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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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ein Rumpf da, ein Kopf, zwei Arme, zwei Oberschenkel und zwei Unterschenkel.«
    »Oh Mann«, sagte Kevin und wandte den Blick ab.
    »Ist sie richtig zerlegt worden oder einfach zerhackt?« Paula konnte die Augen nicht von dem gruseligen Anblick abwenden.
    »Wie wenig uns das auch helfen mag«, sagte Kevin bitter. »Man braucht ja nur diesem Hugh Fearnley-Whittingstall beim Kochen im Fernsehen zuzusehen, um amateurhaftes Zerlegen zu lernen.«
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Das hier ist nicht mal halb so gut. Sollte ich raten – und es ist nur geraten, wohlgemerkt, und verraten Sie Grisha Shatalov nicht, dass ich das gesagt habe –, würde ich meinen, dass er etwas wie eine Kreissäge benutzt hat. Wo der Knochen durchtrennt ist, kann man die Schnittspuren sehen.« Er zeigte mit seinem Stift auf den oberen Teil des Oberschenkelknochens. »Das wurde mechanisch gemacht.«
    »Oh Mann«, sagte Kevin wieder. »Haben Sie eine Ahnung, wie lange sie schon tot ist?«
    Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Nicht lange. Es tritt kein Blut mehr aus, aber die Ausbildung von Totenflecken hat schon eingesetzt. Bei der jetzigen Temperatur … Ich würde sagen, wahrscheinlich nicht länger als zwei Stunden. Aber sagen Sie das nicht weiter, das ist nicht mein Beruf.«
    »Irgendeine Idee zur Todesursache?« Der Arzt entfernte sich jetzt, und Paula folgte ihm.
    »Damit werden Sie wirklich auf Grisha warten müssen«, antwortete er und ging zu seinem Wagen.
    Und so kam es, dass sie rauchend mit Kevin herumstand, während die Spurensicherung mit ihren Kameras, Klebeband und Chemikalien ihre Arbeit verrichtete und die örtliche Polizei von Tür zu Tür ging, um einen Zeugen zu finden. Was aber in der Gegend hier nicht wahrscheinlich war. Die Passage mit den einstöckigen Läden lag separat, eine Insel im Meer billiger Wohnungen, bewohnt von Leuten, die Mühe hatten, sich über Wasser zu halten. Es war abzusehen, dass hier niemand etwas bemerkt hatte. Nicht einmal die, die tatsächlich etwas bemerkt hatten.
    »Der Typ verändert seine Vorgehensweise«, sagte Kevin.
    »Ich hatte gehofft, dass Tony sich etwas Nützliches einfallen lassen würde. Aber er hat offensichtlich Wichtigeres im Kopf.«
    »Hast du noch mal mit der Chefin gesprochen?«, fragte Kevin.
    »Nee. Ich hoffe, dass ich das auch nicht muss. Es ist immer schwierig, etwas vor ihr zu verheimlichen. Ich werde eben über den Kater reden müssen und dass er bei uns sicher ist, unter einem Heizkörper zusammengerollt.«
    »Stimmt das?«
    »Ja. Einer vom Spurensicherungsteam hat ihn in seinem Korb in Chris’ Wagen gefunden. Elinor hat ihn geholt.«
    »Ich sag dir, ich wäre nicht gern Vance, wenn sie ihn erwischt, bevor die Meute da ist.«
    »Sie würde niemals etwas Unerlaubtes tun«, gab Paula zurück, die überzeugt war, dass sie Carol weit besser verstand als Kevin. »Gerechtigkeit steht bei ihr immer im Mittelpunkt. Das weißt du doch.«
    »Ja, aber hier geht es um ihren Bruder«, protestierte Kevin. »Es wäre doch nur menschlich, wenn man wollte, dass er leidet.«
    »Denk doch mal nach, Kevin. Vance hat das gemacht, weil sie diejenige ist, die ihn hinter Gitter gebracht hat. Er hasste es so sehr, im Knast zu sein, dass er zwei Menschen getötet hat, um sich an der Person zu rächen, die er dafür verantwortlich macht. Und er hat diese abscheuliche Falle gestellt, die konstruiert war, sie zu treffen. Die schreckliche Ironie daran ist, dass es Chris erwischt hat, die auch zu denen gehört, die damals geholfen haben, ihn zu überführen. Meinst du also nicht, dass es die beste Qual ist, die sie ihm bescheren kann, wenn sie ihn ins Gefängnis zurückschickt? Und meinst du nicht, dass die Chefin schlau genug ist, sich das selbst auszurechnen?«
    Er rauchte seine Zigarette zu Ende und trat sie mit dem Absatz aus. Dann stellte er den Kragen seiner Jacke hoch. »Ja, schon«, sagte er. »Hast du also schon irgendwelche klugen Ideen, wie wir die hier identifizieren, wenn ihre Fingerabdrücke nicht in der Datenbank sind? Ich glaube kaum, dass wir einen von den Uniformierten bitten können, den Kopf mitzunehmen zu den Befragungen …« Er zwinkerte Paula zu. Galgenhumor half ihnen draußen auf den Straßen, bei gesundem Verstand zu bleiben. Einem Berufsfremden könnte man es nie erklären.
    »Wenn es die Sache beschleunigen würde, würde ich es selbst machen.« Paula warf ihre Kippe in den Rinnstein und nahm ihr Handy heraus. »Also, was willst du zum Frühstück? Ich werde Sam

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