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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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drehte. »Hier sieht alles so schön aus, weil ich einen Gärtner habe kommen lassen. Einer meiner Nachbarn hat die Zimmerpflanzen gewässert. Dennoch wird es wohl ein wenig muffig ...«
    Weiter kam Molly nicht. Sobald sie den kleinen Flur betreten hatten, schlug ihnen der Gestank entgegen.
    »Mama, das sieht nicht gut aus«, meinte Emma und trat einen Schritt zurück. »Das riecht, als ob überall verfaultes Essen herumliegen würde. Es riecht wie in Ramseys Haus, als wir dort gewesen sind.«
    Ramsey fing Emma ab, als sie wieder aus der Haustür treten wollte. »Stell dich hinter mich, Emma. Ja, genau so. Deine Mutter und ich werden nachsehen, was hier los ist. Du bleibst hier stehen.«
    »O nein.« Mollys buntes und ehemals sehr gemütliches Wohnzimmer, das sich zum Esszimmer hin öffnete, war mit dicken Seidenkissen bestückt. An den Wänden hingen gerahmte Aquarelle und Fotografien, darunter standen in bunten Farben restaurierte Möbel. Alles war zerstört. Sogar den Efeu hatten sie aus dem Topf gerissen und auf dem Holzboden zerschmettert.
    »Lass uns nachsehen, ob eure Kleidung noch da ist. Wir packen, nehmen die Pässe, wenn sie noch da sein sollten, und dann nichts wie weg. Die Polizei können wir vom Hotel aus informieren.«
    »Ich will noch meine Nachbarn und einen Reinigungsdienst anrufen. Wer hat das getan und warum? Wird das denn alles niemals mehr aufhören?«
    »Das wird es. Das hat es schon. Das hier ist bereits vor ein paar Tagen geschehen.«
    Anderthalb Stunden später begrüßten sie in ihrer Suite im neunten Stockwerk des Brown Palace Hotels die Polizei. Die Suite war riesig, doch die Zimmer waren zu warm. Ramsey hatte alle Fenster geöffnet und sich bei der Rezeption über die defekte Luftkühlung beschwert. Endlich kühlte es ein bisschen ab. Emma saß auf einem der beiden Sofas und sah sich im Fernsehen einen Zeichentrickfilm an. Ramsey, Molly und Detektiv Mecklin von der Polizei in Denver saßen um einen runden Tisch am anderen Ende des Wohnzimmers. Kaffee und Kekse standen auf dem Tisch.
    Detektiv Mecklin kaute an einem Haferflockenkeks aus der Küche des Brown Palace.
    »Wie bereits gesagt, hat eine Nachbarin meine Zimmerpflanzen gegossen«, erzählte Molly. »Vor drei Tagen war noch alles in Ordnung. Sie werden doch mit ihr sprechen wollen?«
    »Selbstverständlich. Aber ich bezweifle, dass sie etwas gesehen hat, sonst hätten wir schon längst einen Anruf erhalten. Wer auch immer es getan hat, hat ganz schön Traute. Wir sind erst vor fünf Tagen hier abgezogen.«
    Es klingelte an der Tür.
    Der Mann in Detektiv Mecklins Begleitung stand auf, um zu öffnen. Mit ernstem Blick auf seinen jungen Zügen trat er zurück in die Suite. Hinter ihm stand der Sonderagent des FBI, Agent Anchor. Er trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und einen schmalen dunklen Schlips zum hochgestellten Hemdkragen.
    Molly hätte am liebsten laut gestöhnt. Mecklin allein reichte ihr schon. Und jetzt auch noch alle beide?
    »Guten Tag, Frau Santera. Ich erwäge immer noch, Sie verhaften zu lassen.«
    »Wie freundlich von Ihnen, Agent Anchor«, erwiderte Molly. Sie spürte, wie sich ihre Anspannung in Wut verwandelte. Das fühlte sich gut an, diese Welle der Wut. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und lächelte ihn an. Ihr war bewusst, dass sie ihren Vater das Gleiche hatte tun sehen. Damals hätte sie diesen Typen am liebsten aufgespießt, als er nach Emmas Entführung zu ihr nach Hause gekommen war. Er war arrogant und anmaßend. »Haben Sie bereits die Anklage formuliert? Wollen Sie mir vorwerfen, dass ich meine Tochter einem Entführer entreißen wollte? Oder dass ich geflohen bin, weil ich um mein Leben fürchtete? Oder wollte ich ganz einfach nur mein Kind von inkompetenten Menschen fern halten? Aber nicht doch, jetzt fällt es mir wieder ein. Sie werden mich festnehmen, weil ich an Ihrer Stelle Ihre Arbeit erledigt habe.«
    Damit hatte sie seinen wunden Punkt getroffen. Er lief rot an, die Hände verkrampften sich neben seinem Körper. Er schien kurz davor zu explodieren. Sie genoss es. »Oder wollen Sie mich verhaften, weil ich mein eigenes Haus verwüstet habe?«
    Agent Anchor zwang sich zur Beherrschung. Er bekam sogar ein schmales Lächeln zu Stande. Ramsey war überrascht und zuversichtlich. Vielleicht würde dieser Mann aufhören, sich wie ein Dummkopf zu benehmen. Höflich brachte Agent Anchor heraus: »Ihre Einstellung ist der Sache nicht zuträglich, Frau Santera.« Dann blickte er Ramsey mit

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