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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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keine.«
    »Natürlich haben Sie das. Sie dürfen mich nicht umbringen. Ich habe sie nicht entführt. Ich habe sie gerettet.«
    »Halt das Maul! Nein, ich werde es nicht zulassen, dass Sie sich in unserem Schatten aufhalten und später vielleicht wieder unsere Leben bedrohen. Ich werde es tun. Ich weiß, dass ich es tun kann. Du bist bösartig, ein Ungeheuer. O mein Gott, du hast sie missbraucht, nicht wahr? Ich habe gebetet und gebetet, dass der Entführer sie nicht missbraucht, aber du hast es getan, nicht wahr? Du verdienst es nicht zu leben. Em, komm jetzt hierher. Was ist denn nur mit dir? Komm her, dass ich dich beschützen kann.« Sie zielte mit der Pistole direkt auf seine Brust.
    Plötzlich warf sich das Kind vor ihn, ihre kleinen Hände umklammerten seine Knie. Sie schrie: »Nein, Mama, es ist doch Ramsey! Er hat mich gerettet. Tu ihm nichts an!«
    Beide erstarrten. Beide sahen einander in die Augen.
    Sie kam ihm mit dem Sprechen zuvor. »Em, du weißt doch, dass er dich entführt hat. Er benutzt dich, er ...«
    »Nein, ich habe sie nicht entführt. Ich habe sie nicht missbraucht. Aber ich sage Ihnen, dies ist das erste Mal, dass sie spricht, seit ich sie vor mehr als einer Woche im Wald gefunden habe.« Langsam ging er in die Hocke, sein Schenkel brannte vor Anstrengung, doch er beachtete den Schmerz nicht.
    »Du heißt Em? Ist das die Kurzform von Emily?«
    »Nein, Emma«, flüsterte sie. Sie trug eines seiner grauen T-Shirts, das bereits so oft gewaschen worden war, dass es weicher als Ziegenleder war. Sie wandte sich an die Frau. »Mama, es ist schon in Ordnung. Ramsey hat mich gerettet. Wirklich.« Sie legte ihre Hand auf seine Schulter. Dann sagte sie mit leiser, müder Stimme: »Er hat mich gerettet, Mama. Er würde niemals zulassen, dass mir noch einmal jemand wehtut. Er wird fuchsteufelswild, wenn er auch nur daran denkt.«
    Langsam senkte die Frau die Pistole, aber er spürte, wie sehr es ihr gegen den Strich ging. »Wer sind Sie?«
    Er nahm Emma auf den Arm und richtete sich auf. Sein Bein hätte fast nachgegeben. »Entschuldigen Sie, aber ich muss mich setzen. Mein Bein schmerzt wie verrückt.«
    Sie riss die Detonics-Pistole wieder hoch. »Keine Bewegung, verdammt noch mal. Setzen Sie sie ab.«

6
    Er beachtete sie nicht. Im Augenblick würde sie ihn nicht erschießen, denn er hielt ihre Tochter im Arm. Er trug Emma zum Sofa und setzte sich. Erst dann wandte er sich ihr zu: »Ich habe Ihnen viel zu erzählen. Ich heiße Ramsey Hunt. Sie können mir vertrauen. Bitte.«
    »Geben Sie mir meine Tochter. Lassen Sie sie los.«
    Er setzte Emma ab, und sie rannte zu ihrer Mutter. Die Frau kniete sich hin. Er beobachtete, wie sie Emma an sich drückte. Tränen rannen ihr das Gesicht hinunter. Sie küsste Emma über das ganze Gesicht, streichelte sie am ganzen Körper, ließ die Hände über ihre Haare fahren und drückte sie, bis sie quietschte.
    Schließlich richtete Emma sich auf. Sie hob eine Hand und fuhr ihrer Mutter sanft über die Haare. »Mir geht es gut, Mama, ehrlich. Ramsey hat mich gerettet. Er hat sich um mich gekümmert. Du siehst aus wie der Soldat Joe. Die schwarzen Handschuhe finde ich gut.«
    Die Frau lachte und streifte sich die schwarzen Lederhandschuhe ab. »Jetzt bin ich wieder deine Mama und kein Soldat mehr.« Er beobachtete, wie Emma ihre Finger mit denen ihrer Mutter verschränkte. Er sah die kurz geschnittenen Nägel, von denen einige eingerissen waren. Ihre Handrücken waren von der Kälte rau und gerötet.
    Er fühlte sich unendlich erleichtert und plötzlich auch sehr erschöpft. Er lehnte sich zurück, streckte sein Bein aus und beobachtete die beiden. Schließlich, ihm gegenübersitzend und mit Emma auf dem Schoß, die sie fest an sich gepresst hielt, hob die Frau den Kopf und sagte: »Danke. Es tut mir Leid, dass ich Sie beinahe erschossen hätte. Das wäre ein grober Fehler gewesen.« Ihre Reue schien nicht besonders stark zu sein. Er machte sich nichts daraus, denn er konnte sich gut vorstellen, was sie durchgemacht und welche Befürchtungen sie gehabt haben musste.
    »Ja, ein sehr grober Fehler. Ich bin froh, dass Emma nicht stumm ist. Aber wissen Sie, wir sind gut miteinander klargekommen. Sie kann sehr gut malen.«
    »Warum hast du denn nicht gesprochen, Emma?«
    Sie schüttelte den Kopf, runzelte die Stirn und flüsterte: »Es wollte einfach nichts herauskommen. Erst als ich dachte, dass du Ramsey erschießen würdest. Ich durfte nicht zulassen, dass du Ramsey

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