Verfuhrt auf dem Maskenball
die Zukunft seiner Familie sichern. Er erinnerte sich daran, dass dies seine Pflicht war, keine Last. Immer hatte er es so gewollt, und alle Zweifel waren unbegründet, ebenso wie das Gefühl, gefangen zu sein. Plötzlich sah er eine lange, einsame Straße vor sich, eine Zukunft ohne Elizabeth, und ein heftiger Schmerz zuckte durch sein Herz.
Er hatte geglaubt, sich eine Zukunft mit einer Gemahlin und einer Mätresse einrichten zu können, aber schon jetzt drohte das Schuldgefühl ihn zu verschlingen, schon jetzt zahlte sie einen schrecklichen Preis für seine Lust und seine Selbstsucht. Er wagte nicht einmal, sich vorzustellen, was Blanche jetzt dachte oder fühlte. Keine der beiden Frauen verdiente es, so an die andere gekettet zu sein – keine der beiden Frauen verdiente ein solches Leben.
Tyrell zitterte. So etwas hatte er niemals beabsichtigt. Er hatte Elizabeth beschützen und glücklich machen wollen, nicht sie verletzen und zusehen, wie sie immer elender wurde und sich schämte. Er war dazu erzogen worden, den Unterschied zwischen Recht und Unrecht zu erkennen. Elizabeth verdiente viel mehr, als er ihr geben konnte. Jetzt musste er sich als großmütig erweisen. Er musste sie gehen lassen.
Erschüttert sprang Tyrell auf.
Er konnte es einfach nicht tun.
Der Sommer neigte sich seinem Ende zu. Drei Wochen waren vergangen, und Lizzie saß an einem kleinen Schreibtisch im Stil Ludwigs XIV. in einem schönen Salon, in dem sie oft Zeit mit Georgie verbrachte, weil er nicht zu groß war. In der Hand hielt sie eine Feder. Sie versuchte, ihren Eltern einen Brief zu schreiben. Zweimal waren sie zu einem Essen auf Adare gewesen, und gerade kürzlich hatten sie eine Einladung nach Askeaton erhalten, wo Tyrells Stiefbruder Captain O’Neill mit seiner amerikanischen Gemahlin und ihrer beider Tochter residierte. Bald werden die alten Bekannten Mama nur zu gern wieder in ihrem Kreis begrüßen, dachte Lizzie. Oder nicht?
Und bestimmt war Papa nicht mehr so böse mit ihr und nicht mehr enttäuscht.
Lizzie wollte sie anflehen, ihr zu verzeihen, und sie sollten doch versuchen zu verstehen, warum sie ein Leben mit Tyrell gewählt hatte, auch wenn es illegitim war. Sie wollte ihnen erklären, dass sie nicht klar hatte denken können, denn niemals hätte sie sonst etwas getan, das all jenen Schmerz zufügte, die sie am meisten liebte. Sie wollte erklären, dass dies die einzige Möglichkeit für sie war, bei Tyrell zu sein, und dass es nicht für immer sein würde. Bisher hatte sie nur „Liebe Mama und lieber Papa“ zu Papier gebracht.
Dann begann sie endlich zu schreiben.
Der Sommer ist außerordentlich schön gewesen mit langen, sonnigen Tagen und nur ganz wenig Regen. Mir geht es gut, ebenso Ned und Georgie. Die meiste Zeit sind wir hier auf Wicklow gewesen, wo wir unsere Mahlzeiten auf dem Rasen hinter dem Haus bei einem Picknick eingenommen haben. Aber einmal sind wir zum Einkaufen nach Dublin gefahren. Ned hat mit dem Reiten begonnen, und er liebt es sehr. Sein Vater hat ihm ein Waliser Pony gekauft. Es hat vier weiße Fesseln und eine weiße Blesse. Ned hat es Wick genannt, was alle sehr komisch finden.
Wir vermissen euch sehr und hoffen, dass es euch gut geht.
Eure euch liebende Tochter Lizzie.
Lizzie hatte Angst, um Verzeihung zu bitten. Und niemals konnte sie erklären, warum sie sich so entschieden hatte, am allerwenigsten in einem Brief. Vielleicht aber war der Sturm vorüber. Vielleicht hatten ihr die Eltern nach diesen neuen Einladungen und einem neuen gesellschaftlichen Leben schon die Schande verziehen, die sie über die Fitzgeralds gebracht hatte. Lizzie betete, dass sie bald antworteten.
Sie stand auf und streckte sich. Es war Sonntagnachmittag, daher war Tyrell nicht in Dublin. Er hatte gesagt, dass er sie heute zu einem Picknick einladen wollte, nur sie beide, nicht einmal Ned sollte dabei sein. Und er wollte ihr das Reiten beibringen. Lächelnd trat sie an die großen Fenster, von denen aus man die Front des Hauses sehen konnte, und hoffte, ihn irgendwo zu entdecken. Von ihrem Platz aus konnte sie einen Teil der Auffahrt überblicken, den See und die in den Himmel steigende Fontäne in der Mitte. Überrascht bemerkte sie, dass sich eine Kutsche näherte.
In den vergangenen Wochen hatten verschiedene Besucher vorgesprochen. Es hatte auch einige Dinnerpartys gegeben. Tyrell hatte soziale Verpflichtungen, die er nicht vernachlässigen durfte, und zu Lizzies Überraschung hatte niemand sie schief
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