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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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zusammenbrechen sollen. Noch bevor Ramsey ihn fassen konnte, hatte er sich hochgezogen. Ramsey packte seinen Fuß.
    »Lass mich los! Sie gehört mir, hörst du? Ich muss sie haben, sie ist alles, was ich besitze. Ohne sie kann ich nicht leben. Was ich bin, ist viel wichtiger als das, was sie jemals sein könnte. Ich brauche sie!«
    Ramsey zog so kräftig er konnte an Dickersons Fuß, als Dickerson abdrückte. Ramsey fühlte die Hitze der Kugel, die an seinem linken Ohr vorbeizischte.
    Eine Sekunde später ertönte noch ein Schuss. Es fühlte sich wie ein kräftiger Schlag gegen seine Schulter an. Er fiel zurück und hätte fast den Zugriff auf Dickersons Fuß verloren. Er fühlte keinerlei Schmerz, nur eine betäubende Kälte. Diese Taubheit jedoch war anders, kälter noch als das Wasser. Sie breitete sich in seiner Brust aus, dann seinen Arm hinunter, bis dieser schlaff herabfiel. Er konnte den verdammten Arm nicht mehr bewegen. Er hörte erst Mollys, dann Emmas Stimme. Er hörte jemanden schreien: »Er blutet! Der Mann ist angeschossen worden!«
    Dickerson gelang es, seinen Fuß zu befreien. Er trat Ramsey heftig gegen die verletzte Schulter. Schmerz durchzuckte ihn, und er fiel ins Wasser zurück.
    Dann sah er, als ob er die Szene aus großer Entfernung betrachtete, Mollys blasses Gesicht, sah, wie sie ihren in einem Turnschuh steckenden Fuß in Dickersons Gesicht rammte, als dieser das obere Ende der Leiter erreicht hatte. Die Wucht ihres Trittes stieß Dickerson zurück. Er strauchelte panisch und versuchte sich an der Leiter festzuhalten. Doch das alte, verfaulte Holz gab nach, jede Stufe zerbarst, als sein Gewicht darauf lastete. Dickerson fiel direkt neben ihm ins Wasser zurück, schlug wild um sich, schluckte Wasser und versuchte die Sprossen zu ergattern, die jetzt wie betrunken herabhingen. Diesmal packte ihn Ramsey am Genick und hatte nicht die Absicht, ihn jemals wieder loszulassen. Dickerson schwenkte die Pistole herum, schrie, Wasser füllte seinen Mund, er schrie immer noch, jetzt mehr ein Gurgeln. Ramsey spürte, wie Dickersons Kräfte nachließen. Es war jetzt nur noch eine Frage der Zeit, wer von ihnen beiden länger durchhalten konnte.
    Ramsey fühlte einen schrecklichen Schmerz in seiner Schulter und die Nutzlosigkeit seines Arms. Er bebte vor Schmerz und fühlte sich wie betäubt und schwindelig. Doch er ließ Dickerson nicht los, sondern drückte noch fester zu. Dickerson wand sich heftig und versuchte, die Pistole auf ihn zu richten. Ramsey versuchte seinen verletzten Arm zu heben, doch der hing einfach nur blutend und schlaff herab. Sein Hemd klebte an der Wunde, was so schmerzhaft war, dass er die Zähne zusammenbeißen musste. Er drückte, so kräftig er nur konnte. Warum ging Dickerson nicht unter? Es war die Kraft der Wellen, die das verhinderte. Er konnte nicht genügend Hebelkraft entwickeln. Die Pistole wedelte heftig um sie herum.
    Es erschien ihm kein bisschen seltsam, als er Molly von der Kaimauer ins Wasser neben ihn springen sah. Einen Augenblick später glaubte er vor Angst zu sterben. Er sah, wie sie erst Dickersons Arm und dann sein Handgelenk packte und mit aller Kraft daran zerrte.
    Dickerson schrie und brüllte, aber vergebens. Molly hatte jetzt die Pistole. Er sah ihr aschfahles Gesicht, die rasende Wut in ihren Augen, sah, wie sie die Pistole Dickerson keine dreißig Zentimeter entfernt vor das Gesicht hielt. Sie würde ihn umbringen. In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass er unter keinen Umständen wollte, dass Molly einen anderen Menschen umbrachte.
    »Schieß nicht, Molly, du könntest mich damit treffen. Ich habe ihn am Genick, siehst du? Ich habe ihn. Er kann nirgendwohin entkommen. Die Sache ist vorbei. Bitte schieß nicht.«
    Sie blinzelte, die rasende Wut versiegte. Dickerson keuchte und rammte seinen Ellenbogen in Ramseys Magen. Die tosenden Wellen schlugen plötzlich wieder zurück und überspülten sie. Das verlieh Dickerson wieder mehr Kraft und verringerte den Zugriff seines Arms. Ramseys Griff lockerte sich, und Dickerson riss sich los. Er grabschte nach der Pistole in Mollys Hand.
    Ein Schuss ertönte und zischte beinahe vollkommen senkrecht nach oben. Molly rang nach Atem und wand sich, aber er war immer noch auf ihr. Mit seiner verbleibenden Kraft preschte Ramsey vor, um ihr zu Hilfe zu kommen. Was für ein Idiot er doch gewesen war, das Leben des Mannes zu retten. Er war ein Idiot und nicht mehr Herr des Geschehens. Er hörte, wie Emma seinen Namen

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