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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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und die Angaben durch den Rechner schicken.
    Jetzt robben beide am Rand des Gebäudes entlang und ziehen eine dünne schwarze Plane – in der Farbe der Dachpappe – über sich, dann nehmen sie Dave Collins ins Visier.
    Dave tritt auf die Terrasse hinaus und zwingt sich, nicht auf das Dach gegenüber zu schauen. Er weiß, dass die Scharfschützen in Stellung gegangen sind und ihn anvisieren, um die notwendigen Berechnungen anzustellen.
    Also steht er da und betrachtet die elegante Einkaufsstraße unten.
    Alles da – Chanel, Yves St. Laurent, Hermès.
    Das Team hat sich den späten Vormittag ausgesucht, an dem viele Einkaufsbummler auf dem Boulevard unterwegs sind. Je mehr Leute, desto besser – je mehr Chaos, umso mehr Deckung; äußerst unwahrscheinlich, dass die Polizei auf Bürger schießt, die teure Anwälte und Freunde in Regierungsministerien haben.
    Die betuchten, ausgezeichnet gekleideten Passanten sind also ein Pluspunkt. Dave selbst ist in seinem schwarzen Armanianzug mit dem offenen weißen Hemd ebenfalls ungewohnt stylisch gekleidet. Dazu trägt er schwarze Schuhe von Bruno Magli und denkt, wenn Diana ihn mit den 450 Dollar teuren Schuhen sehen könnte, würde sie seinen Ausweis und Fingerabdrücke von ihm verlangen.
    Alessandro hatte darauf bestanden, dass er sich seiner Rolle entsprechend kleidet.
    »Internationale Waffenhändler sind Leute mit Geld«, hatte er gesagt.
    Amir trägt ein zweireihiges graues Sakko, dazu Designerjeans und Slipper ohne Socken. Er sitzt auf dem Sofa und guckt Fußball.
    Dave blickt erneut auf den Boulevard und sieht Lev an einem Tisch in einem Café auf dem Grünstreifen, er trinkt einen Espresso und liest Zeitung. Ulrich kann er nicht sehen, aber er weiß, dass er sich auf der Straße aufhält, ebenso wie Michel in der Lobby.
    Weder Dave noch Amir tragen Ohrstöpsel, sie sind also »taub« – nicht ans Netz angeschlossen. Die anderen Teammitglieder können miteinander sprechen, aber die beiden können diese weder hören noch mit ihnen reden. Dave weiß trotzdem, dass alle auf Position sind.
    Dann fährt eine Limousine vor dem Hotel vor.
    Ein Page eilt herbei, hält die Tür auf.
    Hassan Dahir steigt aus.
    »Ich habe Sicht auf Zielperson eins«, sagt Lev in sein Mikro. »Plus ein MAM.«
    Military Aged Male – ein Mann im wehrfähigen Alter.
    Lev hat eine Subcompact Glock 27 Kaliber 40 unter dem über die Hose hängenden Jeanshemd versteckt, sowie ein DUSTAR Model 1 Kampfmesser an den Fußknöchel geschnallt. Eine Leinentasche steht vor seinen Füßen. Die Glock hat keinen Schalldämpfer – wenn die Sache hier schiefläuft, will er so viel Krach wie möglich machen, um die Zivilisten zu vertreiben.
    Er sieht Dahir das Hotel betreten, dicht gefolgt von einem Mann, der auf der anderen Seite des Wagens ausgestiegen ist.
    Baseyew ist es nicht, sondern ein Leibwächter.
    Lev hält nach dem Rest von Dahirs Sicherheitsleuten Ausschau. Irgendwo hier draußen werden sie sein, mindestens zwei weitere. Wobei es nicht unbedingt Araber sein müssen – zu Aziz’ Netzwerk zählen auch Bosnier, Tschetschenen, ein paar Europäer und Amerikaner.
    Wenn sie sehr gut sind, werde ich sie nicht entdecken. Wenn sie nur ziemlich gut sind, schon. Wenn sie schlechter sind als ziemlich gut, sind sie gar nicht hier. Gehört der große Mann in dem marineblauen Blazer dazu, der so interessiertdas Hermès-Schaufenster betrachtet? Beobachtet er das Geschehen in der spiegelnden Scheibe? Oder der korpulente dunkelhäutige Mann am Kiosk?
    Dann fährt ein weiterer Wagen vor, und Baseyew steigt aus. Zwei Männer sind bei ihm.
    »Sicht auf Zielperson zwei«, sagt Lev. »Plus zwei MAM.«
    Von seinem Polstersessel in der Lobby aus beboachtet Michel, wie Dahir und seine Leibwächter das Hotel betreten, vorbei an den vier weißen Säulen mit Sockeln aus rotem Marmor, und wie sie sich umsehen.
    Der Leibwächter ist schwarz – mindestens zwei Meter groß, an die hundertfünfzig Kilo schwer. Wahrscheinlich Sudanese, denkt Michel angewidert – ein Sklave oder der Sohn von Sklaven.
    Michel sieht Unmut in Dahirs Augen aufblitzen. Es ist die Gereiztheit eines Mannes, der es nicht gewohnt ist, irgendwo als Erster einzutreffen. Er blafft seinen Leibwächter an, und der zückt sein Handy.
    Michel trägt ein langes afrikanisches Gewand aus grellbunt gemusterter Baumwolle. Er sieht aus wie ein Adliger, was so ziemlich die einzige Sorte Schwarzer ist, die in der Lobby des Majestic toleriert wird, ohne viel Aufsehen zu

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