Vergebung
kriminaltechnischen Beweise gegen Sie. Wir haben überhaupt kein weiteres Interesse an Ihrer Geschichte. Sie sollen uns nur bestätigen, was wir schon wissen. Und uns vielleicht die Frage beantworten: Warum? Wie konnten Sie so wahnsinnig sein, hier in Schweden einfach die Liquidierung von Menschen zu beschließen, als wären wir in Chile während der Pinochet-Diktatur? Das Tonband läuft. Wenn Sie etwas sagen wollen, haben Sie jetzt die Gelegenheit. Wenn Sie nicht reden wollen, stelle ich das Tonbandgerät ab, und wir nehmen Ihnen Schlips und Schnürsenkel ab und quartieren Sie oben im Untersuchungsgefängnis ein, wo Sie dann auf Ihren Anwalt, den Prozess und Ihr Urteil warten können.«
Dann nahm Edklinth einen Schluck Kaffee und schwieg einfach. Nachdem zwei Minuten lang kein Wort gefallen war, streckte er die Hand aus und schaltete das Tonbandgerät ab. Er stand auf.
»Ich werde dafür sorgen, dass Sie in ein paar Minuten abgeholt werden. Guten Abend.«
»Ich habe niemand ermordet«, sagte Wadensjöö, als Edklinth schon die Tür geöffnet hatte. Edklinth blieb auf der Schwelle stehen.
»Ich bin nicht daran interessiert, irgendetwas mit Ihnen zu diskutieren. Wenn Sie sich erklären wollen, setze ich mich wieder hin und schalte das Tonband ein. Die gesamte Administration Schwedens - nicht zuletzt der Ministerpräsident - wartet gespannt darauf, was Sie zu sagen haben. Wenn Sie etwas erzählen, kann ich noch heute Abend zum Ministerpräsidenten fahren und ihm Ihre Version der Ereignisse schildern. Wenn Sie nichts erzählen, werden Sie auf jeden Fall angeklagt und verurteilt werden.«
»Setzen Sie sich«, bat Wadensjöö.
Niemand entging, dass er resigniert hatte. Mikael atmete auf. Neben ihm saßen Monica Figuerola, Staatsanwältin Ragnhild Gustavsson, der anonyme SiPo-Mitarbeiter Stefan und noch zwei andere anonyme Personen. Mikael hatte den Verdacht, dass mindestens einer von diesen beiden den Justizminister vertrat.
»Mit den Morden hatte ich nichts zu tun«, begann Wadensjöö, als Edklinth das Tonbandgerät wieder eingeschaltet hatte.
»Den Morden!«, sagte Mikael Blomkvist zu Monica Figuerola.
»Pst!«, machte sie.
»Das waren Clinton und Gullberg. Ich hatte keine Ahnung, was sie vorhatten. Ich schwöre. Ich war total schockiert, als ich erfuhr, dass Gullberg Zalatschenko erschossen hatte. Ich konnte kaum glauben, dass das wahr sein sollte … ich konnte es nicht glauben. Und als ich von Björck hörte, hätte ich beinahe einen Herzinfarkt gekriegt.«
»Erzählen Sie vom Mord an Björck«, forderte Edklinth ihn auf, ohne seinen Tonfall zu ändern. »Wie lief das ab?«
»Clinton hat jemand engagiert. Ich weiß nicht genau, wie das ablief, aber es waren auf jeden Fall zwei Serben. Nyström hat ihnen den Auftrag erteilt und sie bezahlt. Als ich davon erfuhr, wusste ich, dass das alles in einer einzigen Katastrophe enden würde.«
»Jetzt mal von Anfang an«, sagte Edklinth. »Wann haben Sie begonnen, für die Sektion zu arbeiten?«
Sobald Wadensjöö einmal angefangen hatte zu erzählen, war er nicht mehr aufzuhalten. Das Verhör dauerte fast fünf Stunden.
26. Kapitel
Freitag, 15. Juli
Bei seinem Auftritt im Zeugenstand am Freitagvormittag im Gericht machte Dr. Peter Teleborian einen durch und durch vertrauenerweckenden Eindruck. Knapp neunzig Minuten lang wurde er von Staatsanwalt Ekström verhört und antwortete mit ruhiger Autorität auf alle Fragen. Mal sah er dabei eher bekümmert aus, mal eher belustigt.
»Um das Ganze zusammenzufassen …«, sagte Ekström und blätterte in seinen Unterlagen »nach Ihrer Einschätzung als langjähriger Psychiater leidet Lisbeth Salander an paranoider Schizophrenie?«
»Es ist, wie gesagt, äußerst schwierig, ihren Zustand exakt zu beurteilen. Die Patientin ist bekanntermaßen beinahe autistisch in ihrem Umgang mit Ärzten und Behörden. Aber ich würde sagen, dass sie an einer schweren psychischen Krankheit leidet, wenn ich derzeit auch keine exakte Diagnose stellen könnte. Ich kann auch nicht sagen, in welchem Stadium ihrer Psychose sie sich gerade befindet, solange ich nicht bedeutend umfassendere Untersuchungen anstellen kann.«
»Sie glauben aber auf jeden Fall, dass sie psychisch nicht gesund ist?«
»Alles deutet darauf hin.«
»Auch Sie haben die sogenannte Autobiografie gelesen, die Frau Salander verfasst und dem Gericht als ihre Stellungnahme übergeben hat. Wie würden Sie sie kommentieren?«
Peter Teleborian hob ratlos die Hände und
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