Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
hört die Sirenen, den Hubschrauber, das Geschrei, sieht den Qualm und riecht das CS-Gas.
Er hat die Exfiltration verpasst, aber er hat Geld und einen sauberen Pass. Jetzt muss er erst mal Distanz zwischen sich und den Einsatzort legen, sich über Nacht in einem billigen Hotel verschanzen und am nächsten Morgen in einen Zug steigen.
Egal wohin.
Das Team wird sich sowieso verstreuen, und das Kommunikationssystem ist bereits eingerichtet.
Ihm wird nichts passieren.
Wichtig ist, dass Dahir und Baseyew tot sind.
Und Aziz ist der Nächste.
Am Fuß der Treppe richtet ein Mann eine Pistole auf ihn.
»Wir haben Gesellschaft«, sagt Alessandro mit Blick durch die Heckscheibe.
Cody schaut in den Rückspiegel und entdeckt den schwarzen Mercedes.
»Jepp.«
Er sucht den Boulevard vor sich ab und sieht links einen weiteren Wagen anfahren, offensichtlich in der Absicht, ihnen den Weg abzuschneiden.
»Oh Mann!«, sagt er. »Seid ihr angeschnallt?«
Dann gibt er Gas.
Jagt auf den entgegenkommenden Wagen zu.
Rammgeschwindigkeit.
Der Fahrer des anderen Wagens steigt auf die Bremsen, Cody reißt das Lenkrad nach rechts und umkurvt ihn. Aber wegen des Manövers konnte das Fahrzeug der Verfolger aufschließen.
»Wie schnell darf’s sein?«, fragt Cody, als er auf den Ronda Litoral fährt , die Autobahn am Hafen.
Dann gibt er alles.
Dave hält sich am Handlauf fest und springt dem überraschten Mann mit beiden Füßen ins Gesicht.
Der torkelt zurück, und Dave steigt über ihn hinweg, tritt auf die Seitenstraße hinaus ins Freie.
Zwei weitere Männer versperren ihm den Weg.
Der erste hält ihm eine Schusswaffe vor die Nase.
Dave schlägt ihm die Pistole aus der Hand, rammt ihm den Ellbogen an den Kiefer, holt in der Drehung aus und streckt den zweiten mit einem wohlplatzierten Faustschlag nieder.
Auf dem Passeig de Gràcia wendet er sich nach links vom Hotel ab und geht los. Ohne sich umzudrehen, hört er, dass jemand hinter ihm her ist, mehrere Männer verfolgen ihn im Laufschritt.
Dave wartet ein paar Sekunden, dann läuft er ebenfalls los. Passanten weichen ihm mit entsetzten Gesichtern aus, und ihm fällt ein, dass er blutüberströmt sein muss. Er schafft es bis zur Ecke, biegt rechts ab.
Dann fängt er an zu rennen.
Hundertfünfzig.
Hundertsechzig.
Hundertachtzig.
Cody schlängelt sich durch den Verkehr, zieht rechts an den anderen Fahrzeugen vorbei, rast links über den Seitenstreifen. Der Mercedes bleibt an ihm dran, inzwischen gefolgt von spanischen Polizeiautos und Motorrädern. Und einem Polizeihubschrauber über ihnen.
Er hat diese Szene schon ein paar Dutzend Mal im Fernsehen gesehen, aber nie gedacht, dass er einmal die Hauptrolle spielen würde.
»Echo zwei, bitte kommen«, hört er Donovan übers Netz.
»Kann gerade nicht«, sagt Cody.
»Status.«
»FUBAR«, sagt Cody.
Fucked Up Beyond All Recognition.
Echte Oberkacke.
Willem checkt das GPS auf seinem Handy.
»Viel Straße bleibt nicht mehr«, sagt er.
Scheiße, denkt Cody.
»Wir könnten uns ergeben«, schlägt Alessandro vor.
»Könnten wir«, erwidert Cody.
Werden wir aber nicht.
»Jungs«, sagt er. »Gleich wird’s ein bisschen extrem.«
Er reißt das Lenkrad nach links, poltert mit dem Porsche über den Grünstreifen in der Mitte. Mit jaulendem Motor jagt er den Wagen auf die andere Seite der Autobahn.
In den entgegenkommenden Verkehr.
»Haben die dir das in der Ausbildung beigebracht?«, fragt Willem.
»Haben sie«, erwidert Cody. »Und dazu gesagt, dass ich’s bloß nie machen soll.«
Er steht jetzt buchstäblich auf dem Gaspedal.
Cody denkt, was für ein abgefahrener WAHNSINNSSPASS.
Dave rennt, versucht, sich dabei an die Straßenkarte von Barcelona zu erinnern.
Wenn er sich nicht täuscht, ist zwei Straßenecken weitereine Metrostation. Wenn er den Abstand aufrechterhalten und dort eintauchen kann, wenn eine Bahn wartet und gleich losfährt, hat er vielleicht eine Chance.
Keine große, aber eine Chance.
Dann spürt er ihn.
Einen Transporter auf der Straße neben sich.
Er poltert den Bürgersteig hinauf, schneidet ihm den Weg ab. Noch bevor er ihm ausweichen kann, geht die Schiebetür auf und drei Männer richten ihre MP5s auf ihn.
»Einsteigen.«
Sie packen ihn, zerren ihn rein und werfen ihn auf den Boden. Einer presst Dave sein Knie ins Genick und hält ihm den Gewehrlauf an den Hinterkopf.
Dave macht sich auf den Todesschuss gefasst.
Er bedauert nur, dass er Aziz noch nicht geschnappt
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