Vergangene Schatten
erwarten zu können und drehte sich ein Stück seitwärts, um sie leichter von ihrer Hose befreien zu können. Da verlor sie das Gleichgewicht, und er griff nach ihr, um sie festzuhalten, konnte jedoch nicht mehr verhindern, dass sie beide eng umschlungen aus dem Stuhl kippten und auf dem Fußboden landeten.
Sie fiel nicht sonderlich hart, zumal sie direkt auf ihm landete. Dennoch war sie leicht benommen und brauchte einige Sekunden, um wieder ganz bei sich zu sein. Sie hob den Kopf und sah ihn an. Er lag auf dem Rücken und sie mit dem Gesicht nach unten auf ihm. Ihr Kinn war ungefähr auf der Höhe seines Brustbeins. Er sah sie schwer atmend an, machte aber keine Anstalten, dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten.
»Die Hose hat ein Zugband«, murmelte Carly, um ihm die Sache zu erleichtern. Er schien jedoch nicht zu begreifen, was sie meinte - möglicherweise, so dachte sie, war er durch den Sturz noch etwas benommen -, und so griff sie nach unten, um sich die Pyjamahose selbst auszuziehen, getreu dem Motto, dass Taten mehr zählten als Worte. Außerdem erschien ihr die Vorstellung irgendwie aufregend, nackt auf ihm zu liegen, während er noch vollständig angekleidet war. Der Gedanke erregte sie mehr als jede erotische Fantasie, die sie seit Jahren gehabt hatte. Sie würde ...
»Nein, warte«, warf er ein und hielt ihre Hände fest, ehe sie sich ausziehen konnte. Carly sah ihn überrascht an. Seine Augen glühten vor Verlangen. Seine Hände schlössen sich fester um die ihren, und er rollte sich mit ihr zur Seite, so dass sie nicht länger auf ihm lag. Sie landete auf dem Teppich und lag auf der Seite, das Gesicht ihm zugewandt. Er hielt immer noch ihre Hände fest, hatte ansonsten aber keinen direkten Körperkontakt mehr mit ihr.
Carly hatte das seltsame Gefühl, dass das Ganze kein Vorspiel zu einer neuen aufregenden Stellung war.
»Matt?«
Bestürzt sah sie seinen schmerzverzerrten Gesichtsausdruck. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, und er biss die Zähne aufeinander.
»Das können wir nicht tun«, presste er mühsam hervor, doch es schien ihm sehr ernst damit zu sein. »Wir ... können das ... nicht tun.«
Er ließ ihre Hände los und stand auf. Carly war zu verblüfft, um ihn aufzuhalten. Sie setzte sich auf und sah ihn mit großen Augen an.
»Matt...«, sagte sie und blickte verständnislos zu ihm auf. Ihr Blick schien ihn nervös zu machen. Er steckte schließlich die Hände in die Hosentaschen und wich einen Schritt zurück.
»Sieh mal, wir haben diesen Fehler doch schon einmal gemacht«, sagte er und wich mit einem Gesichtsausdruck von ihr zurück, als hätte sie eine ansteckende Krankheit. »Wir werden das nicht noch einmal machen. Wir sind doch Freunde, Curls. Freunde. Das hier ist nichts für uns.«
»Was?« Sie verstand immer noch nicht, was er meinte.
»Verdammt, nach dem letzten Mal, als es passierte, warst du zwölf Jahre sauer auf mich«, stieß er hervor. Er gelangte zur Tür und griff nach dem Knauf. »Du bist mir zu wichtig für so etwas. Es gibt jede Menge Mädchen zum Bumsen, aber du bist meine einzige echte Freundin.«
»Was?« Jetzt endlich verstand sie ihn. Er hatte vor, sie einfach so sitzen zu lassen, dieser niederträchtige, gemeine Schuft.
»Ich will, dass das so bleibt«, sagte er und öffnete die Tür. »Du willst das bestimmt auch, wenn du es nüchtern betrachtest.« Er trat rückwärts auf den dunklen Flur hinaus. »Später«, fügte er hinzu und schloss die Tür.
Einfach so. Zack - und fort war er.
Carly konnte es einfach nicht glauben. Matt war weg und ließ sie hier in diesem dunklen Zimmer allein. Völlig perplex saß sie auf dem hässlichen beigefarbenen Teppich, während ihr Körper immer noch vor Verlangen bebte und ihre Katze unter dem Bett hervorguckte. Sie brauchte mehrere Minuten, um sich wenigstens so weit von dem Schock zu erholen, dass sie wieder einigermaßen wütend werden konnte.
13
Als Carly am nächsten Morgen das Zimmer verließ und die Treppe hinunterging, war sie so wütend wie schon lange nicht mehr. Das Positive war, dass der Vorfall von vergangener Nacht die Albträume, die sie zuvor gehabt hatte, völlig aus ihrem Bewusstsein verdrängt hatte. Weniger gut war allerdings, dass sie in ihrer Wut auf Matt die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte. Nicht gerade förderlich war dabei die Tatsache, dass Hugo nach dem Schock, den er erlitten hatte, all ihre Versuche zu schlafen dadurch zunichte machte, dass er sich auf sie legte und sie
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