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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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angestellt, Harry?«
    »Ich habe mir ein paar alte Fälle vorgenommen, aber vor allem war ich viel in Las Vegas, um meine Tochter besser kennen zu lernen.«
    Vicki Landreth lehnte sich zurück und blickte erstaunt zu Bosch auf.
    »Ja, ich war auch überrascht, als ich es erfuhr«, sagte er.
    »Wie alt?«
    »Fast sechs.«
    »Aber du kannst sie doch trotzdem noch sehen. Auch wenn du wieder bei der Polizei bist?«
    »Damit hat das nichts zu tun. Es ist bloß, dass sie nicht mehr da ist.«
    »Und wo ist sie?«
    »Ihre Mutter hat sie für ein Jahr nach Hongkong mitgenommen.«
    »Nach Hongkong? Wieso nach Hongkong?«
    »Sie hat dort einen Job gekriegt. Einen Einjahresvertrag.«
    »Und sie hat das nicht mit dir abgesprochen?«
    »Ich weiß nicht, ob ›abgesprochen‹ das richtige Wort ist. Sie hat mir einfach mitgeteilt, dass sie ein Jahr dorthin geht. Ich habe zwar mit einem Anwalt gesprochen, aber er meinte, es gäbe nicht viel, was ich dagegen tun könnte.«
    »Das ist aber ganz schön hart, Harry.«
    »Irgendwie komme ich schon damit klar. Ich telefoniere einmal in der Woche mit ihr. Und sobald ich Urlaub kriege, fliege ich hin.«
    »Ich meine damit nicht hart für dich. Es ist vor allem für sie hart. Ein Mädchen sollte in der Nähe seines Vaters sein.«
    Bosch nickte, weil das alles war, wozu er sich imstande fühlte. Ein paar Minuten später war Landreth mit dem Skizzieren fertig. Sie öffnete einen Behälter und nahm ein Glas mit Hollywood-Tattootusche und einen Stift heraus.
    »Das ist Bic blue«, sagte sie. »Das wird in den Gefängnissen vorwiegend benutzt. Ich werde die Haut nicht perforieren, deshalb sollte es in ein paar Wochen abgehen.«
    »Sollte?«
    »Normalerweise. Es gab allerdings mal einen Schauspieler, dem ich ein Pik-Ass auf den Arm gemacht habe. Und das Komische war, es ging nicht wieder weg. Nicht ganz jedenfalls. Das führte dazu, dass er sich schließlich ein richtiges Tattoo an der Stelle stechen ließ. Er war nicht gerade begeistert.«
    »Wie auch ich nicht gerade begeistert wäre, wenn ich den Rest meines Lebens diese Blitze an meinem Hals hätte. Bevor du mir das also draufmachst, Vicki, sollten wir da nicht …«
    Er verstummte, als er merkte, dass sie ihn auslachte.
    »War doch nur Spaß, Bosch. Das Zeug ist Hollywood pur. Ein paarmal kräftig schrubben, und es ist weg, ja?«
    »Na gut.«
    »Dann halt mal schön still, damit wir endlich anfangen können.«
    Sie machte sich daran, die dunkelblaue Tusche auf die Zeichnung auf seiner Haut aufzutragen. Sie tupfte sie regelmäßig mit einem Tuch ab und sagte ihm mehrfach, er solle aufhören, so zu atmen, worauf er meinte, das könne er nicht. Es dauerte nicht einmal eine halbe Stunde, bis sie fertig war. Sie gab ihm einen Handspiegel, und er betrachtete seinen Hals. Es sah insofern gut aus, als es in seinen Augen absolut echt wirkte. Es war auch eigenartig, solche Hassbekundungen auf seiner Haut zu sehen.
    »Kann ich jetzt mein Hemd wieder anziehen?«
    »Lass es erst noch ein paar Minuten trocknen.«
    Sie berührte noch einmal die Narbe an seiner Schulter.
    »Ist das passiert, als du downtown in diesem Tunnel angeschossen wurdest?«
    »Ja.«
    »Armer Harry.«
    »Wohl eher Harry im Glück.«
    Während er leicht verlegen mit nacktem Oberkörper dasaß, begann sie, ihre Sachen zusammenzupacken.
    »Und, was steht bei dir heute noch alles an?«, fragte er, nur um etwas zu sagen.
    »Bei mir? Nichts. Ich mache Feierabend.«
    »Du machst schon Schluss?«
    »Ja, heute haben wir eine Tagschicht eingelegt. Nutten, die das Hotel am Kodak Center infiltrieren. Im neuen Hollywood geht so was natürlich nicht. Wo kämen wir da hin? Deshalb haben wir vier von ihnen hopsgenommen.«
    »Das tut mir Leid, Vicki. Wenn ich gewusst hätte, dass ich dich aufhalte, wäre ich früher gekommen. Ich habe unten noch mit Edgar rumgeflachst, bevor ich zu dir raufgekommen bin. Du hättest mir sagen sollen, dass du auf mich wartest.«
    »Das macht doch nichts. Es war schön, dich mal wieder zu sehen. Außerdem wollte ich dir sagen, dass es mich freut, dass du wieder dabei bist.«
    Plötzlich kam Bosch ein Gedanke.
    »Hättest du Lust, im Musso’s essen zu gehen, oder musst du auch zur Sportsmen’s Lodge rauf?«
    »Verschone mich bloß mit der Sportsmen’s Lodge. Diese Feiern erinnern mich zu sehr an die Partys nach Abschluss der Dreharbeiten. Die fand ich auch immer schrecklich.«
    »Na dann, wie sieht’s aus?«
    »Ich weiß nicht, ob ich in so einem Lokal mit so einem

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