Vergeben, nicht vergessen
rief.
Plötzlich waren noch zwei Männer im Wasser, die beide nach der Pistole griffen. Als sich noch ein weiterer Schuss löste, hätte niemand sagen können, von wem er kam und wer abgedrückt hatte.
Sie wussten nur alle lediglich, dass ein bewusstloser Mann mit dem Gesicht nach unten auf dem Wasser lag und rot gefärbtes Wasser sich um seinen Körper ausbreitete.
Ramsey sagte, an die beiden Männer gewandt: »Wirklich höchste Zeit, dass Sie hier auftauchen. Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben.«
Kommissar McPherson von der Monterey-Polizei erschien in seinem Gesichtsfeld und sagte leise: »Machen Sie sich keine Sorgen, Richter Hunt. Sie sind in Monterey. Sie sind in einem Krankenhauszimmer. Der Arzt und die Schwester haben das Zimmer verlassen, bevor Sie aufgewacht sind. Sie werden durchkommen, keine Frage. Ich bin nur deshalb hier, weil Sie vielleicht wissen wollen, wie es um Dickerson steht. Er ist immer noch im Operationssaal. Die Ärzte wissen nicht, ob er es schaffen wird. Die Kugel hat ihn mitten in die Brust getroffen. Es ist noch zu früh, um Genaueres zu sagen.«
»Ich wünschte, sie würden den Mistkerl sterben lassen«, erwiderte Ramsey. Er konnte weder seine rechte Schulter noch seinen rechten Arm bewegen. Er blickte auf die weiße Schlinge herunter. Jetzt erinnerte er sich daran, wie sie ihn zum Operationssaal gerollt hatten, Seite an Seite mit Dickerson. Molly und Emma waren neben ihm gewesen, beide blass und schweigend. Er erinnerte sich, wie Emmas kleine Finger sanft seinen Unterarm gestreichelt hatten. Molly hatte seine Hand festgehalten, als ob ihr Leben davon abhinge. Er konnte sich nur mühsam daran erinnern, wie er auf der Wachstation aufgewacht war. Man hatte ihn gerade in ein Einzelzimmer geschoben, und er war jetzt mit dem Polizisten alleine.
»Ja«, fuhr Kommissar McPherson fort. »Ich hoffe, er hört zu atmen auf. Dem Steuerzahler würde das eine Menge Geld sparen. Aber immerhin werden Sie wieder gesund werden, Richter Hunt.«
»Wissen Sie, was man mit mir angestellt hat?«
»Der Chirurg hat mit Ihnen auf der Wachstation gesprochen. Können Sie sich nicht daran erinnern?«
»Nein, nur daran, dass eine Stimme einfach nicht aufhören wollte zu reden. Wissen Sie Genaueres?«
»Man hat Sie zwei Stunden lang operiert. Als der Chirurg wieder herauskam, meinte er, Sie hätten Glück gehabt. Die Kugel hat Ihre Brust durchschlagen, und zwar dort, wo Sie nichts außer Muskeln, Haut und Fett besitzen. Es sei deshalb so schmerzhaft gewesen, weil die Kugel auch Ihr Schlüsselbein und eine Rippe verletzt habe. Es sei jedoch kein schlimmer Schaden entstanden, obwohl es eine Weile dauern wird, bis alles wieder völlig verheilt ist. In etwa vier Monaten sollten Sie wieder in der Lage sein, im Gerichtssaal irgendwelchen Schurken die Leviten zu lesen. Außerdem hat er seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass nichts Wichtiges beschädigt worden ist. Er wolle nämlich keine Komplikationen mit dem berühmten Bundesrichter. Über diesen Witz hat er richtig laut gelacht.«
Ramsey wusste nicht, was er sagen sollte. Sein Gehirn schien sich ständig an- und wieder abzuschalten. Zumindest fühlte er sich angenehm betäubt, und zwar in jeder Hinsicht. Er wünschte sich nur, Dickerson wäre gestorben. Nach all dem, was der Mistkerl angerichtet hatte, war das doch wirklich nicht zu viel verlangt. Wenn er überleben und man ihn wegen Entführung und versuchtem Mord verurteilen würde, würde er irgendwann freikommen. Emma wäre immer noch nicht sicher.
Womöglich übertrieb er ein wenig. Natürlich würde sie sicher sein. Wenn Dickerson jemals wieder aus dem Gefängnis entlassen werden würde, wäre Emma bereits erwachsen. Sie wäre vor Tätern wie Dickerson ganz einfach dadurch geschützt, dass sie nach und nach immer älter wurde.
»Richter Hunt? Können Sie mich hören? Soll ich einen Arzt rufen?«
Ramsey hatte nicht gemerkt, dass sein Kopf auf die angenehm weichen Kissen zurückgesackt war. Er schlug die Augen auf, sah den besorgten McPherson und wusste, dass dieser etwas gesagt hatte. Er fühlte das Vibrieren seiner Stimme, die Freundlichkeit, die Besorgnis, doch das meiste hatte er nicht verstanden. Mit Mühe brachte Ramsey hervor: »Es geht mir gut. Ich wusste gar nicht, dass es in Krankenhäusern derart bequeme Kissen gibt.«
»Die Kissen sind nicht vom Krankenhaus«, erwiderte McPherson. »Sie sind von Frau Hunt, die sich gerade zusammen mit Ihrer Tochter umzieht. Eigentlich sind
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