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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Hastrup
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wiedergefunden, und Michael und Rebekka sahen sich
kurz an. Michael räusperte sich hörbar.
    »Wir haben erfahren, dass Ihr Mann Blutgruppe AB Rhesus negativ hat,
und wir wissen, dass Ihre Tochter Anna Blutgruppe 0 Rhesus positiv hat.«
    »Ja, und?« Sanna Gudbergsen sah Michael fragend an.
    »Diese Blutgruppen passen nicht zusammen«, sagte Rebekka.
    Sanna Gudbergsen wurde blass, lehnte sich in die Sofakissen zurück
und schloss die Augen, als wollte sie Kräfte sammeln oder irgendetwas erfinden.
    »Überrascht Sie diese Information?«, fragte Rebekka und blickte
Sanna Gudbergsen forschend an, die die Augen öffnete und sie müde ansah.
    »Natürlich nicht«, antwortete sie resigniert. »Anna war nicht unsere
leibliche Tochter.«
    Sie strich sich langsam über das Gesicht, dann beugte sie sich vor
und fischte eine Zigarette aus der Packung auf dem Sofatisch. Sie zündete sie
an, inhalierte tief und lehnte sich ruhig auf dem Sofa zurück.
    »Wir haben damals in Stockholm gewohnt, Gert und ich. Ich bin ja
Schwedin, ich bin da oben geboren und aufgewachsen. Wir konnten keine Kinder
bekommen. Wir haben es jahrelang versucht. Wir fühlten uns ohnmächtig. Ich war
regelmäßig bei meinem Arzt und total verzweifelt, weil ich nie Mutter werden
würde. Eines Tages hat er mich angerufen und gesagt, dass er uns für eine
größere Summe ein Kind beschaffen könne. Für ein kleineres Vermögen, um genau
zu sein. Aber uns war das Geld egal. Wir haben sie an dem Tag bekommen, an dem
sie geboren wurde, und Anna war jede Krone wert. Der Arzt hat sich um die
Papiere gekümmert, und alle haben geglaubt, dass das unser Mädchen war.«
    Sanna Gudbergsens Augen strahlten.
    »Wusste Anna, dass sie nicht Ihre leibliche Tochter war?« Rebekka
räusperte sich, spürte, wie ihr die Stimme versagte. Sanna Gudbergsen strahlte
förmlich vor Mutterliebe und rührte Rebekka in ihrem tiefsten Inneren.
    »Nein«, kam die prompte Antwort.
    »Sind Sie sicher, dass sie keinen Verdacht hatte? Die meisten Kinder
spielen ja zum einen oder anderen Zeitpunkt mit dem Gedanken, dass sie nicht
die Kinder ihrer Eltern sind«, fügte Michael hinzu.
    Ja, oder träumen geradezu davon, dachte Rebekka.
    Sanna Gudbergsen schüttelte heftig den Kopf.
    »Wir haben ein gesundes, gut gewachsenes, neugeborenes Mädchen
bekommen. Sie wusste nichts, warum sollte sie auch. Wir haben sie ohne Einschränkung
geliebt. Wie Gert immer gesagt hat: Wir hätten sie selbst nicht besser
hinbekommen können.«
    »Der Handel mit Kindern ist strafbar«, sagte Michael und sah Sanna
Gudbergsen kühl an, die so heftig an ihrer Zigarette zog, dass sie rot glühte.
Elefantenpimmel, dachte Rebekka unwillkürlich und musste über den dummen
Ausdruck lächeln. Sie musste daran denken, wie sie als Vierzehnjährige ihrem
Vater eine Zeit lang täglich Zigaretten aus der Tasche geklaut und auf der Fensterbank
ihres Zimmers geraucht hatte. Du sollst aus den Zigaretten
keine Elefantenpimmel machen , sagten die Jungen in der Schule, wenn sie
ein seltenes Mal an ihren Zigaretten ziehen durfte. Sie schob die Erinnerung
beiseite und betrachtete Sanna Gudbergsen, die vor Erschöpfung, Sorge und
Trauer ganz grau im Gesicht war.
    »Jetzt ist ohnehin alles egal. Werfen Sie mich ins Gefängnis, es ist
mir gleichgültig«, antwortete sie müde. Rebekka und Michael schüttelten den
Kopf. Dazu würde es nicht kommen. Die Tat war längst verjährt.
    »Wenn Sie Gert besuchen wollen, können wir Sie zum Krankenhaus
mitnehmen«, sagte Rebekka.
    »Nein, aber danke.« Sanna Gudbergsen zog die Decke fester um sich.
»Wenn Sie sonst keine Fragen mehr haben, würde ich mich gerne etwas ausruhen.«
    »In Ordnung.« Rebekka tat die kleine Frauengestalt auf dem riesigen
Sofa leid, eine Frau, die alles verloren hatte. Ihr Kind, beinahe ihren Mann
und jetzt auch noch ihr Geheimnis. Bevor sie hinausging, drehte sie sich noch
einmal um.
    »Wussten Sie, wer Annas biologische Eltern waren?«
    »Nein, und das wollten wir auch nicht wissen. Man hat uns nichts
gesagt. Nicht einmal einen Namen. Der Arzt hat sich, wie gesagt, um alles
gekümmert.«
    »Haben Sie nicht einmal ein Dokument, aus dem hervorgeht, dass Sie
Anna gekauft haben, oder eine Banküberweisung?«
    Sanna Gudbergsen lächelte schwach.
    »Nun ja, Gert wäre nicht Gert, wenn er sich nicht irgendeine Art von
Quittung über die Summe hätte ausstellen lassen, als Beweis, dass wir für sie
bezahlt haben. Wir wollten uns absichern, damit niemand behaupten konnte,

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