Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
Vom Netzwerk:
Die Verteidigung wird jetzt beweisen, dass jedes Wort, das in ihrer Autobiografie steht, wahr ist. Wir werden Beweise dafür erbringen. Bildlich, schriftlich und durch Zeugenaussagen. Der Staatsanwalt hat seine Sichtweise bereits dargelegt. Wir haben ihm zugehört und wissen nun, wie die genauen Anschuldigungen lauten.«
    Plötzlich hatte Annika Giannini einen ganz trockenen Mund und merkte, wie ihr die Hände zitterten. Sie atmete tief durch und trank einen Schluck Mineralwasser. Dann umfasste sie mit beiden Hände fest ihre Stuhllehne, um ihre Nervosität zu verbergen.
    »Den Darlegungen des Staatsanwalts können wir entnehmen, dass er viele Ansichten hat, aber schmerzlich wenig Beweise. Er glaubt, dass Frau Salander in Stallarholmen auf Carl-Magnus Lundin geschossen hat. Er behauptet, dass sie nach Gosseberga gefahren ist, um ihren Vater zu töten. Er vermutet, dass meine Mandantin paranoid-schizophren ist. Und diese Vermutungen bauen auf den Angaben einer einzigen Person auf, nämlich Dr. Peter Teleborian.«
    Sie legte eine Pause ein und holte tief Luft. Sie zwang sich, langsam zu sprechen.
    »Wenn er recht hat, ist das alles schön und gut; dann wäre meine Mandantin sicher am besten dran, wenn sie die qualifizierte psychiatrische Behandlung bekäme, die Dr. Teleborian und der Staatsanwalt fordern.«
    Pause.
    »Aber wenn Dr. Teleborian unrecht hat, dann sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Wenn er obendrein noch vorsätzlich lügt, dann kommt das einem Übergriff vonseiten der Justiz gleich, einem Übergriff, der sich nun schon über viele Jahre hinzieht.«
    Sie wandte sich an Ekström.
    »Heute Nachmittag werden wir zeigen, dass Ihr Zeuge unrecht hat und Sie als Staatsanwalt von ihm hinters Licht geführt wurden.«
    Dr. Teleborian lächelte amüsiert. In gespielter Resignation hob er die Hände und nickte Annika Giannini auffordernd zu. Sie wandte sich noch einmal an Iversen.
    »Herr Richter. Ich werde zeigen, dass Dr. Teleborians sogenannte rechtspsychiatrische Untersuchung von Anfang bis Ende ein Bluff war. Ich werde zeigen, dass er vorsätzlich Lügen über Frau Salander verbreitet. Ich werde zeigen, dass meine Mandantin einem schweren Übergriff von staatlicher Seite ausgesetzt worden ist. Und ich werde zeigen, dass sie genauso klug und vernünftig ist wie jeder andere Mensch in diesem Saal.«
    »Entschuldigen Sie, aber …«, begann Ekström.
    »Einen Augenblick.« Sie hob einen Finger. »Ich habe Sie zwei Tage lang reden lassen. Jetzt bin ich dran.«
    Sie wandte sich wieder an Richter Iversen.
    »Derart schwerwiegende Anschuldigungen würde ich niemals vor Gericht erheben, wenn ich keine schlagkräftigen Beweise dafür hätte.«
    »Dann fahren Sie doch bitte fort«, sagte Iversen. »Aber ich möchte hier bitte keine weitschweifigen Verschwörungstheorien zu hören bekommen. Denken Sie daran, dass Sie auch aufgrund von Behauptungen, die Sie vor Gericht anstellen, wegen Verleumdung angeklagt werden können.«
    »Danke. Ich werde daran denken.«
    Dann wandte sie sich an Teleborian. Den schien die Situation immer noch zu amüsieren.
    »Die Verteidigung hat Sie mehrfach ersucht, Frau Salanders Krankenakte einsehen zu dürfen, die aus der Zeit stammt, als sie als junger Teenager bei Ihnen in St. Stefan eingesperrt war. Warum haben wir diese Krankenakte nie bekommen?«
    »Weil ein Gericht beschlossen hat, dass sie der Geheimhaltung unterliegt. Diese Entscheidung ist aus Sorge um Lisbeth Salanders Wohl getroffen worden, aber wenn ein höheres Gericht diese Entscheidung aufhebt, werde ich Ihnen selbstverständlich Einsicht in die Krankenakte gewähren.«
    »Danke. Wie viele Nächte in den zwei Jahren, die Lisbeth Salander in St. Stefan verbracht hat, wurde sie mit Gurten ans Bett gefesselt?«
    »Das kann ich aus dem Stegreif nicht beantworten.«
    »Sie selbst behauptet, dass es sich um 380 von insgesamt 786 Tagen handelte.«
    »Die genaue Anzahl der Tage kann ich Ihnen zwar nicht nennen, aber das ist mit Sicherheit eine groteske Übertreibung. Woher haben Sie diese Zahl?«
    »Aus ihrer Autobiografie.«
    »Und Sie meinen tatsächlich, dass sie sich heute noch exakt an jede Nacht erinnert, in der sie mit Gurten fixiert wurde? Das ist doch völlig absurd.«
    »Ja? An wie viele Nächte erinnern Sie sich denn?«
    »Lisbeth Salander war eine sehr aggressive und gewalttätige Patientin, und sie wurde zweifellos mehrfach in einem stimulationsfreien Raum untergebracht. Ich sollte vielleicht erklären, welchen

Weitere Kostenlose Bücher