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Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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auf das Nachbardach, machen die Scharfschützen handlungsunfähig, hoffen, Collins und Amir damit den Rückzug freizuräumen. Durch das Chaos auf der Straße kann es allerdings kaum mehr als eine Minute – bestenfalls zwei – dauern, bis sie von Polizeihubschraubern auf dem Dach entdeckt werden.
    »Los«, sagt Alessandro.
    Willem läuft zur Tür, gleichzeitig gibt Alessandro mehrere Salven ab. Dann hört er Willem rufen: »Sauber!«
    Er stellt das Feuer ein und bewegt sich im Krebsgang zur Tür.
    Ulrich sieht zwei Spezialkräfte auf den Hoteleingang zugehen, zwei weitere halten ihn in Schach.
    So funktioniert das nicht. Das ist Mist.
    Er zieht den Reißverschluss seiner Sporttasche auf, holt den Granatwerfer heraus und setzt die CS-Kartusche ein.
    CS – Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril – auch bekannt als Tränengas.
    »Charlie zwei«, meldet er über Funk. »Gaseinsatz.«
    Lev bestätigt. Ulrich nimmt seine Gasmaske aus der Tasche, zieht sie über und drückt ab.
    Die Kartusche landet metallisch klappernd auf dem Bürgersteig. Eine Sekunde später steigt eine Tränengaswolke auf und breitet sich aus.
    Baseyew zieht eine Blutspur hinter sich her.
    Kann alles Mögliche gewesen sein, denkt Dave – eine Kugel, ein Glassplitter, ein Holzsplitter. Draußen auf der Terrasseist so viel Mist durch die Gegend geflogen. Die Blutspur führt zu einer Stahltür ganz hinten im Gang, zweifellos verbirgt sich dahinter ein Treppenaufgang.
    Wieder einmal muss Dave durch einen »tödlichen Trichter«.
    Im Treppenhaus führt die Blutspur nach oben, nicht nach unten. Auch von Dave tropft Blut – das von Dahir? Marial? Sein eigenes? – spielt keine Rolle. Vage ist er sich eines Schmerzes bewusst, aber der Schmerz ist weit entfernt – wird vom Adrenalin auf Armeslänge weggehalten.
    Langsamer, ermahnt er sich. Gib nicht dem Drang nach, zu schnell hochzurennen. Renn nicht in den Tod. Lauf nicht einer Kugel entgegen und achte darauf, nicht derart außer Atem zu geraten, dass du nicht mehr präzise schießen kannst.
    Das war Marials Fehler gewesen.
    Ein fataler Fehler.
    Er hält sich dicht an der Wand, steigt die Stufen hinauf, er weiß, wie Baseyew denkt. Er macht, was du auch machen würdest – sucht einen alternativen Fluchtweg; übers Dach, dann durch den Notausgang auf der anderen Seite nach unten. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
    Tief durchatmen.
    Durch die Nase.
    Herzschlag senken.
    Jetzt ist er dankbar für das ganze Ausdauertraining.
    Wenn Baseyew schlau ist, geht er auf dem Dach in Deckung und wartet. Knallt dich ab, sobald du durch die Tür trittst. Was uns zur nächsten Frage führt …
    Wieviel Schuss sind noch in der Sig? Zehn passen ins Magazin, aber wie oft hat Marial geschossen? Lässt sich unmöglich feststellen, und um stehenzubleiben und nachzusehen fehlt dir die Zeit. Wir werden es bald erfahren.
    Er erreicht den obersten Treppenabsatz.
    Eine Blutlache.
    Baseyew muss hier eine Sekunde stehengeblieben sein.
    Wieder eine Stahltür – aufs Dach hinaus.
    Wieder ein tödlicher Trichter.
    Was hat Donovan immer gesagt? Man betritt die Welt durch einen Geburtskanal, man verlässt sie durch einen tödlichen Trichter.
    Dave holt Luft und stürmt durch die Tür.
    Michel presst sich an die Wand draußen vor der Eingangstür zur Suite, wirbelt mit der Bullpup im Anschlag herum und geht rein.
    Die Suite wurde völlig zerlegt.
    Vom Kugelhagel zersiebte Wände, zerborstene Spiegel, Füllwolle quillt aus Sesseln und Sofas wie Blut aus Wunden. Michel macht einen Rundgang, das Gewehr schussbereit. An der Schiebetür macht er Halt, blickt nach draußen.
    Die Terasse ist ein Schlachtfeld.
    Vier Leichen auf dem Boden, Blutspritzer haben die Wand in das Gemälde eines wahnhaften Kandinsky verwandelt. Amir geht in die Hocke.
    Michel gibt ihm Zeichen – komm rein.
    Amir huscht geduckt über den Boden.
    »Wo ist Collins?«, fragt Michel.
    »Hinter Baseyew her.«
    »Wohin?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Vier EKIA«, sagt Michel in sein Mikro. »Alpha eins unauffindbar.«
    » Mission minus zero .« Donovans Stimme.
    »Wir müssen raus«, sagt Michel zu Amir.
    »Und Collins?«
    »Collins«, erwidert Michel, »ist auf sich gestellt.«
    In dem Moment, in dem er durch die Tür stürmt, rast die im grellen Sonnenlicht blitzende Klinge in horizontalem Bogen auf Daves Bauch zu.
    Baseyew führt sie mit aller ihm zur Verfügung stehenden Kraft, er will sein Opfer schlachten.
    Reine Reaktion, nicht denken.
    Denken ist tödlich.
    Dave geht

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