Vergebung
nickte. Monica zog die Augenbrauen hoch und betrachtete ihn.
»Stört dich das?«, wollte er wissen.
»Dass du schon Frauen vor mir gehabt hast? Nein. Aber es stört mich, dass ich nicht richtig weiß, woran ich bei dir bin. Und ich glaube nicht, dass ich ein Verhältnis mit einem Mann haben kann, der herumfickt, wie es ihm gefällt …«
»Ich habe nicht vor, mich für mein Leben zu entschuldigen.«
»Und ich nehme an, dass ich mich irgendwie in dich verliebt habe, weil du der bist, der du bist. Ich habe einfach einem verrückten Impuls nachgegeben. Das kommt nicht besonders oft vor, und ich hatte überhaupt nichts geplant. Doch jetzt sind wir in einem Stadium angekommen, in dem ich eine von den Mädels bin, die du in dein Sommerhäuschen einlädst.«
Mikael schwieg.
»Ich bin unglücklich. Ich wollte mich nicht in dich verlieben. Es wird viel zu wehtun, wenn Schluss ist.«
»Ich habe diese Hütte bekommen, als mein Vater starb und meine Mutter wieder nach Norrland zog. Meine Schwester und ich haben das Erbe so aufgeteilt, dass sie unsere Wohnung genommen hat und ich die Hütte. Ich hab sie jetzt fast schon fünfundzwanzig Jahre.«
»Aha.«
»Abgesehen von ein paar Zufallsbekanntschaften Anfang der 80er-Jahre gab es exakt fünf Frauen, die vor dir hier gewesen sind.«
»Hmm.«
»Ich habe diese Hütte, damit ich mal aus der Stadt rauskomme und mich entspannen kann. Ich bin fast immer allein hier. Ich lese Bücher, schreibe und setze mich auf den Steg, um den Booten zuzugucken. Das ist hier kein Liebesnest.«
Er stand auf und holte die Weinflasche, die er neben der Verandatür in den Schatten gestellt hatte.
»Ich habe nicht die Absicht, irgendwelche Versprechungen zu machen«, erklärte er. »Meine Ehe ist zerbrochen, weil Erika und ich nicht die Finger voneinander lassen konnten.«
Er schenkte ihnen Wein nach.
»Aber du bist der interessanteste Mensch, den ich seit Langem getroffen habe. Es kommt mir so vor, als liefe unser Verhältnis seit dem ersten Tag auf Hochtouren. Ich glaube, ich hab mich schon verknallt, als du mich in meinem Treppenhaus abgefangen hast. Die wenigen Nächte, die ich zu Hause geschlafen habe, wache ich mitten in der Nacht auf und sehne mich nach dir. Ich weiß nicht, ob ich eine feste Beziehung will, aber ich habe eine Höllenangst, dich zu verlieren. Also, was meinst du, was sollen wir tun?«
»Lass uns darüber nachdenken«, schlug Monica vor. »Ich fühle mich auch ungeheuer von dir angezogen.«
Sie fühlte sich auf einmal ganz wehmütig. Eine Zeit lang saßen sie schweigend da. Als es dunkel wurde, räumten sie den Tisch ab, gingen hinein und schlossen die Tür.
Am Freitag in der Woche vor der Gerichtsverhandlung blieb Mikael vor dem Kiosk am Slussen stehen und betrachtete die Schlagzeilen der Zeitungen. Der Geschäftsführer der Svenska Morgon-Posten und der Aufsichtsratsvorsitzende Magnus Borgsjö hatten kapituliert und ihren Rücktritt bekannt gegeben. Er kaufte ein paar Zeitungen und spazierte zu Java in der Hornsgatan, wo er ein spätes Frühstück zu sich nahm. Borgsjö gab familiäre Gründe als Auslöser für seinen plötzlichen Abschied an. Nicht kommentieren wollte er die Behauptung, sein Rücktritt habe etwas mit der Tatsache zu tun, dass Erika Berger sich gezwungen gesehen hatte, ebenfalls ihren Hut zu nehmen, weil sie seine Verstrickung in das Großhandelsunternehmen Vitavara AB nicht vertuschen wollte. Außerdem wurde gemeldet, dass der Schwedische Wirtschaftsverband beschlossen hatte, eine Ethikkommission einzusetzen, die untersuchen sollte, inwiefern schwedische Firmen mit Unternehmen in Südostasien zusammenarbeiteten, die von Kinderarbeit profitierten.
Mikael Blomkvist musste plötzlich aus vollem Hals lachen.
Dann faltete er die Zeitungen zusammen, nahm sein Ericsson T10 zur Hand und rief eine Bekannte von TV4 an.
»Hallo, Schatz«, sagte Mikael Blomkvist. »Ich nehme an, du willst immer noch nicht mit mir ausgehen?«
»Hallo, Mikael«, entgegnete sie lachend. »Tut mir leid, du bist immer noch nicht mein Typ. Aber ich mag deinen Humor.«
»Könntest du dir zumindest vorstellen, mit mir heute Abend essen zu gehen und über die Arbeit zu reden?«
»Willst du mir was anbieten?«
»Erika Berger hat vor zwei Jahren einen Deal mit dir gemacht, was die Wennerström-Affäre anging. Der hat gut funktioniert. So einen ähnlichen Deal würde ich jetzt gern mit dir machen.«
»Erzähl.«
»Nicht bevor wir uns über die Bedingungen geeinigt haben.
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