Vergeben, nicht vergessen
Kräfte oder eine telepathische Verbindung zu Frau Clark verfügen, Herr O’Dell, dann sagen Sie offenbar die Wahrheit.«
Ramsey nickte und ging mit Mason Lord zusammen auf die Tür des Nobelbüros zu. Sich umwendend, meinte er: »Vor wem verstecken Sie sich, Herr O’Dell?«
»Vor Herrn Shaker. Er hat mich bereits angerufen. Er ist sehr wütend und behauptet, ich trage die Schuld daran, dass Louey in dem Auto saß. Jetzt, nachdem Louey tot ist, wird er sein Geld nicht zurückbekommen.«
»Eine Million Dollar sind für Leute der Sorte Shaker wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Was ist der eigentliche Grund seiner Wut?«
»Dass er Louey nicht bekommen kann«, sagte Warren O’Dell. »Louey wollte er unbedingt haben. Als er merkte, dass Louey das Geld verdienen und es ihm zurückzahlen und er also die Schulden nicht mehr als Druckmittel hätte benutzen können, hat er das Kind entführt. Himmel, er würde mich umbringen, wenn er wüsste, dass ich das irgendjemandem erzählt habe.«
»Er wollte, dass Louey in seinem Kasino auftrat?«
»Richtig. Jedenfalls war das eines seiner Anliegen.«
20
Es war neun Uhr abends am selben Tag. Alle waren vom Esszimmer in das riesige Wohnzimmer gegangen, um dort den Kaffee und ein paar von Miles’ fettreduzierten Aprikosen-törtchen einzunehmen. Emma hatte gebettelt, noch etwas aufbleiben und Miles beim Beladen der Spülmaschine helfen zu dürfen. Nachdem sie mit Miles in die Küche gegangen war, hatte Ramsey allen von ihrer Begegnung mit Warren O’Dell berichtet. Als er sagte: »Und dann meinte Herr O’Dell, dass Rule Shaker Louey ernstlich hinterher war«, starrte Molly ihn ungläubig an.
»Ist er schwul? Wollte dieser Rule Shaker Louey Santera als Liebhaber haben? Wollte er das damit zum Ausdruck bringen?«
»Ich bin auch etwas verwirrt«, pflichtete Sherlock ihr bei. »Worum genau geht es hier?«
Ramsey lächelte nur. Sowohl Sherlock als auch Molly hatten die Sache genauso aufgefasst wie er. Und seine Verblüffung war ebenso groß wie ihre gewesen.
Savich lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sagte: »Ich wette, du hast noch eine Überraschung für uns. Komm schon, Ramsey, nur raus damit.«
Ramseys Lächeln wurde noch breiter, und er nickte Mason Lord zu. »Wie sich dann herausstellte, war es Herrn Shakers Tochter, die es auf Louey abgesehen hatte. Sie heißt Melissa und ist offenbar das Ein und Alles ihres Vaters. Was auch immer sie haben möchte, besorgt ihr ihr Vater. Es war Louey, den sie haben wollte, also ist ihm Herr Shaker hinterher gewesen.«
»Und hat ihn schließlich umgebracht.« Molly war bis ins Mark erschöpft, machte sich irrsinnige Sorgen um Emma, und nun wollte auch noch die Tochter eines Verbrechers Louey für sich haben? »Ihr Vater hat also das Würfelspiel gezinkt, damit Louey richtig dick verliert. Und als das nicht geklappt hat, willst du sagen, hat dieser Herr Shaker Emma entführt, um sich Louey gefügig zu machen? Und dann hat er uns noch drei Männer auf die Fersen gehetzt? Und schlussendlich wollte er mich und Emma in die Luft jagen, hat aber versehentlich Louey erwischt?«, fuhr Molly fort, sprang vom Stuhl auf und hätte ihn fast umgestoßen. Sie tigerte auf und ab und hatte den Blick auf die Spitzen ihrer schwarzen Bally-Laufschuhe gerichtet. »Nein, das ist genauso abwegig wie dass dieser Shaker schwul ist. Was für eine Art von Ungeheuer ist er? Das ist absurd.«
Mason Lord blickte mit zusammengekniffenen Augen auf seine Tochter. »Reiß dich zusammen, Molly, und denk mal nach. Es wäre möglich, dass Louey seine eigene Tochter entführen lässt, um so an mein Geld zu kommen und es Rule Shaker zurückzuzahlen. Weiterhin erscheint es mir plausibel, dass Rule Shaker versucht hat, Emma umzubringen, um Louey einzuschüchtern und sich gefügig zu machen. Es war sozusagen rein geschäftlich.«
»Mason hat Recht«, meinte Eve und setzte elegant ihre Kaffeetasse ab. »Wenn man etwas wirklich haben will, muss man willens sein, alles zu tun, um es zu bekommen.«
»Egal zu welchem Preis?«, hakte Molly nach.
»Der Preis ist Teil eines jeden Geschäfts«, entgegnete Mason Lord.
»Nein«, konterte Ramsey. »Louey hatte mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun. Begreift ihr denn nicht? Es stand gar nicht genügend Zeit zur Verfügung, um ein zweites Team herbeizuholen, das einem anderen Herrn gehorchte. Emma wurde entführt; ich habe sie gefunden; dann kamen die beiden Männer zu meiner Blockhütte und haben versucht, uns
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