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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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hat.
    Vielleicht in der Hölle, denkt Dave.
    Du entkommst mir nicht, Aziz.
    Cody lässt die Scheiben runter.
    Fährt erneut über den Grünstreifen und lenkt den schlingernden Wagen auf einen Hafenkai.
    »Ihr könnt doch schwimmen, oder?«, fragt er.
    Dann tritt er das Gaspedal durch und rast ins Wasser.

    »Major Collins …«
    Dave reckt den Hals und sieht sich nach dem Sprecher um.
    »… Ihretwegen hab ich einen Arschvoll Ärger am Hals«, sagt Wendelin.
    Aber Dave zuckt mit keiner Wimper.


    Dave spürt das Wogen des Ozeans und begreift, dass er auf einem Schiff ist.
    Ansonsten tappt er buchstäblich im Dunkeln, auf eine Pritsche geschnallt, ein Tuch über dem Gesicht, jemand sticht ihm mit einer Nadel in die Wange.
    »Das wird ein bisschen pieken«, hört er.
    Allerdings. Er hört die Edelstahlspitze mehr, als dass er sie spürt.
    »Knochensplitter.« Dazu ein metallisches Klappern, als etwas in eine Edelstahlschale fällt. Jetzt begreift er, dass Dahirs Schädelsplitter entfernt werden, die sich ihm ins Gesicht gebohrt hatten.
    Teile seiner Knochen und Haare.
    Eine menschliche Granate.
    Wenn so etwas nicht sofort entfernt und desinfiziert wird, ist es hochgradig infektiös.
    Die Prozedur musste Dave schon einmal über sich ergehen lassen – wenigstens sind es diesmal nicht die Überreste eines Freundes. Wenigstens wird er, wenn er die Narben betrachtet, nicht daran denken müssen, wie sie das letzte Mal ein Bier zusammen getrunken oder die Kinder bei einem Picknick miteinander gespielt haben.
    Er kann an Dahir denken.
    Ich werde viel Zeit zum Denken haben, sagt sich Dave. Die flicken mich wieder zusammen, nur um mich wegzuwerfen, wie einen lästigen Gegenstand jenseits des Verfallsdatums, abgeschoben in irgendein Menschendepot.
    Aber das war der Deal.
    Du hast es vorher gewusst, hast Scheiße gebaut, und jetzt haben sie dich erwischt.
    Also mach, was du gelernt hast – verrate ihnen so wenig wie möglich und überleg dir, wie du hier wieder rauskommst. Das Tuch wird ihm vom Gesicht gezogen, und er blickt in das Neonlicht an der Decke. Dann hört er Wendelin fragen: »Kann er sitzen?«
    »Ja, Sir.«
    »Lassen Sie ihn sitzen.«
    Dave wird losgebunden, schwingt die Beine herum und setzt sich aufrecht auf die Pritsche. Dana Wendelin sitzt auf einem Stuhl ihm gegenüber.
    »Eine Schießerei auf den Straßen von Barcelona?«, fragt Wendelin. »Eine der teuersten Einkaufsmeilen der Welt in Schutt und Asche? Sieben tote Ausländer? Mit zweien davon hätte ich mich sehr gerne unterhalten. Dahir und Baseyew hätten uns Aziz’ Aufenthaltsort verraten können.«
    »Das hätten sie weder gekonnt noch gewollt«, erwidert Dave.
    Außerdem, denkt er, hätte man ihnen einen Deal anbieten müssen, und ich wollte ihnen keinen Deal anbieten, außer dem, den sie bekommen haben. Aber er sagt: »Was würden Sie mit ihm machen, wenn Sie ihn bekämen? Nichts.«
    »Sie hatten einfach nur Glück, dass es keine zivilen Opfer gab«, sagt Wendelin.
    Das war kein Glück, denkt Dave.
    Wir sind gut.
    Aber er sagt nichts.
    »Die Spanier schlagen Krach, überlegen, unseren Botschafter auszuweisen«, sagt Wendelin. »In der Pennsylvania Avenue gibt es Leute, die meinen Kopf auf einem Tablett serviert bekommen möchten. Wir werden die Sache der ETA in die Schuhe schieben – das ist das Gute an Zeiten wie diesen, es fehlt nie an plausiblen Verdächtigen. Aber ich muss schon sagen, ich bin beeindruckt. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so weit gehen.«
    »Ich wäre weiter gegangen, hätten Sie mich nicht aufgehalten«, sagt Dave.
    »Das lag nicht allein an mir«, erwidert Wendelin. »Sie sind direkt in einen Hinterhalt getappt. Aziz wusste, wer Sie sind.«
    »Woher?«
    »Miriam hat Sie verraten.«
    Wendelin sieht Daves entsetzten Blick und ergänzt: »Gezwungenermaßen.«
    Er erklärt, was in New York passiert ist, dass Palmer sie beschattet hatte und gerade noch rechtzeitig eintraf.
    »Geht es ihr gut?«
    »Sie wird wieder«, erwidert Wendelin. »Die Frage ist eher, was wir jetzt mit Ihnen machen. Ich würde Sie ja den Spaniern übergeben, aber es hat uns so viel Mühe gekostet, Sie da rauszuholen. Die Kenianer möchten sich natürlich auch gerne mit Ihnen unterhalten. Genauso die Franzosen.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an«, sagt Dave.
    »Offiziell wird es heißen, Sie seien in Spanien verschwunden«, sagt Wendelin. »Jeder wird glauben, genau zu wissen, was das bedeutet.«
    Dave ist völlig egal, was aus ihm wird. Nur nicht, dass er

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