Vergangene Schatten
zu drücken - denn all das kostete wertvolle Sekunden, die es ihm ermöglichten, sie zu erwischen. Die Zeit reichte wahrscheinlich nicht einmal aus, zum Lichtschalter zu laufen und das Licht einzuschalten - außerdem war das ohnehin keine gute Idee; sie konnte ihn dann zwar sehen, aber er sie genauso.
»Du bist tot.« Er war jetzt ebenfalls auf dem Flur und sprang hinkend, aber keineswegs langsam hinter ihr her, obwohl er am Bein verletzt war.
Carly schrie auf und flüchtete sich in die Dunkelheit des Wohnzimmers. Sie war froh, dass sie das Haus gut genug kannte, um in der Dunkelheit einen winzigen Vorteil gegenüber den Angreifer zu haben. Sie wusste, wie die Räume angeordnet waren und ...
Er wusste es auch.
Der Einbrecher. Er war der Einbrecher, das stand für sie genauso fest, wie dass Weihnachten im Dezember war.
Er war zurückgekommen. Hatte er es auf sie abgesehen? Der Gedanke ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Plötzlich hatte sie eine Idee. Es war ihre einzige Chance. Es konnte genauso gut schief gehen, dennoch ...
Sie eilte zu dem Tisch beim Sofa, griff nach der Glasschüssel mit den Pfefferminzbonbons und schleuderte sie mit aller Kraft gegen das Fenster. Die Scheibe zerbarst mit lautem Klirren, und im nächsten Augenblick ertönte das schrille Heulen der Alarmanlage.
»Miststück.« '
Es klappte. Es klappte tatsächlich. Die Alarmanlage funktionierte so, wie sie sollte. Jemand ist ins Haus eingedrungen. Wir brauchen Hilfe.
Doch er war immer noch hinter ihr her. Er war nun ebenfalls im Wohnzimmer - sie sah die dunkle drohende Gestalt, die auf sie zugestürmt kam. Trotz des Heulens der Alarmanlage wollte er sie nicht entwischen lassen.
Wenn er sie erwischte, würde er sie töten ...
Sie schrie so laut, dass man es wahrscheinlich bis Atlanta hören konnte, und rannte zum hinteren Wohnzimmer hinüber. Sie durchquerte das Zimmer und stürmte auf den Flur hinaus und weiter zur Küche. Vor der Tür zur Küche blieb sie abrupt stehen.
Sie hätte nicht sagen können, warum sie es wusste - doch sie wusste einfach, dass er ihr nicht auf ihrem Fluchtweg gefolgt war, sondern einen anderen Weg eingeschlagen hatte. Er war da, direkt vor ihr in der dunklen Küche, und wartete auf sie.
Er wartete, dass sie ihm in die Falle ging.
Sie hielt den Atem an. Ihr Herz machte einen Sprung.
Plötzlich hörte sie über dem Heulen der Alarmanlage ein heftiges Pochen. Jemand klopfte an die Haustür, rüttelte am Türknauf und trommelte mit der flachen Hand gegen das Glas.
War das die Rettung in letzter Sekunde?
Carly drehte sich jäh um und rannte wie der Blitz los. Als sie die Haustür erreichte, rang sie nach Atem, und ihr Blut dröhnte so laut in ihren Ohren, dass sie kaum noch etwas anderes hörte, weder das Heulen der Alarmanlage noch das Pochen an der Tür. Und auch niemanden, der hinter ihr her war. Wo war er nur? Bestimmt würde er jeden Augenblick aus der Dunkelheit auftauchen und ihr das rasiermesserscharfe Messer in den Rücken stoßen. Wenige Sekunden vor ihrer Rettung würde sie doch noch sterben.
Schreiend blickte sich Carly um, während sie verzweifelt versuchte, die Tür zu öffnen. Ihre Hände waren feucht vom Schweiß, so dass sie kaum imstande war, den Knauf zu drehen ...
»Carly!« Es war Matt. Sobald sie die Tür aufbekommen hatte, stürmte er herein, und sie warf sich gegen ihn und spürte, wie ihre Beine unter ihr nachzugeben drohten und wie alles um sie herum sich drehte, während sie in seine Arme sank.
»Was ist los? Was ist passiert? Verdammt...« Er stieß mehrere wüste Flüche aus, steckte seine Pistole wieder in das Holster und drückte sie an sich, bevor sie kraftlos zu Boden gesunken wäre.
Er fühlte sich so wunderbar warm und fest und sicher an. Jetzt, da Matt hier war, war alles gut. Sie würde nicht sterben. Sie war in Sicherheit.
»Sandra ... Matt, o Matt, er ist hier im Haus ... in der Küche ... der Einbrecher... Sandra ist oben im Badezimmer ... sie ist verletzt... Oh, Matt. Oh, Matt.« Carlys Beine gaben unter ihr nach.
»Durchsucht das Haus«, stieß Matt rasch hervor, während er sie hochhob, und Carly sah, dass mindestens zwei Männer ihn begleitet hatten. Sie stürmten ins Haus, und einer der Männer schaltete das Licht im Flur ein. Jetzt erst erkannte Carly, dass es Antonio und Mike waren, die mit gezückten Pistolen durch das Haus liefen.
»Sandra ... oben im Badezimmer neben meinem Zimmer. Er hat sie verletzt...«
Diesmal schien Matt mitzubekommen,
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