Vergangene Schatten
nicht wollen, brauchen Sie ja nur Ron Graves anzurufen und ihm zu sagen, dass er nicht kommen soll«, warf Antonio laut genug ein, um sich über dem Kreischen des Bohrers verständlich zu machen. »Matt hat aber gemeint, dass Sie sie sicher haben wollen.«
»Wir wollen die Alarmanlage haben«, sagte Sandra, bevor Carly etwas antworten konnte. Untersteh dich, etwas anderes zu sagen, schien Sandras Blick auszudrücken, ehe sie Carly mit sich zog, um mit ihr ins Haus zu gehen.
Es war ja nicht wirklich so, dass Carly die Alarmanlage nicht gewollt hätte, wenngleich man nicht außer Acht lassen durfte, dass sie auch etwas kostete. Aber das Schlimme daran war wieder einmal, dass Matt dahinter steckte. Und sie hatte einfach keine Lust mehr, das zu tun, was Matt wollte oder für sie plante. Diese Zeiten waren endgültig vorbei. Und was sie am allermeisten ärgerte, war die Arroganz, mit der er die Sache in die Wege leitete, ohne auch nur ein Wort zu ihr zu sagen. Das Gleiche galt für die neuen Schlösser. Und dass er seine Stellvertreter beauftragt hatte, ihr zu helfen. Es war ihr Haus, und darum hatte sie und sonst niemand zu entscheiden, was hier passierte und was nicht. Das alles ging Matt nicht das Geringste an - und genau das würde sie ihm auch sehr deutlich sagen, wenn sie ihn das nächste Mal sah. Und wenn das getan war, würde sie vielleicht bereit dafür sein, sich einmal umzusehen, welche netten männlichen Singles es in Benton gab.
Während sie sich von Sandra ins Wohnzimmer führen ließ, blickte Carly kurz in den Spiegel neben der Tür. Sie wollte schon weitergehen, blieb dann aber abrupt stehen und riss sich von Sandra los.
Obwohl sie sich alle erdenkliche Mühe gegeben hatte, mit Hilfe des Föhns und den Wundermitteln der Kosmetikindustrie ihr Haar zu glätten, waren ihre Locken zurückgekommen. So wie fast alles, seit sie wieder in Benton war, hatten offenbar auch ihre Haare beschlossen, die Uhren zurückzudrehen und die Vergangenheit wieder aufleben m lassen.
»Nein«, flüsterte sie entsetzt und starrte ihr Spiegelbild ungläubig an. Auf ihrem Kopf kräuselte es sich so widerspenstig wie eh und je.
»Ah, wir machen dann mal mit dem Abladen weiter«, rief Antonio über dem Surren des Bohrers.
»Das wäre toll«, sagte Sandra entzückt. »Ich komm gleich nach und helfe euch. Ich kümmere mich nur noch schnell um Carly.«
»Lassen Sie sich ruhig Zeit damit«, erwiderte Antonio. »Wir machen das schon.«
Die beiden Sheriff-Stellvertreter gingen durch die Haustür hinaus, an der Barry und Mr. Hindley immer noch arbeiteten. Sobald die beiden Männer draußen waren, packte Sandra Carly am Arm und zog sie mit sich ins Wohnzimmer.
»Sag ja niemandem, dass du diese Alarmanlage nicht brauchst«, stellte Sandra kategorisch fest und sah Carly eindringlich in die Augen. Ihrer letzten Kräfte beraubt, nachdem sie sich gerade im Spiegel gesehen hatte, ließ sich Carly erschöpft auf das Sofa sinken. »Es ist mir egal, was dir dieser Sheriff getan hat, dass du so sauer auf ihn bist, aber ich will diese Alarmanlage unbedingt haben. Du brauchst deine Katze, ich brauche eine Alarmanlage.«
Die Aussicht, dass ihre Meisterköchin doch noch nach Chicago zurückkehren könnte, vernichtete Carlys Entschlossenheit, sich über Matts anmaßende Einmischung in ihr Leben hinwegzusetzen. Sie wusste, Sandra war zu allem fähig, wenn ihr etwas gegen den Strich ging.
»Also gut«, sagte Carly schließlich und sah Sandra finster an, während sie es sich auf dem Sofa einigermaßen bequem zu machen versuchte. Sie hätte eigentlich aus ihrer Kindheit wissen müssen, dass sie auf dem Ding auch dann nicht bequem hätte sitzen können, wenn sie kein lädiertes Steißbein und nicht hundert blaue Flecken gehabt hätte. Das Sofa war mit Rosshaar gefüllt und trotz des prächtigen Samtbezugs hart wie Stein.
»Das will ich hoffen«, sagte Sandra zufrieden und wandte sich mit dem strahlendsten Lächeln Antonio zu, der soeben mit einigen Kisten bepackt hereinkam.
Carly streckte Sandra die Zunge heraus, als diese sich von ihr abgewandt hatte. Dann griff sie instinktiv nach dem Lebenselixier, das ihr schon als Mädchen stets geholfen hatte, wenn es ihr schlecht ging; sie zog ein Pfefferminzbonbon hervor und steckte es in den Mund.
Ungefähr zur Essenszeit waren die Sachen aus dem Lieferwagen ausgeladen. Überall im Haus stapelten sich Kisten und Schachteln aller Art. In den Schränken hing ein guter Teil der Kleider, und in den Badezimmern
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