Verfuehrung
seinesgleichen flirtest.«
Sophys Schläfrigkeit und gute Laune waren wie weggeblasen. Sie stützte sich auf einen Ellenbogen und starrte Julian wutentbrannt an. »Ich habe nicht mit dem Viscount geflirtet.«
»Doch, Sophy, das hast du. Ich geb ja zu, daß du es vielleicht nicht realisiert hast, aber ich kann dir versichern, daß er dich angeguckt hat, als wärst du ein Stück Erdbeerkuchen mit Sahne. Und jedesmal, wenn du ihn angelächelt hast, hat er sich die Lefzen geleckt.«
»Julian, du übertreibst!«
Er zog sie zurück auf seine Schulter. »Nein, Sophy, das tu ich nicht. Und Waycott ist nicht der einzige, der den ganzen Abend hinter dir hergehechelt ist. Du mußt bei solchen Männern auf der Hut sein. Vor allem darfst du sie um keinen Preis ermutigen, nicht einmal unbewußt.«
»Warum fürchtest du ausgerechnet Waycott?«
»Ich fürchte ihn nicht. Aber ich habe mich damit abgefunden, daß er für Frauen gefährlich ist, und ich will nicht, daß sich meine Frau solcher Gefahr aussetzt. Er würde dich sofort verführen, wenn er dazu die Chance wittert.«
»Warum ausgerechnet mich? Es waren doch wesentlich schönere Frauen auf dem Ball von Lady Yelverton.«
»Weil du meine Frau bist.«
»Aber warum?«
»Er haßt mich mit Inbrunst, Sophy. Vergiß das nie.«
Und plötzlich hatte sie begriffen. »War Waycott einer von Elizabeths Liebhabern?« fragte sie ohne nachzudenken.
Julians Miene verwandelte sich wieder in die grimmige, abweisende Maske, die ihm den Titel Satan eingebracht hatte. »Ich habe dir gesagt, daß ich mit niemandem über meine erste Frau rede. Auch nicht mit dir, Sophy.«
Sie versuchte, aus seinem Arm zu rutschen. »Verzeih mir, Julian. Ich hab mich vergessen.«
»Ja, das hast du.« Er nahm sie fester in den Arm, als er spürte, daß sie vor ihm zurückwich und drückte sie an sich. »Aber nachdem du ja ein solches Muster an Ehefrau bist, wird das sicher nicht mehr passieren, oder?«
Sophy gab den Kampf gegen seinen Arm auf. Sie kniff die Augen zusammen und musterte ihn eindringlich. »Nimmst du mich wieder auf den Arm, Julian?«
»Nein, Madame, ich versichere Euch, ich mein es todernst.« Aber jetzt lächelte er wieder so befriedigt wie vorhin nach dem Liebesakt. »Dreh deinen Kopf zu mir, Schatz. Ich möchte etwas untersuchen.« Er nahm ihr Kinn und drehte ihr Gesicht so, daß er ihre Augen im Kerzenlicht studieren konnte. Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Genau wie ich befürchtet habe.«
»Was ist denn?« fragte sie ängstlich.
»Ich habe mir eingeredet, du würdest diesen klaren, unschuldigen Blick verlieren, wenn ich einmal richtig mit dir geschlafen hätte, aber ich hab mich geirrt. Deine Augen sind noch genauso klar und unschuldig wie vor dem Liebesakt. Es wird sehr schwer werden, dich vor den Raubtieren der Gesellschaft zu schützen, mein Schatz. Wie ich sehe, bleibt mir da nur eine Möglichkeit.«
»Und die wäre, Mylord?« fragte Sophy demütig.
»Ich werde mehr Zeit an deiner Seite verbringen müssen.« Julian gähnte ausgiebig. »Von jetzt an mußt du mir eine Liste deiner abendlichen Verpflichtungen geben. Ich werde dich begleiten, sooft ich kann.«
»Wirklich, Mylord? Mögt Ihr die Oper?«
»Ich verabscheue Opern.«
Sophy grinste. »Das ist ja wirklich sehr schade. Deine Tante, ihre Freundin Harriette und ich wollen nämlich morgen ins King’s Theatre. Wirst du es als deine Pflicht betrachten, uns zu begleiten?«
»Ein Mann tut, was er tun muß«, sagte Julian edelmütig.
Acht
»Wie in aller Welt werden Fanny und Harry uns in diesem Gedränge finden?« fragte Sophy ängstlich angesichts des Gewirrs von Kutschen, das den ganzen Haymarket in der Nähe des King’s Theatre füllte. »Da müssen ja über tausend Leute hier sein.«
»Eher dreitausend.« Julian nahm ihren Arm und führte sie in das beliebte Theater. »Aber mach dir keine Sorgen um Harry und Fanny. Die werden keine Schwierigkeiten haben, uns zu finden.«
»Warum nicht?«
»Weil sie meine Loge benützen«, erklärte ihr Julian gelassen, während sie sich durch die prächtig gekleidete Menge drängten.
»Oh, ich verstehe. Ein sehr praktisches Arrangement.«
»Das findet Fanny auch. Sie spart sich die Miete für eine eigene Loge.«
Sophy sah ihn an. »Du hast doch nichts dagegen, daß sie sie benützt, oder?«
»Nein. Sie ist eines der wenigen Mitglieder meiner Familie, die ich über einen längeren Zeitraum ertragen kann.«
Ein paar Minuten später führte sie Julian in eine prächtig
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