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Verfuhrt auf dem Maskenball

Verfuhrt auf dem Maskenball

Titel: Verfuhrt auf dem Maskenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Brenda
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angesehen. Zwar wurde sie als Gast des Hauses vorgestellt, aber jeder wusste, dass sie Neds Mutter war und in aller Öffentlichkeit mit Tyrell zusammenlebte. Aber niemand schien dies zu verurteilen, und Lizzie war eingeladen worden, im Gegenzug für ihre Gastfreundschaft die Nachbarn zu besuchen. Tyrell hatte ihr zugeredet, das zu tun.
    „In Limerick bin ich eine Schande. Aber hier interessiert sich niemand für meinen Status“, hatte sie zu Tyrell gesagt, als sie nachts in seinen Armen lag. Jede Nacht schlief sie in seinem Bett.
    „Fast jeder Mann, der hier vorgesprochen hat oder zum Essen da war, hat eine Mätresse oder Geliebte. Wir bilden da absolut keine Ausnahme.“
    Lizzie kannte das Klischee – dass Untreue in der Oberschicht sehr verbreitet war –, doch bisher hatte sie nicht geglaubt, dass es stimmte. „Aber ich lebe mit dir zusammen, in deinem Haus.“
    „Und du stehst unter meinem Schutz.“ Tyrell sah sie an und streichelte ihre Wange. „Lord Robieson hat drei uneheliche Kinder, die mit seinen beiden legitimen Töchtern zusammen unter seinem Dach leben. Ja, ich weiß, dass er seine Mätresse nicht auch dort hält. Sie besitzt ein eigenes Haus.“
    Lizzie hatte Lady Robieson besucht. Sie war eine rundliche, hübsche und lebhafte Frau, die ihr sehr sympathisch war. „Und Lady Robieson scheint das nichts auszumachen“, wunderte sie sich.
    „Sie ist bekannt dafür, sich selbst Liebhaber zu nehmen.“
    Lizzie starrte ihn an, und er erwiderte ihren Blick.
    Endlich ergriff Tyrell das Wort. „Es mag nicht richtig sein. Aber so ist es in diesen Zeiten nun einmal.“
    Lizzie betrachtete ihn genau. Verurteilte er ihre Affäre in moralischer Hinsicht, so wie sie es tat, ohne darüber nachdenken zu wollen? Inzwischen kannte sie ihn gut genug, um zu vermuten, dass er Ehebruch im Grunde nicht billigte und dass er es nicht gutheißen konnte, gegen seine eigenen Moralvorstellungen zu verstoßen. „Und wir sind genau wie alle anderen.“
    Tyrell wandte sich ab. „Ja.“
    Lizzie dachte: Aber dadurch wird es nicht richtig, doch sie sprach es nicht aus. Stattdessen schmiegte sie sich an ihn, plötzlich unglücklich und besorgt. Manchmal war es so leicht, die Gedanken an die Zukunft zu verdrängen, aber immer wieder kehrten sie zurück.
    Plötzlich umfasste Tyrell ihr Gesicht. „Bist du hier in Wicklow glücklich gewesen, Elizabeth?“
    Lizzie rührte sich nicht, ihr Herz schlug schneller, und sie hätte ihm gern gesagt, wie sehr sie ihn liebte, dass sie ihn immer lieben würde, was auch geschehen mochte. Sie nickte und dachte nur an ihn.„Ja, du machst mich mehr als glücklich, Tyrell.“
    Er lächelte, beugte sich über sie, drang irgendwann in sie ein, doch als sie ihn ansah, da entdeckte sie in seinen Augen einen traurigen Ausdruck.
    Es war nicht das erste Mal, dass sie diesen Schatten sah, und es würde nicht das letzte Mal sein. Mit dem Instinkt einer liebenden Frau wusste Lizzie, dass ihn irgendetwas beunruhigte. Sie sorgte sich wegen ihrer Zukunft, aber gewiss waren seine Sorgen anderer Natur. Sie sagte sich, dass er sich wohl mit Regierungsangelegenheiten beschäftigte.
    Und jetzt kehrte die Wirklichkeit in ihr Leben zurück, und zwar in Form eines neuen Besuchers. Sie hatte sich so sehr darauf gefreut, den Nachmittag allein mit Tyrell zu verbringen. Sie sah zu, wie die Kutsche den See und die Fontäne passierte. Es war eine sehr große Kutsche, gezogen von einem Sechsergespann. Irgendetwas beunruhigte sie.
    Dies war kein Höflichkeitsbesuch. Schlimmer noch, das Gespann kam ihr bekannt vor. Und als der livrierte Diener die Kutschentür öffnete, da wusste sie Bescheid.
    Lord Harrington besitzt eine solche Kutsche .
    Das war nicht möglich. Er wurde nicht erwartet, entweder war er in London oder in seinem Sommersitz im Lake Country. Doch Lizzie erkannte den schlanken Gentleman, der der Kutsche entstieg. Seine stolze Haltung war unverkennbar. Sie schrie auf und verbarg sich hinter dem Vorhang. Auf einmal hatte sie Angst, dass man sie sehen könnte.
    Lord Harrington ist hier.
    Lizzie fühlte sich wie betäubt, und die große Uhr, die sie jeden Tag, jede Minute, jede Sekunde in ihrem Innern hatte ticken hören, stand plötzlich still.
    Aber Lizzie hätte alles dafür gegeben, diese Uhr wieder zu hören. Sie wollte sie schütteln, rütteln, wieder aufziehen. Stattdessen überkam sie Panik. Sie riss die Flügeltüren auf und lief hinaus auf den Balkon. An der steinernen Brüstung blieb sie stehen,

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