Vergangene Zukunft
Böden und Wände. Lamorak zog an einem Hebel, und die Lichter gingen an.
Bei jedem Schritt zog er die Lehrbücher zu Rate, obwohl er sie auswendig gelernt hatte. Und mit jedem Schritt wurden die Räume heller, bewegten sich die Skalenzeiger auf den Schalttafeln emsiger, schwoll das Summen der Maschinen lauter an.
Und irgendwo tief unten wurden die angesammelten Exkremente in die richtigen Kanäle geleitet.
Ein schrilles Signal ertönte und riß Lamorak aus seiner tiefen Konzentration. Das Signal bedeutete, daß jemand mit ihm in Verbindung treten wollte, und Lamorak schaltete mit umständlichen Bewegungen das Empfangsgerät ein.
Ragusniks aufgeregtes Gesicht erschien. Nur langsam schwand das ungläubige Entsetzen aus seinen Augen.
»So ist das also.«
»Ich bin kein Elseveraner, Ragusnik. Mir macht es nichts aus, das zu tun.«
»Und was geht das Sie an? Warum mischen Sie sich ein?«
»Ich stehe auf Ihrer Seite, Ragusnik. Aber ich kann nicht anders handeln.«
»Und warum nicht? Sie sagten doch, sie stünden auf meiner Seite. Werden auch auf Ihrer Welt Menschen so behandelt, wie die Elseveraner mich behandeln?«
»Jetzt nicht mehr. Aber wenn Sie auch recht haben, ich muß das Leben von dreißigtausend Elseveranern retten.«
»Sie hätten nachgegeben. Und jetzt haben Sie meine einzige Chance zunichte gemacht.«
»Sie hätten nicht nachgegeben. Und in gewisser Weise haben Sie gewonnen, Ragusnik. Die Elseveraner wissen jetzt, daß Sie unzufrieden sind. Bis jetzt haben sie sich nie träumen lassen, daß ein Ragusnik unglücklich sein könnte, daß er jemals Schwierigkeiten machen würde.«
»Und was habe ich davon, daß sie es jetzt wissen? Jetzt können Sie jederzeit einen Fremden von irgendeiner anderen Welt engagieren, um an meine Stelle zu treten.«
Lamorak schüttelte heftig den Kopf. Auch diese Möglichkeit hatte er in diesen letzten bitteren Stunden durchdacht.
»Die Tatsache, daß die Elseveraner nun Ihre Wünsche kennen, bedeutet auch, daß sie über Sie nachdenken werden. Manche werden sich zu fragen beginnen, ob es richtig ist, einen Menschen so zu behandeln. Und wenn Fremde eingestellt werden, um Ihren Platz einzunehmen, werden sie sehen, was auf Elsevere vor sich geht, und sie werden es in der ganzen Galaxis verbreiten. Die öffentliche Meinung der Galaxis wird Ihre Partei ergreifen.«
»Und?«
»Ihre Situation wird sich bessern. Ihr Sohn wird viel bessere Zeiten erleben.«
»Mein Sohn …« Ragusniks Kinn sank herab. »Und dabei hätte ich jetzt schon ein besseres Leben führen können. Nun, ich habe verloren. Ich werde wieder an die Arbeit gehen.«
Lamorak fühlte, wie ihn eine beinahe überwältigende Erleichterung durchströmte.
»Kommen Sie, Sir«, sagte er, »und übernehmen Sie die Arbeit. Und es wird mir eine Ehre sein, wenn ich Ihre Hand schütteln darf.«
Ragusnik warf den Kopf zurück, und seine Augen glühten in düsterem Stolz.
»Sie nennen mich ›Sir‹, und Sie wollen mir die Hand schütteln … Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten, Erdenmann, und lassen Sie mich meine Arbeit tun. Denn ich werde Ihre Hand nicht schütteln.«
Lamorak ging den Weg zurück, den er gekommen war. Erleichtert atmete er auf, weil die kritische Situation bereinigt war, und doch fühlte er sich gleichzeitig tief deprimiert.
Erstaunt blieb er stehen, als er einen Teil des Korridors versperrt fand. Er blickte sich um und suchte nach einem anderen Ausgang. Erschrocken fuhr er auf, als über seinem Kopf eine laute Stimme ertönte.
»Können Sie mich hören, Dr. Lamorak? Hier ist Regierungsrat Blei.«
Lamorak blickte auf. Die Stimme mußte aus einem Lautsprecher kommen. Nirgends war eine Öffnung zu sehen.
»Ist etwas schiefgegangen? Können Sie mich hören?«
»Ich höre Sie.«
»Ist etwas nicht in Ordnung?« schrie Lamorak. »Hier ist der Weg versperrt! Gibt es Komplikationen mit Ragusnik?«
»Ragusnik hat seine Arbeit wieder aufgenommen«, sagte Bleis Stimme. »Die Krisensituation ist vorüber, und Sie müssen uns jetzt verlassen.«
»Verlassen?«
»Sie müssen Elsevere verlassen. Ein Schiff wird für Sie bereitgestellt.«
»Aber so warten Sie doch …« Lamorak runzelte verwirrt die Stirn. »Ich habe meine Forschungen doch noch nicht beendet.«
»Das spielt keine Rolle. Sie werden in das Schiff geführt, und Ihr Eigentum wird Ihnen durch unseren Servo-Mechanismus nachgesandt werden. Wir hoffen – wir hoffen …«
Lamorak begann zu begreifen.
»Was hoffen
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