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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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erschießt. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also habe ich einfach geredet. Ramsey wollte, dass ich ihm meinen Namen aufschreibe, aber das konnte ich auch nicht. Er hat angenommen, ich kann nicht schreiben. Ich konnte einfach nichts tun außer Bilder malen.«
    »Das hast du sehr gut gemacht«, erwiderte ihre Mutter und küsste sie nicht einmal, sondern gleich ein halbes Dutzend Male. »Ach, Emma, ich liebe dich so sehr.« Sie hob das Kind auf ihren Schoß.
    »Ich bin froh, dich wieder zu sehen, Mama. Bis mich Ramsey gefunden hat, dachte ich, ich würde dich niemals Wiedersehen. Es war unheimlich, Mama. Ich hatte solche Angst.« Emma schlang ihre Arme um den Hals ihrer Mutter. Jetzt weinte sie, tiefe Schluchzer durchschnitten die Stille.
    »Ist schon gut, meine Süße. Wir sind ja wieder beieinander. Ich lasse dich niemals wieder fort, das verspreche ich dir. Emma, ich liebe dich so. Mein Gott, ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben.«
    Er wandte sich ab und ließ sie etwas alleine, aber er hörte ihnen beiden beim Weinen zu. Merkwürdigerweise waren Emmas Schluchzer tiefer als die ihrer Mutter. Er wartete ab, bis sie sich beruhigt hatten, hörte sie die Nasen schnäuzen, dann warf er ihnen eine Decke zu. Sie breitete sie über sich und ihre Tochter aus. Dann sagte sie tonlos: »Emma trägt ein Unterhemd für Männer.«
    »Ja, ich habe vergessen, ihr einen Schlafanzug zu kaufen. Aber immerhin stolpert sie nicht über das Unterhemd.«
    Ramsey erhob sich, sein Bein schmerzte wie verrückt. »Ich muss die Tür verriegeln. Wir sollten kein Risiko eingehen.«
    Sie erwiderte nichts, sondern war willens zu warten, so nahm er jedenfalls an, denn sie hatte ihre Tochter wieder. Er spürte, wie sie ihn eingehend musterte, als er durch das Fenster spähte, dann die Kette festmachte und den Riegel vorschob. Als er sich umwandte, sah er, wie sie die eng anliegende schwarze Wollkappe vom Kopf zog. Rotes Haar quoll hervor, das meiste davon zu einem Zopf geflochten, der Rest fiel wild um ihr schmales, hübsches Gesicht, das sich jetzt vollkommen verwandelte. Die Anspannung verebbte, und ihre Wangen bekamen etwas Farbe. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, ihre Augen leuchteten heller.
    Es gab so vieles zu bereden, so viele Fragen zu stellen, doch er fragte lediglich: »Möchten Sie etwas Kaffee? Er wird im Handumdrehen fertig sein. Wir sind hier sehr einfach eingerichtet.«
    Sie nickte. »Das wäre wunderbar. Mir ist so kalt, es kommt mir so vor, als ob sich das nie mehr ändern könnte.«
    Er ging in die Küche. Er spürte Emmas Hand auf seinem Knie. Sie war ihm gefolgt, sein graues TShirt schleifte fast auf dem Boden, und ein Paar weiße Sportsocken hingen ihr lose um die dünnen Fesseln. Er beobachtete, wie sie zu dem kleinen Tisch ging und den Kaffee in den bereitstehenden Topf abmaß. Dann schüttete er Wasser über den Kaffee und stellte ihn auf den Herd. Seit vier Tagen schon hatten sie sich diese Routine angewöhnt.
    Er blickte zu der Frau, die in der Tür stand und sie leicht verwundert beobachtete. Er kannte noch nicht einmal ihren Namen, was ihm aber momentan nicht wichtig war. Was wichtig war, war so etwas wie eine ganz normale Atmosphäre zu schaffen. An sie gewandt, meinte er: »Emma und ich sind ein gutes Team. Die Routine mit dem Kaffee haben wir als Erstes geschaffen. Wir sind gerade dabei, es zum Patent anzumelden. Hey, Emma, wer macht das Rennen?«
    »Was willst du denn damit sagen, Ramsey?«
    »Kommt dein Name zuerst oder meiner?«
    »Ich bin die Jüngste. Ich sollte an erster Stelle kommen.«
    Er lachte und fuhr ihr durch die Haare. Er spürte, wie die Frau versuchte, aus der Sache schlau zu werden. Wie sie versuchte, nicht nur die Beziehung zwischen diesem ihr unbekannten Mann und ihrer Tochter zu begreifen, sondern auch die Tatsache, dass Emma in Sicherheit war, dass sie tatsächlich ihre Tochter wieder gefunden hatte.
    Die Frau schwieg, stand nur da und beobachtete sie. Sie machte einen sehr erschöpften und müden Eindruck. »Anfangs meint man, dieser aufgekochte Kaffee dreht einem den Magen um, und vielleicht ist das auch der Fall, aber dann schmeckt er gar nicht mal so übel. Abgesehen davon belebt er die grauen Zellen. Wie gesagt, wir sind hier sehr einfach eingerichtet. Dank einem Generator besitzen wir einen kleinen Kühlschrank und Lampen im Wohnzimmer. Aber der Herd wird mit Holz gefeuert, und wir müssen uns Wasser heiß machen, wenn wir baden wollen«, sagte er.
    »Wir toasten das

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