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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Detective Chief Inspector Carol Jordan. Es kam ihr vor, als könne sie sie nur mit Mühe ausfüllen. »Man darf sie nicht allein lassen«, sagte Carol. »Vance ist irgendwo da draußen und rächt sich an dem Team, das ihn festgesetzt hat. Ich bin nicht überzeugt, dass er fertig ist mit mir. Sie müssen also gut bewacht und auch unterstützt werden. Ist das klar?«
    Alice blickte sie ernst an. »Wir werden uns gut um sie kümmern für Sie. Darf ich fragen, wo Sie sein werden?«
    »Ich fahre nach Worcester. Dort wird die Fahndung nach Vance koordiniert. Dort muss ich sein.« Und Gott stehe Tony Hill bei, sollte er mir unter die Augen treten.

39
    D er Yachthafen war in Morgennebel gehüllt, die in leuchtenden Farben gestrichenen Kajüten stachen daraus hervor wie Traumbilder auf silbernem Wasser. Die Kajütendächer erstreckten sich Seite an Seite, so weit man sehen konnte, wie ein umgepflügtes Feld mit frischen Furchen schwarzer Erde. Über der Dunstschicht ragten die roten Backsteinbauten der alten Lager einer Porzellanmanufaktur auf. Sie waren frisch gereinigt und angerauht, das gehörte zur Renovierung dazu. Vor dem Zerfall gerettet, waren sie zur neuen Sehnsucht der Mittelschicht geworden: Lofts mit Blick auf das Wasser. Früher einmal war hier das Diglis Kanalbecken gewesen, ein vitaler Mittelpunkt der Industrie, eines der Drehkreuze für den Transport von Waren und Rohstoffen in die Midlands. Jetzt war es die Diglis-Marina, ein Freizeitzentrum und Ausflugsziel. Es war hübscher als früher, daran konnte kein Zweifel bestehen. Und es gab noch eine traditionelle Kneipe mit einer Kegelbahn, wo die Leute mit ihrem echten Ale sitzen und so tun konnten, als hätten sie einen Tag ehrlicher Arbeit hinter sich.
    Tony saß mit einer Tasse Tee auf dem Dach seines Kanalboots. So niedergeschlagen hatte er sich noch nie gefühlt. Zwei Menschen waren gestorben und eine Frau entstellt, weil er in der einzigen Sache, die er angeblich gut beherrschte, versagt hatte. Und er hatte das einzige Haus verloren, in dem er sich jemals zu Haus gefühlt hatte. Sein ganzes Leben lang hatte er einen Ort gesucht, wo er hingehörte. Carol Jordan war nur die halbe Antwort gewesen; das Haus hatte auf wundersame Weise die andere Hälfte geliefert. Und jetzt waren beide weg. Carol voll gerechtfertigter Verachtung, das Haus bis auf die äußere Hülle ausgebrannt. Es war angefüllt gewesen von Dingen, die einem Feuer Nahrung boten – Bücher, Holz, Gemälde, schöne Teppiche –, und jetzt war nichts mehr davon da als schwelende Asche.
    Er hatte nie zum Selbstmitleid geneigt, was auch gut so war, da vieles an seinem Leben so bemitleidenswert war. Selbst jetzt tat er sich nicht leid. Im Mittelpunkt seiner Empfindungen stand Zorn, und gleich danach kam Empörung. Natürlich lag letztlich die Schuld bei Vance. Er war der Mörder, der Brandstifter, derjenige, der Leben zerstört hatte. Aber Tony hätte voraussehen müssen, was kam. Nicht nur einmal, sondern zweimal hatte er nicht begriffen, was Vance als Nächstes tun würde. Es war keine Entschuldigung, die Ungeheuerlichkeit dessen zu betonen, was Vance getan hatte, und zu versuchen, sich hinter der Tatsache zu verstecken, dass seine Taten außerhalb aller Maßstäbe lagen. Tony war ausgebildet und wurde bezahlt dafür, dass er Menschen wie Vance verstand und herausbekam, wie sie tickten, und um sie an dem zu hindern, wofür sie lebten.
    Für die meisten Leute war es keine große Sache, wenn sie bei der Arbeit Mist bauten. Aber wenn er bei der Arbeit Mist baute, kostete das Menschenleben. Ihm wurde richtig schlecht bei dem Gedanken, dass Vance irgendwo da draußen war und den nächsten sorgfältig geplanten Schritt seiner sadistischen Kampagne tat. Je länger dies währte, desto klarer wurde es Tony, dass er zumindest in einer Hinsicht recht gehabt hatte: Vance ging nach einem festgelegten Plan vor, den er schon lange vor seiner Flucht ausgearbeitet hatte.
    Nachdem Ambrose ihn am Abend zuvor vom Feuer weggezerrt hatte, hatte er Tony gezwungen, sich in einen Rettungswagen zu setzen und süßen Tee zu trinken. Er war bei ihm geblieben, während die Feuerwehrleute den Brand unter Kontrolle brachten. Als mit einem entsetzlichen Krachen die Dachbalken zusammenbrachen, hatte er Tony einen Arm um die Schultern gelegt. Und als Tony das Verbrechen Vance zuschrieb, hatte er nicht einmal eine Augenbraue gehoben. Er hatte sich Notizen gemacht, als Tony sich endlich aufrappelte und die Gedanken durchging, die

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