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Vergangene Zukunft

Vergangene Zukunft

Titel: Vergangene Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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Ordnung?«
    »Mit dem Klassentor war alles in Ordnung, Mammy.«
    »Ist dir klar, daß ich vor Angst halb krank war?« Sie wartete vergeblich auf eine Antwort. »Nun, wir sprechen noch miteinander, junger Mann. Zuerst nimmst du einmal ein Bad, und jedes einzelne Stück deiner Kleidung wird weggeworfen. Mechano!«
    Aber der Mechano hatte bereits ganz richtig reagiert, als er »nimmst du ein Bad« vernommen hatte, und war schon lautlos ins Badezimmer geglitten.
    »Du ziehst deine Schuhe gleich hier aus«, sagte Mrs. Hanshaw. »Und dann marsch ins Bad!«
    Richard gehorchte resignierend. Er wußte, daß jeder Protest vergebens sein würde.
    Mrs. Hanshaw ergriff die schmutzigen Schuhe mit Daumen und Zeigefinger und warf sie in den Abfallkanal, der wie in leiser Bestürzung über die unerwartete Ladung rasselte. Mrs. Hanshaw wischte ihre Hände sorgfältig mit einem Papiertuch ab, das sie dann ebenfalls in den Kanal warf.
    Sie leistete Richard beim Abendessen nicht Gesellschaft, sondern ließ ihn in der Obhut des Mechanos. Und das war schlimmer, als wenn er ganz allein gewesen wäre. Sie dachte, daß er dies als deutliches Zeichen ihrer Mißbilligung auffassen würde. Diese Maßnahme würde ihn zu der Einsicht bringen, daß er Unrecht getan hatte, eindringlicher, als dies Schimpftiraden oder sonstige Strafen vermocht hätten. Denn Richard war ein sehr sensibler Junge, wie sie sich immer wieder einredete.
    Aber sie ging nach oben, um ihm gute Nacht zu sagen.
    Sie lächelte und gab ihrer Stimme einen sanften Klang. Das war wohl das Beste. Er war mehr als genug bestraft worden.
    »Also, was ist heute passiert, Dickie-Boy?« So hatte sie ihn genannt, als er noch ein Baby war, und allein der Klang dieses Namens rührte sie schon beinahe zu Tränen.
    Aber er wandte den Blick ab.
    »Ich will eben einfach nicht mehr durch diese verdammten Tore gehen«, sagte er verstockt.
    »Aber warum denn nicht?«
    Seine Hände krampften sich um das weiße Bettuch (frisch, sauber, antiseptisch – nach Gebrauch wurde es natürlich weggeworfen).
    »Ich mag die Tore eben nicht.«
    »Aber wie stellst du dir denn vor, daß du zur Schule kommst?«
    »Ich werde eben früher aufstehen«, murmelte er.
    »Aber mit den Toren ist doch alles in Ordnung.«
    »Ich mag sie nicht.« Er blickte sie nicht an.
    »Nun ja, jetzt wirst du erst einmal gut schlafen, und morgen sieht alles ganz anders aus.«
    Sie küßte ihn und verließ den Raum. Dabei strich ihre
    Hand automatisch durch den Photozellen-Strahl, und Richards Schlafzimmer verdunkelte sich.
    Sie konnte in der Nacht nicht einschlafen. Warum konnte Dickie plötzlich die Tore nicht leiden? Sie hatten ihn doch bisher nie gestört. Sicher, das Tor hatte heute morgen nicht funktioniert, aber deshalb müßte er es jetzt, wo es wieder in Ordnung war, doch um so mehr schätzen.
    Dickie benahm sich richtig unvernünftig.
    Unvernüftig? Das erinnerte sie an Mrs. Robbins und ihre Diagnose, und Mrs. Hanshaws Mundwinkel begannen in der Zurückgezogenheit ihres dunklen Schlafzimmers unkontrolliert zu zittern. Unsinn! Der Junge hatte sich eben etwas aufgeregt, und ein ruhiger, gesunder Schlaf war sicher die einzige Therapie, die er brauchte.
    Aber als sie am nächsten Morgen aufstand, hatte ihr Sohn das Haus bereits verlassen. Der Mechano konnte nicht sprechen, aber er konnte auf Fragen durch Zeichen seiner Metallhände antworten, die »ja« oder »nein« bedeuten. Nach einer halben Minute hatte sich Mrs. Hanshaw vergewissert, daß Richard dreißig Minuten früher als gewöhnlich aufgestanden war, auf das Duschen verzichtet hatte und aus dem Haus geeilt war.
    Aber nicht durch das Tor.
    Sondern auf dem anderen Weg, durch die kleine handbetriebene Tür in der Hauswand.
     
    Um drei Uhr nachmittags läutete Mrs. Hanshaws Visiphon. Mrs. Hanshaw ahnte, wer sie anrief, und als sie den Hörer abhob, stellte sie fest, daß ihre Ahnung sie nicht getrogen hatte. Ein rascher Blick in den Spiegel überzeugte sie, daß man ihr die langen Stunden des Grübelns und der Sorge nicht anmerkte. Dann schaltete sie ihr eigenes Übertragungsgerät ein.
    »Ja, bitte, Miß Robbins«, sagte sie kalt.
    Richards Lehrerin war etwas außer Atem.
    »Mrs. Hanshaw«, sagte sie. »Richard hat die Klasse durch den Notausgang verlassen, obwohl ich ihm ausdrücklich sagte, er solle das reguläre Klassentor benutzen. Ich weiß nicht, wohin er gegangen ist.«
    »Er wird nach Hause kommen«, sagte Mrs. Hanshaw fest.
    Miß Robbins blickte sie bestürzt

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