen Sohn für Ravenwood.«
»Dann müssen wir es einfach weiterversuchen, bis wir einen kriegen, nicht wahr?« fragte Julian. Er streckte die Arme aus, zog sie an sich und legte ihren Kopf auf seine Schulter. »Aber ich glaube nicht, daß wir allzu viele Schwierigkeiten haben werden, einen Sohn zu produzieren. Die Sinclairs kriegen immer Söhne, und du bist kräftig und gesund. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet, Sophy. Würde es dir sehr viel ausmachen, wenn sich herausstellen würde, daß du heute abend empfangen hättest?«
»Unsere Ehe ist noch sehr jung«, sagte sie zögernd. »Wir müssen beide noch viel über den anderen lernen. Es schiene mir klüger, noch zu warten.« Bis du gelernt hast , mich zu lieben, fügte sie insgeheim hinzu.
»Ich sehe keinen Grund zu warten. Ein Baby wäre gut für dich.«
»Warum? Weil ich mir dadurch meiner Pflichten und Verantwortungen als Ehefrau bewußter wäre? Die kenne ich inzwischen sehr gut.«
Julian seufzte. »Ich wollte damit nur sagen, daß ich glaube, du würdest eine gute Mutter abgeben. Und ich glaube, daß ein eigenes Baby dir erleichtern würde, dich mit deiner Rolle als Ehefrau abzufinden.«
Sophy stöhnte, wütend, weil sie die intime, zärtliche Stimmung durchbrochen hatte, die Julian ihr nach dem Liebesakt geboten hatte. Sie versuchte, die Sache mit Humor zu retten. Sie drehte sich zu ihm und lächelte herausfordernd. »Sag mal, Julian, sind alle Ehemänner so unverschämt arrogant davon überzeugt, daß sie wissen, was für ihre Frau das Beste ist?«
»Sophy, das trifft mich zutiefst.« Er schnitt eine Grimasse. Aber er sah erleichtert aus und lachte. »Du findest mich arrogant?«
»Es gibt Zeiten, da sehe ich mich außerstande, nicht zu diesem Schluß zu kommen.«
Seine Miene wurde wieder ernst. »Ich weiß, daß es dir so Vorkommen muß. Aber ich meine es wirklich ehrlich, Sophy. Ich möchte dir ein guter Ehemann sein.«
»Das weiß ich«, murmelte sie. »Und genau das ist der Grund, warum ich bereit bin, deine Anfälle von Hochmut zu ertragen. Siehst du jetzt, was für eine verständnisvolle Frau du hast?«
Er musterte sie mit halbgeschlossenen Lidern. »Eine mustergültige Ehefrau.«
»Bezweifle das ja nicht. Ich könnte Unterricht darin geben.«
»Eine Vorstellung, die den anderen Ehemännern der Gesellschaft die Kälteschauer über den Rücken jagen würde. Ich werde dennoch versuchen, mir deine guten Absichten vor Augen zu führen, wenn du wieder Schlaftränklein braust und diese verdammte Wollstonecraft liest.« Er hob den Kopf, gab Sophy einen Kuß und ließ sich dann in die schneeweißen Kissen zurückfallen. »Da gibt es noch etwas, worüber wir reden müssen, o mein mustergültiges Eheweib.«
»Was denn?« Sie gähnte verschlafen. Es war ein seltsames Gefühl, ihn im Bett zu haben, aber irgendwie war es ein schönes Gefühl, seine Kraft und Wärme so nahe zu haben. Sie fragte sich, ob er wohl die Nacht hier verbringen würde.
»Du warst verärgert, als ich vorhin sagte, ich wäre der Meinung, wir sollten unsere Ehe vollziehen«, begann er behutsam.
»Nur weil du darauf bestanden hast, es wäre zu meinem eigenen Besten.«
Er lächelte. »Ja, ich kann verstehen, wieso du darauf kommst, ich wäre arrogant und hochmütig. Aber, wie dem auch sei, es war wirklich höchste Zeit für dich zu erfahren, was du riskierst, wenn du mit Waycott und
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