Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
immer nur als eine vorübergehende Lösung angesehen hatte. Manche Paare passten so gut zueinander, dass es unmöglich war, sich etwas auszumalen, das einen Keil zwischen sie treiben könnte. Nach einem Abend mit Michael und Lucy konnte man sich das Paar leicht in vierzig Jahren vorstellen; sie würden immer noch zusammen sein, sich an der Gesellschaft des anderen erfreuen und immer noch einander necken.
    Und so war Carol in die separate Kellerwohnung in Tonys Haus gezogen, und schließlich hatten Michael und Lucy vom aktuellen Immobilienboom profitiert und das Loft gegen eine atemberaubende umgebaute Scheune am Rand der Yorkshire Dales getauscht. Einer der Gründe für den Umzug war ihr Wunsch gewesen, eine Familie ohne die Belastungen des Stadtlebens zu gründen. Tony hatte den Verdacht gehabt, es könnte viel mehr Belastungen bringen, Kinder aufzuziehen, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten, wo jede Unternehmung von der Schule bis zum Sport eine Autofahrt nach sich ziehen würde. Aber ihn hatte ja niemand gefragt. Und jetzt waren sie tot. Der Traum von Kindern war mit ihnen gestorben.
    Die freundliche Stimme des Navis empfahl ihnen, bei nächster Gelegenheit rechts abzubiegen. Zu seiner Überraschung waren sie fast da. Er konnte sich an den größten Teil der Fahrt nicht erinnern und fragte sich, ob seine Fahrkünste sich verbessert hatten.
    Sie bogen um die nächste Kurve, und die Welt nahm ein anderes Gesicht an. Statt der ländlichen Idylle, wo Dutzende Grüntöne in graue Trockenmauern übergingen, hatten sie ein Ziel erreicht, das nur allzu städtisch aussah. Ein Aufgebot von Polizeiautos, der Wagen des Leichenschauhauses und mehrere Zivilfahrzeuge säumten die Straße. Ein weißes Zelt stand hinter dem Haus, wo, wie Tony sich erinnerte, die Haustür war. Paradoxerweise sah es hier düsterer aus als in der umgebenden Landschaft. Er bremste heftig, um zu verhindern, dass er auf den nächsten Wagen auffuhr, und hielt nur knapp dahinter an.
    Sie hatten von der Bradfielder Polizeizentrale zu der Scheune weniger als eine Stunde gebraucht, aber Carol schien um Jahre gealtert. Ihre Haut hatte ihre Frische verloren, die Falten in ihrem Gesicht hatten sich vertieft und verfestigt. Ein leiser Seufzer kam von ihren Lippen. »Ich wollte so sehr, dass Blake sich irrt«, sagte sie.
    »Soll ich den Ermittlungsleiter suchen?«, bot Tony an, darauf bedacht zu helfen, aber unsicher, wie er es anstellen sollte. So viele Jahre kannte er sie schon, und jetzt, wo sie ihn am dringendsten brauchte, war er ratlos.
    Carol holte tief Luft und atmete langsam aus. »Ich muss es selbst sehen«, sagte sie und öffnete die Tür. Ein kalter Windstoß empfing sie.
    Sie waren kaum ausgestiegen, als ein uniformierter Polizist mit einem Klemmbrett auf sie zukam »Hier ist alles abgesperrt«, sagte er. »Sie können hier nicht parken.«
    Tony trat vor. »Das ist DCI Jordan. Und ich bin Dr. Tony Hill vom Innenministerium. Wo finden wir den Ermittlungsleiter?«
    Der junge Police Constable schaute verunsichert. Dann erhellte sich sein Gesicht, als ihm die Lösung seines Dilemmas aufgegangen war. »Ausweis?«, sagte er hoffnungsvoll.
    Carol lehnte sich gegen den Wagen und schloss die Augen. Tony fasste den Constable beim Arm und führte ihn weg. »Das ist ihr Bruder, da drin. Sie ist Detective Chief Inspector in Bradfield. Sie hat Anspruch auf jedes Entgegenkommen, das Ihnen jetzt möglich ist. Sie werden keine Probleme bekommen, wenn Sie uns zum Ermittlungsleiter führen, aber ich werde persönlich mein Äußerstes tun, um Ihnen das Leben verdammt unangenehm zu machen, wenn Sie sich weigern.« An seinem Lächeln war nichts Versöhnliches.
    Bevor sich die Situation zu einem Konflikt ausweiten konnte, kam aus dem Zelt ein großer, leichenblasser Mann mit markanten Augenbrauen und einem krummen Zinken von einer Nase. Er winkte und rief: »PC Grimshaw – bringen Sie DCI Jordan hier herüber.«
    Sichtlich erleichtert, als sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen, führte der Polizist sie an den Autos vorbei und zu Michaels und Lucys Einfahrt. Der große Mann schritt auf sie zu. »Kennst du ihn?«, fragte Tony.
    »DCI John Franklin«, sagte Carol. »Wir haben zusammengearbeitet, sozusagen, bei den RigMarole-Morden. Eine der Leichen tauchte in seinem Einzugsgebiet auf. Er mochte mich nicht. Niemand aus West Yorkshire mag mich. Oder dich, wenn ich mir’s recht überlege. Nicht, nachdem wir sie wegen Shaz Bowman wie Vollidioten haben dastehen

Weitere Kostenlose Bücher