Vergeben, nicht vergessen
vorsichtig auf die Gabel zurück. Es war ein altmodischer schwarzer Apparat, den sich Miles eigens für seine Küche ausgesucht hatte. Das hatte er Ramsey eines Morgens beim Zubereiten der Pfannkuchen für das Frühstück erzählt.
Ramsey drehte sich langsam um und sah Miles an der Kücheninsel Sellerie schneiden. Ein bereits zerkleinerter roter Apfel bildete ein buntes Häufchen. Grüne, halbierte Trauben lagen auf einem anderen Häufchen. »Ich bereite Waldorfsalat zu«, bemerkte Miles sehr dezidiert.
»Wussten Sie, dass dies passieren würde, Miles?«
»Sie wissen, dass ich Ihnen nichts sagen kann, Ramsey. Aber gehen Sie, Sir, das rate ich Ihnen. Nehmen Sie Molly und Emma und gehen Sie. Da dieser Shaker hinter dem Ganzen steckt, sind Sie jetzt nach Loueys Tod sicher. Gehen Sie einfach.«
»Es sei denn, Shaker plant nun seine eigene Rache. Es sei denn, die Sache könnte eskalieren. Sollte das seine Ansicht sein, dann geht es uns an den Kragen.«
Miles schüttelte den Kopf. »Nein, so wird nicht gespielt. Die Sache ist gegessen. Einen Spieler umgehauen, einen Gegenspieler umgehauen, jetzt ist alles wieder ausgeglichen. Das sind die Regeln. Keiner bricht diese Regeln.«
Ramseys Entsetzen war nicht mehr zu bremsen. Er ließ die Faust auf den Tisch niedersausen. »Das ist einfach widerlich, und Sie wissen es.«
Miles zuckte mit den Schultern. »Niemand wird Louey Santera vermissen. Und keiner wird Rule Shakers Tochter vermissen. Lassen Sie die Finger davon, Ramsey. Nehmen Sie Molly und Emma hier raus.«
Ramseys Kinnlade war vor Anspannung verkantet. Er verließ die Küche. Als er das Esszimmer betrat, blickte er lediglich Molly an. »Kommst du kurz zu mir nach oben?«
»Ja, natürlich.«
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass Emma auch dort saß.
Sie hatte ein Stück Quiche auf der Gabel und starrte ihn an. Ramsey beruhigte sich. »Em, tust du mir einen Gefallen?«
Sie wollte ihm Fragen stellen, so viel war ihm klar, doch er schüttelte den Kopf. »Kommst du mit deiner Mutter und mir nach oben?«
Wenig später hatten sie Emma mit einem Kinderbuch über Viehzucht in ihr Zimmer gesetzt. Allen war klar, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelte, insbesondere Emma war das klar. Dann standen Molly und Ramsey allein in seinem Schlafzimmer.
Er kam sofort zur Sache. »Ich sehe keinen Grund mehr zu bleiben, wie steht es mit dir?«
»Nicht den geringsten«, erwiderte Molly, zog sich einen silbernen Ring vom kleinen Finger und steckte ihn wieder auf. »Er ist ein Ungeheuer, Ramsey. Mein Vater hat eben gerade eine dreiundzwanzigjährige Frau in die Luft gejagt.«
»Das ist die Liga, bei der er mitspielt, Molly. Die Presse wird schon bald wieder hier sein, falls sie sich nicht jetzt schon vor dem Tor versammelt hat. Lass uns heute nach Denver zu dir nach Hause fliegen. Emma und du könnt die Sachen für Irland zusammenpacken, dann fliegen wir weiter nach San Francisco. Einverstanden?«
Molly sagte mehr zu sich selbst als an ihn gerichtet: »Irland muss wunderschön sein. Ich habe Bilder gesehen.« Dann bemerkte er das Leuchten in ihren Augen. »Ich könnte wieder zu arbeiten anfangen und meine Kameras mitnehmen.«
Jetzt wurde ihm klar, dass es für Molly genau wie für ihn ein neuer Anfang sein würde. »Nimm alles mit, was du brauchst. Wirst du ein Bild von Emma und mir machen?«
»Du glaubst nicht, dass die Presse uns folgen wird?«
»Ich bezweifle, dass wir interessant genug sind.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt.«
»Also gut, dann müssen wir sie überlisten. Wir müssen bereits weg sein, bevor sie uns die Mikrofone entgegenstrecken. Übrigens, was ist eigentlich mit Emmas Dalmatiner?«
»Dalmatiner? Emma hat keinen Hund.«
»Sie hat mir ein Bild von ihrem Hund gemalt.«
»Das wird Scooter gewesen sein. Das ist der Dalmatiner unseres Nachbarn, und Emma liebt den Hund.«
»Ihr geht also«, sagte Mason Lord, ohne dass Bedauern oder Überraschung in seiner Stimme mitgeschwungen hätte. »Miles sagte mir, ihr hättet ein Taxi bestellt.« Er lächelte. »Ich kann gut verstehen, warum ihr nicht einen meiner Wagen oder einen meiner Fahrer nehmen wollt.«
Es war ein Witz, von dem Ramsey hoffte, dass Emma ihn nicht verstand. Beruflich hatte er mit Leuten vom Schlag Mason Lord zu tun gehabt. Sie gehörten zu jenen Menschen, für die ein geplanter Mord lediglich einen weiteren Zug auf einem Schachbrett bedeutete. »Ja«, erwiderte Ramsey, »wir gehen. Molly möchte nach Denver zurückkehren.« Er wollte
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