Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
Vom Netzwerk:
Menge Tätowierungen und Piercings an Ihrem Körper bemerken, was auch als selbstzerstörerisches Verhalten zu sehen ist, eine Art, seinen Körper zu verletzen. Man könnte es als eine Auswirkung ihres Selbsthasses bezeichnen.«
    Annika Giannini wandte sich an Lisbeth Salander.
    »Sind Ihre Tätowierungen eine Auswirkung Ihres Selbsthasses?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete Lisbeth Salander.
    Annika Giannini wandte sich wieder an Teleborian.
    »Sie meinen also, weil ich Ohrringe trage und in der Tat auch eine Tätowierung an einer höchst privaten Stelle habe, bin ich eine Gefahr für mich selbst?«
    Holger Palmgren prustete unterdrückt, tat aber schnell so, als hätte er sich nur räuspern müssen.
    »Nein, das nicht … Tätowierungen können auch Teil eines sozialen Rituals sein.«
    »Und Sie meinen, dass bei Lisbeth Salander ein soziales Ritual nicht infrage kommt?«
    »Sie können doch selbst sehen, dass ihre Tätowierungen grotesk sind und große Flächen ihres Körpers bedecken. Das ist kein normaler Schönheitskult oder Körperschmuck.«
    »Wie viel Prozent?«
    »Bitte?«
    »Bei wie viel Prozent tätowierter Körperfläche hört es auf, ein Schönheitskult zu sein, und geht in krankhaftes Verhalten über?«
    »Sie verdrehen mir das Wort im Munde.«
    »Ist das so? Wie kommt es dann, dass es sich bei der Tätowierung Ihrer Meinung nach um ein völlig akzeptables soziales Ritual handelt, wenn es um mich oder andere Jugendliche geht, sie meiner Mandantin jedoch zum Nachteil ausgelegt wird, wenn ihr geistiger Zustand beurteilt werden soll?«
    »Ich als Psychiater muss wie gesagt das Bild als Ganzes sehen. Die Tätowierungen sind nur ein Indikator, einer von vielen Indikatoren, die ich in Betracht ziehen muss, wenn ich ihren Zustand einschätzen will.«
    Annika Giannini schwieg ein paar Sekunden und fixierte Dr. Teleborian. Dann sprach sie ganz langsam weiter.
    »Aber Dr. Teleborian, Sie haben begonnen, meine Mandantin zu fesseln, als sie zwölf Jahre alt war, kurz vor ihrem dreizehnten Geburtstag. Damals hatte sie doch noch keine einzige Tätowierung, oder?«
    Teleborian zögerte. Annika ergriff wieder das Wort.
    »Ich nehme an, Sie haben sie gefesselt, weil Sie voraussahen, dass sie sich irgendwann tätowieren lassen würde.«
    »Nein, natürlich nicht. Ihre Tätowierungen haben mit ihrem Zustand im Jahre 1991 nichts zu tun.«
    »Damit wären wir wieder bei meiner ursprünglichen Frage. Hat Lisbeth Salander sich irgendwann auf eine Art selbst verletzt, die Anlass dazu gab, sie ein Jahr lang an ein Bett zu fesseln? Hat sie sich zum Beispiel mit Messern oder Rasierklingen geschnitten?«
    Einen Moment lang wirkte Peter Teleborian verunsichert.
    »Nein, aber wir hatten Grund zu der Annahme, dass sie eine Gefahr für sich selbst war.«
    »Grund zu der Annahme. Sie wollen also sagen, Sie haben sie gefesselt, weil Sie gemutmaßt haben …«
    »Wir können nur einschätzen.«
    »Ich stelle Ihnen jetzt seit fünf Minuten dieselbe Frage. Sie behaupten, dass das selbstzerstörerische Verhalten meiner Mandantin den Ausschlag dafür gab, dass sie von Ihnen gefesselt wurde. Könnten Sie jetzt so freundlich sein und mir endlich ein paar Beispiele für das selbstzerstörerische Verhalten geben, das sie im Alter von zwölf Jahren zeigte.«
    »Das Mädchen war zum Beispiel extrem unterernährt. Was unter anderem daran lag, dass sie das Essen verweigerte. Wir vermuteten Anorexie. Daher waren wir auch gezwungen, sie mehrfach zwangszuernähren.«
    »Worauf war das zurückzuführen?«
    »Das war natürlich darauf zurückzuführen, dass sie das Essen verweigerte.«
    Annika Giannini wandte sich an ihre Mandantin.
    »Lisbeth, ist es richtig, dass Sie in St. Stefan das Essen verweigerten?«
    »Ja.«
    »Und warum?«
    »Weil dieser Typ mir Psychopharmaka in mein Essen gemischt hat.«
    »Aha. Dr. Teleborian wollte Ihnen also Medikamente verabreichen. Warum wollten Sie die denn nicht nehmen?«
    »Sie machten mich ganz stumpf. Ich konnte nicht mehr klar denken und dämmerte die meiste Zeit des Tages nur vor mich hin. Das war einfach unangenehm. Und dieser Typ weigerte sich, mir zu sagen, was das für Psychopharmaka waren.«
    »Sie weigerten sich also, Ihre Medikamente zu nehmen?«
    »Ja. Und da fing er eben an, mir den Mist ins Essen zu mischen. Jedes Mal wenn irgendetwas unter mein Essen gemischt worden war, habe ich mich fünf Tage lang geweigert zu essen.«
    »Sie hungerten also?«
    »Nicht immer. Ein paar Pfleger schmuggelten mir

Weitere Kostenlose Bücher