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Vergeltung am Degerloch

Vergeltung am Degerloch

Titel: Vergeltung am Degerloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Kriegfuhren, Töten, Vergewaltigen.« Sie musterte mich jetzt neugierig. »Wer hat dir denn …?« Sie fasste sich ins eigene Gesicht.
    »Ein Autounfall.«
    »Ein Mann saß am Steuer, was? Der Beifahrerinnensitz ist ein Todessitz. Er natürlich unverletzt, nicht wahr?«
    »Nein, tot.«
    Ich sah Zillas forschende Mutteraugen und erinnerte mich der weichen Kusslippen Petras, der schamlosen Griffe Hedes. Nach Todt Gallions Tod waren mir keinerlei Beziehungen mehr möglich erschienen. Schlagartig wurde mir klar, dass ich das frühe Märchen meines Lebens nicht an Frauen verraten würde, die mit Frauen anbändelten, obgleich sie Frauen hassten, weil sie von den Männern nicht loskamen.
    »Nun ja«, sagte die Rothaarige, »Männer haben einen Todestrieb. Da hatte Freud ausnahmsweise mal Recht.«
    Da ging die Tür auf und – ich musste zweimal hinschauen – Krk kam herein.
    Zillas Gesicht zerfiel.
    »Typen unerwünscht«, rief eine der Frauen an den Tischen.
    »Raus!«, schrie eine andere.
    Zilla setzte sich in Marsch.
    Krk hob die Hände. »Entschuldigung, ich wollte nur … ich suche …«
    Jetzt hatte er mich entdeckt.
    Die Rothaarige nahm ihre Bloody Mary, ging zu ihm hin und goss ihm das Getränk übers Hemd. »So.« Dann zog sie ihren Geldbeutel und steckte Krk einen kleinen Blauen in die Brusttasche. »Für die Reinigung.«
    Vereinzeltes Gekicher flackerte.
    In den Augen der Rothaarigen stand knitzer Triumph. Sie hatte es für mich und meine Schlägervisage getan, nicht wissend, dass ich jetzt aufstehen und zu dem Typen hingehen würde, um ihn aus dem Lokal ins Treppenhaus zu schieben.
    »Musste das sein?«
    Er räusperte sich. »Ich dachte …«
    »Sie hätten anrufen können. An der Johanneskirche gibt es Telefonzellen.«
    »Ich dachte, umbringen würdet ihr mich schon nicht gleich.«
    »Was sind Sie doch für ein Held. In Männerclubs würde nie eine Frau reingehen, abgesehen davon, dass es da auch nichts zu sehen gibt. Aber die Bannmeile der Frauen zu verletzen ist nur ein Kavaliersdelikt.«
    »Hier ist kein Schild, das den Zutritt für meinesgleichen verbietet.«
    »Mann!«, schrie ich. »Aber Sie wissen es!«
    In der Tür zum Café erschienen einige Frauen als Rückendeckung.
    »Mein Gott«, sagte Krk. »Nun werden Sie doch nicht gleich hysterisch! Sie haben doch auch sonst keine Angst vor Männern.«
    »Sie müssen mir nicht sagen, wovor ich Angst habe«, keif te ich. »In dieser verdammten Stadt wird es doch wohl einen Ort geben dürfen, wo ihr uns nicht hinterhersteigt.«
    Krk wandte sich ab und ging die ausgetretenen Stufen hinab, zur Haustür hinaus. Zilla zog mich in die klopfenden, streichelnden Hände der Zuschauerinnen hinein. Man geleite te mich an die Bar und spendierte mir einen weiteren Doppelten. Die Nacht der falschen Helden.
    Aber ich sah wieder Krk vor mir, wie er sich, nass bis auf den Hosenstall, abwandte. Schließlich hatte er mir irgendetwas Wichtiges mitteilen wollen. Ich löste mich aus der Feier, ignorierte den saugenden Blick der Rothaarigen und huschte hinaus. Vor der Tür, auf einer der Prellstangen um die Bäume, saß Krk und rauchte. Die Hände hatte er in den Hosentaschen, denn es war eisig.
    »Ich habe immerhin versucht, Sie anzurufen«, sagte ich.
    »Ich habe Namen und Adresse der Frau, die im Juli vergangenen Jahres in Rohr dem Messerstecher entkommen ist. Eigentlich wollte ich …« Er schaute auf die Uhr.
    »Gehen wir«, sagte ich.
    Emma stand eine Querstraße weiter. Ich dachte an die doppelten Doppelten, aber sei’s drum. Wir mussten längs durch die Stadt, am Neckar entlang, unter der Müllverbrennung hindurch, deren Umweltschutzbauten sich hellgrün, türkis, blau und pink über die Straße in den alten Steinbruch schoben, und weiter am Neckar entlang über die Aubrücke am Max-Eyth-See ins Wohngebiet dahinter bis nach Mühlhausen. Ohne den Stadtplan im Handschuhfach hätten wir den dunklen Fronhof ein Gässchen hinter der Schleuse nicht gefunden. Kleinbetrie be, Mehrfamilienhäuser, Satellitenschüsseln und bösartige Rentner hinter den Gardinen. Krk ordnete sich Hemd und Hose. Seine Tarnfarbenkleidung hatte die Bloody Mary spurlos eingesogen.
    Susanne Schäufele wohnte im dritten Stock unterm Dach. Es stand nur ihr Name an der Tür. Der Türlautsprecher quäk te: »Ja bitte?«
    »Wir sind von Stuttgarter Anzeiger« , sagte ich, »Lisa Nerz und Karl Kraus.«
    »Moment.«
    Doch nichts rührte sich. Die einbruchssichere Massivleichtmetalltür mit Panzerglas verharrte wie

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