Vergeben, nicht vergessen
trocknete sich ab. »Du bist ein tolles Mädchen, Mellie. Doch gelegentlich hast du etwas merkwürdige Vorstellungen.« Er hob die Hand. »Nein, ist schon gut. Das macht das Leben interessant.«
Vor sich hinpfeifend betrat Rule Shaker die riesige Duschhalle im Marmorbad seines privaten Fitness-Studios.
8
»Emma, schau jetzt nicht auf, sondern iss weiter deine Pommes. Molly, greif nicht zur Pistole, sondern hör mir zu. Ich möchte, dass Emma und du durch diesen Türrahmen mit der Aufschrift >Telefon und Toiletten< geht. Sollte es dort einen Ausgang geben, dann geht zum Wagen zurück, sonst bleibt auf den Toiletten. Wenn ihr es bis zum Jeep schafft, schließt euch ein. Ich komme nach, sowie ich hier bezahlt habe. Geht jetzt. Und benehmt euch so normal wie möglich. Seht euch nicht um.«
Molly machte keine Bewegung. »Em, hast du die beiden Männer gesehen, die bis zur Hütte gekommen sind?«
»Nicht so richtig.«
»Du würdest sie also nicht wieder erkennen?«
»Nein, Mama, aber Ramsey würde sie wieder erkennen.«
»Stimmt, das würde ich. Gehen Sie jetzt, Molly. Wir haben keine Zeit mehr zum Diskutieren. Wenn es die Typen sind, dann bin ich so schnell es geht auch draußen, vermutlich im Eilschritt.«
»Du machst einen Witz, so wie Mama es auch immer tut.«
»Möglich.«
Molly warf ihm einen letzten eindringlichen Blick zu, nahm ihre Handtasche, konzentrierte sich ganz auf Emma und ging mit ihr im hinteren Teil des Restaurants durch die Tür. Ramsey drehte sich langsam um und winkte der Kellnerin zu. Sie standen mit dem Rücken zu ihm. Der eine war groß und dünn, der andere untersetzt, und er konnte nicht erkennen, ob der Mann O-Beine hatte oder nicht. Es schienen ihm nicht dieselben Männer zu sein, die auch vor der Hütte gewesen waren. Er hatte seine Smith & Wesson nicht dabei. Das Restaurant war gut besucht. Hoffentlich würden die beiden Männer nichts Unüberlegtes tun.
Die Kellnerin lächelte ihm zu. Ohne sie anzusehen, fragte er: »Gibt es hier einen Hinterausgang?«
»Ja, gleich neben der Männertoilette.«
»Gut. Wie viel schulde ich Ihnen?«
Sie schrieb noch ein paar Sachen auf, runzelte beim Rechnen die Stirn, dann riss sie das Blatt ab und reichte es ihm. »Sie haben alle drei nicht besonders viel gegessen, deswegen habe ich etwas im Preis nachgelassen.«
»Das ist sehr freundlich. Meine Frau fühlt sich nicht besonders wohl. Sie ist schwanger.«
»Herzlichen Glückwunsch. Das kann jedem mal passieren, dass man sich nicht so wohl fühlt.«
»Na, Elsa, wie geht’s denn so?«
Der Typ, der jetzt hinter der Bedienung stand, hatte das Aussehen eines geschmeidigen Cowboys. Ramsey konnte sein Gesicht nicht sehen, denn Elsa war ziemlich breit und hatte üppiges Haar, und sie stand genau zwischen ihnen. Aber einer der beiden Männer von der Hütte war es nicht. Ramsey hätte nicht sagen können, ob er darüber erleichtert sein oder sich Sorgen machen sollte, dass sie möglicherweise einer neuen Bedrohung ausgesetzt waren.
»Ich bin hübsch und frech wie immer«, erwiderte sie und wandte sich dem Mann zu, wobei sie Ramsey die Sicht auf ihn versperrte. »Sie sind neu hier, nicht wahr? Sind Sie hierher gezogen?«
»Genau. Meine Alte und ich kommen aus Wyoming. Ist wirklich nett hier in der Gegend.«
»Klar doch. Möchten Sie etwas zu Mittag essen? Sie und Ihr Freund könnten sich in die Nische dort drüben setzen.« Sie deutete mit dem Bleistift die Richtung an.
»Hey, Sie, wo ist denn das süße Mädchen, das ich die ganze Zeit angelacht habe?«
Ramsey erhob sich langsam. Elsa trat einen Schritt zurück, denn plötzlich schien sie Gefahr zu wittern. Ramsey überragte den Mann mittleren Alters, der den Kampf gegen das Fett verloren hatte und ungefähr so ernst und nett dreinblickte wie Ted Bundy.
»Hey, Mann, ist das Ihre Tochter?«
»Ja, sie ist meine Tochter. Weshalb interessiert Sie das?«
»Nur so. Sie ist einfach süß, wie eine von meinen Enkelinnen.«
Ramsey reichte der Kellnerin zwanzig Dollar und sagte, an sie beide gewandt: »Schönen Tag noch, auf Wiedersehen.« Er ging zur Eingangstür, hielt dabei jedoch nach dem anderen Mann Ausschau. Er konnte ihn nicht entdecken, was ihn wiederum erst recht nervös machte. Wo war der Mistkerl?
Sein Magen begann sich zu drehen. Noch einmal schaute er sich um. Im ganzen Restaurant kein einzelner Mann. Weswegen hatte der Mann sich nach Emma erkundigt?
In diesem Augenblick hörte er Bremsen quietschen. Wie der Blitz rannte er vor die
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