Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
Vom Netzwerk:
verhielt. Bloß schnell weg, bevor es unangenehm werden konnte. Genau so verhielt er sich.
    „Hey.“ Er legte mir eine Hand auf die Wange, strich mit dem Daumen über die feuchte Haut, und schaffte es damit sofort, die Zeit um ein paar Stunden zurückzudrehen. „Das ich so kurz angebunden bin, hat doch nichts mit dir oder letzter Nacht zu tun. Ich hab einfach nur … ich … also ich muss nur etwas erledigen.“
    Ich drückte die Lippen zusammen, wich seiner Berührung aus. Gott, warum musste das so schwer sein? „Es erweckt aber den Anschein. Sonst bist du nicht so … so … ach ich weiß auch nicht. Tut mir leid, ich wollte dich nicht aufhalten.“ Ich trat einen weiteren Schritt von ihm weg, wollte nicht, dass er die aufkommenden Tränen bemerkte. Ich hatte gewusst, dass es so kommen würde, und einmal im Leben Recht zu behalten, konnte ganz schön wehtun. „Tu was du tun musst. Wir sehen uns dann.“ Hastig drehte ich mich von ihm weg, doch ich kam nicht mal einen Schritt weit, da hielt mich schon am Arm fest.
    „Hey, das hier hat wirklich nichts mit dir zu tun, also sei nicht sauer.“
    „Wenn du es sagst.“
    „Verdammt, Zsa Zsa, ich hasse es, wenn du das machst.“
    „Was denn?“
    „Na das!“ Er strich sich mit der freien Hand nervös übers Kinn, und ließ den Blick kurz schweifen. „Pass auf, das letzte Nacht war der Wahnsinn, und davon abgesehen, dass ich gegen eine Wiederholung sicher nichts hätte, werde ich auch nicht so tun, als wäre es nicht geschehen. Es war der Wahnsinn, weil du der Wahnsinn bist, verstanden?“
    Wie gerne hätte ich ihm seine Worte geglaubt, doch sein Verhalten sprach leider eine ganz andere Sprache. „Und wenn es nicht wegen letzter Nacht ist, warum kannst du es dann kaum erwarten von mir wegzukommen?“
    Er zögerte, kaute kurz auf seinen Lippen herum, und wieder schweifte sein Blick umher, als erwartete er, jeden Moment unangenehme Gesellschaft zu bekommen. „Okay, du darfst es nicht weitersagen, verstanden? Nicht bevor die anderen den Zettel gefunden haben.“
    Zettel? Verwirrt runzelte ich die Stirn. Irgendwas an seinem Ton wollte mir so gar nicht gefallen. „Cio, was hast du vor?“
    „Versprich mir, dass du den Mund halten wirst.“
    Wie er das sagte, wäre es vermutlich das Beste, wenn ich es ihm nicht versprechen würde, doch ich spürte das Drängen in seiner Stimme, und konnte mich schlussendlich doch zu einem „Okay“ durchringen.
    „Okay“, wiederholte er. „Ich bin auf dem Weg in den Hof, um die Drachen zusammenzurufen.“
    „Was?!“ Meine Augen wurden groß wie Untertassen vor Überraschung. „Aber ich dachte dein Vater und Cheyenne …“ Als ich das nervöse Zucken seines Auges sah, wurde mir alles klar. „Sie wissen nicht, dass du gehst.“
    „Nein, aber ich habe ihnen einen Brief dagelassen, aus dem sie es erfahren, sobald sie ihn finden.“
    War er lebensmüde? Nicht nur das sein Vater ihn wahrscheinlich umbringen würde, es war doch auch viel zu gefährlich. „Cio, das gibt nur wieder Ärger. Du solltest nicht …“
    „Hör zu, Zsa Zsa“, unterbrach er mich. „So kann es nicht weitergehen, wir drehen uns nur im Kreis. Jemand muss etwas tun, damit endlich etwas geschieht.“
    „Aber warum musst du das bitte tun?! Verdammt, wenn nun etwas schief geht, und …“
    Er legte mir einen Finger auf den Mund, der mich zum verstummen brachte. „Ich kann das, Zsa Zsa, ich weiß das. Hab vertrauen.“
    Wie konnte er mir das antun? Wie konnte er mir das sagen, und dann erwarten, dass ich nicht nur schweigen, sondern auch noch vertrauen haben sollte? Wenn nun etwas geschah, dann wäre niemand da, der ihm helfen könnte. Er wäre ganz auf sich allein gestellt. Das konnte ich nicht zulassen. Wenn ihm nun etwas passierte … oh Gott, ich konnte nicht noch jemanden verlieren, das würde ich nicht verkraften. „Bitte, Cio, überleg es dir noch mal. Geh nicht.“
    Sein Blick wurde weicher. „Versteh mich doch, ich muss das tun.“
    „Nein, musst du nicht. Du willst das tun.“
    „Ich will einfach nur, dass das endlich ein Ende hat. Sieh dir doch an, wo wir mittlerweile stehen? Wir verstecken uns, müssen schon wieder abhauen, und das alles nur, weil da so eine durchgeknallte Hexe die Macht an sich reißen will.“ Er beugte sich etwas vor, um mir in die Augen sehen zu können. „Es sterben Leute, jeden Tag mehr, und je länger wir warten, desto schlimmer wird es werden, verstehst du?“
    Natürlich verstand ich, ich war ja nicht dumm.

Weitere Kostenlose Bücher