Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
leben.«
    Sie grinste ihn an. »Eve haut einen wirklich um, nicht wahr?«
    »Stimmt. Immer wenn ich sie ansah, hätte ich schwören können, dass sie deinen Vater nur seines Geldes und Einflusses wegen geheiratet hat. Aber dann gab es Momente, wo ich hätte schwören können, dass etwas ganz anderes mit im Spiel war.«
    »Mein Vater behandelt sie wie Dreck.«
    »Stimmt, das Problem hat er Frauen gegenüber. Aber andererseits habe ich es irgendwie im Gefühl, dass sich die Dinge ändern werden.« Er sah zu Emma hinüber. Sie hatte mit den anderen Kindern zusammen begonnen, einen Drachen steigen zu lassen. Der Vater war ihnen dabei behilflich. Ramsey lächelte. Emma wusste ganz genau, was sie zu tun hatte. Molly hatte es ihr beigebracht und ihre Sache sehr gut gemacht. Plötzlich hatte er sie wieder vor Augen, wie sie ihren Drachen auf der Wiese vor der Hütte hatte steigen lassen. Dann waren die bewaffneten Männer aufgetaucht. Es schien alles eine Ewigkeit her zu sein, als er noch ein ganz anderer Ramsey Hunt war. Er schüttelte sich. »Lass uns wieder zu uns zurückkehren, Molly. Keiner von uns beiden kann seine Familie ändern. Wir werden auch so klarkommen.«
    »Erzähl mir von deiner Familie.«
    »Mein Vater ist Zahnarzt. Wenn ihr euch kennen lernt, wird er als Allererstes dein Gebiss mustern, so wie es auch bei Pferden üblich ist. Angesichts deiner gleichmäßigen Zähne wird er sich auf der Stelle in dich verlieben. In der Hinsicht ist mein Vater wirklich unkompliziert. Zeigt man ihm ein paar schöne Zähne, gerät er in Verzücken.
    Meine Mutter ist eine pensionierte Lehrerin, Geschichte in der Oberstufe. Ich erinnere mich, dass sie geweint hat, als ich Jura studieren wollte. Sie hält einfach alle Juristen für abscheulich. Sie hat mir erst verziehen, als ich ihr sagte, ich wolle auf der Seite der Guten stehen. Den Job im Justizministerium hat sie gutgeheißen. Und sie erzählt mir immer noch alle Witze über Juristen.«
    »Und wie war es, als du später Verteidiger geworden bist?«
    Er zog den Kopf ein. »Das waren nur anderthalb Jahre. Ich habe es gehasst.«
    »Und?«
    »Ich habe es ihr nicht erzählt. Seit ich als Richter arbeite, behandelt sie mich, als ob ich am Obersten Gerichtshof arbeiten würde, und stellt mir alle möglichen Fragen über San-dra Day O’Connor und Ruth Bader Ginsburg, denen ich beiden einmal begegnet bin, aber mehr auch nicht. Sie ist richtig nett, meine Mutter. Und sie sieht Eve kein bisschen ähnlich. Ich habe auch noch zwei ältere Brüder. Einer hat bei der Armee Karriere gemacht, Drei-Sterne-General, drei Kinder. Der andere, Tony, schreibt politische Reden. Tony ist ein netter Kerl, lebt in Washington, nette Frau, zwei Kinder. Keiner der beiden nimmt Drogen oder ist im Gefängnis.«
    Er warf Emma in genau demselben Moment einen Blick zu wie Molly. Sie sahen sich an und lächelten.
    »Nach Emma zu sehen wird wohl eine lebenslange Angewohnheit bleiben«, meinte Molly. »Ich werde immer meine Antenne auf Bereitschaft haben, auch wenn sie schon erwachsen geworden ist.«
    »Möchtest du noch mehr Kinder haben, Molly?«
    »Vielleicht. Zwei wären schön, vielleicht auch drei. Ich mag Kinder.«
    Ihm fiel auf, dass er die Luft angehalten hatte. Er atmete aus und lächelte. »Genau die Zahl, die mir auch im Kopf herumschwirrte. Ich bin jetzt vierunddreißig. Das ist ziemlich jung, um bereits zum Richter ernannt zu werden. Aber meine biologische Uhr läuft schnell ab. Wie ich gehört habe, ist es für einen Mann über vierzig nicht empfehlenswert, noch Kinder zu bekommen. Die Risiken sind einfach zu hoch.«
    Sie knuffte ihn gegen das Bein. »Willst du damit sagen, dass du zu fett und erschöpft sein wirst, um mit ihnen mithalten zu können?«
    Er beugte sich zu ihr hinüber, nahm ihr Kinn in die Hand und küsste sie auf den Mund. Dann zog er sich zurück und musterte ihr Gesicht. »Außerdem hast du wunderschöne Augen. Zur Zeit haben sie einen etwas unbestimmten Ausdruck, und das gefällt mir.«
    Sie hörten Applaus. Beide fuhren herum und sahen Emma von den Klippen wegrennen, ihren Kobolddrachen hoch in der Luft. Sie ließ die Leine perfekt abspulen, so wie es ihr
    Molly beigebracht hatte. Sie lachte, und der Wind fuhr ihr gerade in dem Augenblick ins Haar, als die feuerrote Sonne kurz über dem Wasserspiegel schwebte, bevor sie ganz hinter dem Horizont versank.
    Er blickte erst Molly an, dann Emma. Sein Gesichtsausdruck war zärtlich, voll stiller Freude. Ohne sie anzusehen, sagte

Weitere Kostenlose Bücher