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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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eine astreine Psychopathin. Sie tritt einfach ganz natürlich auf.«
    »Hmm.«
    »Heute ging es hauptsächlich um Stallarholmen. Morgen ist Gosseberga dran, die Anhörungen der Leute von der Spurensicherung und all das. Ekström wird versuchen zu beweisen, dass Lisbeth dort hingefahren ist, um ihren Vater zu ermorden.«
    »Okay.«
    »Aber wir könnten da ein formales Problem bekommen. Am Nachmittag hatte Ekström eine Ulrika von Liebenstaahl vom Vormundschaftsgericht als Zeugin aufgerufen. Sie vertrat die Meinung, ich hätte gar nicht das Recht, Lisbeth zu verteidigen.«
    »Wie das?«
    »Sie meint, Lisbeth stehe unter rechtlicher Betreuung und habe daher nicht das Recht, sich ihren Verteidiger selbst zu wählen.«
    »Ach ja?«
    »Anscheinend ist es so, dass das Vormundschaftsgericht mich zunächst akzeptieren muss.«
    »Und jetzt?«
    »Richter Iversen wird morgen früh dazu Stellung nehmen. Ich habe nach Verhandlungsende kurz mit ihm geredet. Aber ich glaube sowieso, dass er entscheiden wird, mich Lisbeth weiter verteidigen zu lassen. Mein Argument war, dass das Vormundschaftsgericht drei Monate Zeit hatte, um Protest einzulegen, und dass es schon ein bisschen dummdreist ist, Einspruch zu erheben, wenn der Prozess bereits begonnen hat.«
    »Am Freitag macht Teleborian seine Zeugenaussage. Und du musst ihn verhören, niemand sonst.«
     
    Nachdem er am Donnerstag Karten und Fotos studiert und sich weitschweifige kriminaltechnische Schlussfolgerungen angehört hatte, stellte Staatsanwalt Ekström fest, dass alles darauf hindeutete, Lisbeth habe ihren Vater mit der Absicht aufgesucht, ihn zu töten. Das stärkste Glied in der Beweiskette war, dass sie eine Schusswaffe mit sich geführt hatte, eine polnische P-83 Wanad.
    Die Tatsache, dass Alexander Zalatschenko (nach Lisbeth Salanders Angaben) oder vielleicht auch der Polizistenmörder Ronald Niedermann (nach der Zeugenaussage, die Zalatschenko gemacht hatte, bevor er im Sahlgrenska-Krankenhaus ermordet wurde) ihrerseits versucht hatten, Lisbeth Salander zu töten, und in einer Grube im Wald verscharrt hatten, konnte keineswegs als mildernder Umstand dafür gelten, dass sie ihren Vater in Gosseberga aufgespürt hatte, um ihn umzubringen. Außerdem wäre ihr dies ja auch fast gelungen, da sie ihm mit einer Axt ins Gesicht geschlagen hatte. Ekström beantragte, Lisbeth wegen versuchten Mordes sowie schwerer Körperverletzung zu verurteilen.
    Nach Lisbeths eigener Darstellung war sie nach Gosseberga gefahren, um ihren Vater zu dem Geständnis zu zwingen, dass er Dag Svensson und Mia Bergman ermordet hatte. Dieser Punkt war von entscheidender Bedeutung in der Frage nach der Vorsätzlichkeit ihres Handelns.
    Nachdem Ekström die Vernehmung des Zeugen Melker Hansson von der Spurensicherung der Göteborger Polizei abgeschlossen hatte, hatte Anwältin Annika Giannini ein paar kurze Fragen gestellt.
    »Herr Hansson, gibt es seitens der Spurensicherung irgendwelche Hinweise darauf, dass die Darstellung von Frau Salander nicht der Wahrheit enspricht? Können Sie beweisen, dass sie dorthin gefahren ist, um ihren Vater zu ermorden?«
    Melker Hansson dachte kurz nach.
    »Nein«, antwortete er schließlich.
    »Sie können also keine Aussage über einen eventuellen Vorsatz machen?«
    »Nein.«
    »Staatsanwalt Ekströms Schlussfolgerung, so beredt und weitschweifig sie auch sein mag, ist also reine Spekulation?«
    »Das nehme ich an.«
    »Existiert ein kriminaltechnischer Beweis, der Frau Salanders Aussage widerlegt, dass sie die P-83 Wanad nur deshalb mitgenommen hat, weil sie in ihrer Tasche war und sie nicht wusste, was sie mit der Waffe sonst machen sollte, nachdem sie sie Sonny Nieminen in Stallarholmen abgenommen hatte?«
    »Nein.«
    »Danke«, sagte Annika Giannini und setzte sich. Das war alles, was sie zur einstündigen Zeugenvernehmung von Hansson beitrug.
     
    Am Donnerstagabend gegen sechs Uhr verließ Birger Wadensjöö die Wohnung der Sektion in der Artillerigatan mit dem Gefühl, von bedrohlichen schwarzen Wolken umgeben zu sein und dem nahenden Untergang ins Auge zu blicken. Seit mehreren Wochen war ihm klar, dass sein Titel als Direktor - also als Chef der Sektion für Spezielle Analyse - nur noch eine inhaltslose Formel war. Seine Meinungen, Proteste und Bitten wurden nicht mehr gehört. Fredrik Clinton hatte die Entscheidungsgewalt übernommen. Wäre die Sektion eine öffentliche Einrichtung gewesen, wäre das kein Problem gewesen - dann hätte er sich einfach an den

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