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Vergangene Schatten

Titel: Vergangene Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Robards
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mehr ganz so heiß wie tagsüber, und die untergehende Sonne warf l%nge Schatten über das Gras. Vom Maisfeld her kam ein kleines schwarzes Etwas auf das Haus zugeschlichen, verschwand kurz in den Büschen und kam verstohlen wieder hervorgekrochen. Schließlich blieb der Hund mitten auf der Wiese stehen, blickte zum Haus herüber und hob schnüffelnd den Kopf. Der Duft des Abendessens hatte den verdammten Hund offensichtlich aus seinem Versteck gelockt. Wahrscheinlich war er hungrig. Carly erinnerte sich daran, wie dünn er war und wie Mitleid erregend er sie mit seinen dunklen Augen angesehen hatte, nachdem sie die Verandatreppe hinuntergestürzt war. Und dann hatte er ihre Wange geleckt.
    Sie hatte immer noch ihren Teller mit Shrimps in der Hand, der noch fast voll war. Sie war so beschäftigt damit gewesen, nicht auf Matt zu warten, dass sie nicht mehr als ein paar Bissen gegessen hatte. Jetzt konnte sie mit ihrem Abendessen vielleicht doch noch etwas Sinnvolleres anfangen, als es in den Müllschlucker zu werfen.
    »Nur weil er dich gejagt hat, können wir ihn doch nicht verhungern lassen«, sagte sie zu Hugo, der nur verächtlich mit dem Schwanz wedelte. Dann ging sie mit ihrem Teller durch die Hintertür hinaus und trat auf die kleine Veranda.
    Sobald Carly draußen auftauchte, flüchtete sich der Hund unter einen Busch. Von Menschen hielt er offenbar nicht allzu viel. Carly hatte selbst nie einen Hund gehabt, doch im Gegensatz zu Hugo hatte sie grundsätzlich nichts gegen diese Spezies.
    Sie ging die Stufen hinunter und quer durch den Garten zu dem Gebüsch, in dem der Hund verschwunden war. Es war ein Schneeball-Strauch, der höher gewachsen war als sie und voll war mit den typischen tennisballgroßen weißen Blüten. Sie bückte sich und guckte unter den buschigen Strauch. Einen Moment lang dachte sie schon, der Hund hätte das Weite gesucht, ohne dass sie es bemerkt hätte. Dann sah sie ihn, wie er sich gegen den Stamm kauerte und sie mit verängstigten Augen ansah.
    »Hast du Hunger?«, fragte sie ihn mit leiser Stimme. »Ich habe dir etwas Leckeres mitgebracht.«
    Er starrte sie an und kauerte sich noch tiefer hinunter. Carly stellte den Teller auf den Boden. Sie sah, wie der Hund gierig schnüffelte.
    »Komm schon«, sagte sie. Dann erinnerte sie sich an die lächerlichen Laute, mit denen Matt versucht hatte, ihn anzulocken, und machte die gleichen schnalzenden Geräusche mit der Zunge.
    Sie konnte es selbst nicht glauben, aber der Hund kam tatsächlich etwas näher. Sie gab noch mehr von den aufmunternden Lauten von sich, und der Hund kam bis an den Rand des Busches vor. Dann zögerte er und blickte auf den Teller, sichtlich unschlüssig, ob er ihr trauen konnte.
    »Ich tu dir nichts«, sagte sie. »Ich verspreche es dir.«
    Und sie schob den Teller noch etwas näher zu ihm hin.
    Der Hund zögerte noch einen Moment lang und kroch dann ganz unter dem Busch hervor und auf den Teller zu. Er begann sogleich mit einer Gier zu fressen, als hätte er wochenlang nichts mehr bekommen.
    Wie Carly ihm so beim Fressen zusah, zog es ihr das Herz zusammen. Er war so dünn, dass man praktisch jeden Knochen erkennen konnte. Er war ein wenig größer als Hugo, aber nicht viel - doch sie schätzte, dass die Katze bestimmt drei Kilo mehr wog. Hugos edler Stammbaum war auf den ersten Blick zu erkennen; genauso deutlich trat die Herkunft dieses Hundes zutage, die jedoch alles andere als edel war. Man konnte ihn fast hässlich nennen mit seinen Augen und Ohren, die viel zu groß zu sein schienen für dieses kleine herzförmige Gesicht, seinen dünnen Beinen und dem langen unansehnlichen Schwanz. Sein Fell war mattschwarz mit schmutzigweißen Flecken auf der Brust.
    Das Naheliegendste wäre gewesen, den Hund ins Tierheim zu bringen, doch als Carly ihm,so zusah, wie er die Shrimps verschlang, wusste sie sofort, dass sie das nicht übers Herz bringen würde.
    Sie streckte zögernd die Hand aus, um ihn zu streicheln. Der Hund gehörte vermutlich niemandem, sondern streunte schon seit längerem durch die Gegend - also konnte es sein, dass er biss, wenn man ihn streicheln wollte. Als sie ihn berührte, während er noch den leeren Teller ableckte, sah er sie an und hob den Kopf so plötzlich, dass sie erschrocken die Hand zurückzog. Einen Moment lang trafen sich ihre Blicke. Die Augen des Hundes waren groß und dunkel und traurig, so als wüsste er genau, dass diese Welt kein angenehmer Ort war für kleine Hunde, die keiner haben

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